Durch den Aufstieg der zweiten Mannschaft in die 3. Liga und den dortigen Stammplatz für Dennis Seimen sowie den Abgang von Florian Schock wurde beim VfB die Stelle des dritten Torhüters frei. Geschlossen hat Fabian Wohlgemuth sie mit Stefan Drljača von Dynamo Dresden, der dort und bei Dortmund II Drittliga-Erfahrung sammelte. Wir haben uns in Sachsen und im Ruhrgebiet umgehört.
Es ist eine eher undankbare Position, die man als dritter Torhüter bekleidet: Es muss schon viel passieren, dass man zum Einsatz kommt, weil man bei den Profis zwei Konkurrenten vor sich hat, für die zweite Mannschaft aber nicht eingeplant ist. Dennoch hat sich Stefan Drljača für diesen Weg entschieden. Er soll, ausgestattet mit einem Vertrag bis 2027, Fabian Bredlow Konkurrenz machen und das Torhüter-Team insgesamt verstärken. Geboren wurde der Sohn des ehemaligen Regionalliga- und Oberliga-Spielers Nenad Drljača am 20. April 1999 im saarländischen Homburg und machte beim örtlichen ehemaligen Bundesligisten, für den auch sein Vater als Libero auflief, die ersten Fußballerfahrungen. In der Jugend wechselte er zur saarländischen Konkurrenz aus Elversberg, mit der er sogar in der Junioren-Bundesliga auflief. Zur A‑Jugend verließ er dann das Saarland und ging nach Hoffenheim, wo er mit der A‑Jugend Staffelmeister wurde und ins Pokalhalbfinale vorstieß und 2018 in die Regionalliga-Mannschaft aufstieg.
Es folgen einige Namen, die VfB-Fans durchaus bekannt vorkommen: In der Regionalliga-Mannschaft ersetzte er Dominik Draband — in der abgelaufenen Saison neun Spiele für den VfB II — und traf auf Alexander Stolz — von 2005 bis 2011 beim VfB — und: Gregor Kobel. Als der wiederum 2019 nach einer halbjährigen Leihe zum FC Augsburg zum VfB wechselte, etablierte sich Drljača als erste Torhüter der Hoffenheimer Reserve, bevor die Saison März 2020 abgebrochen wurde. Während der Corona-Pause wechselte er mit damals 21 Jahren zu Borussia Dortmund, wo er sich mit Luca Unbehaun um den Platz im Tor der damals viertklassigen zweiten Mannschaft streiten und für die Profis als vierter Torhüter auf der Bank sitzen sollte. Gerade das Duell mit Unbehaun erwies sich als sehr ausgeglichen, Drljača absolvierte 14 Saisonspiele für den späteren Aufsteiger und saß bei mehreren Bundesliga- und Champions League-Spielen auf der Bank. Ursprünglich, so erklärt uns BVB-Nachwuchsexperte Klaus Pablo Torgau, sei der Plan gewesen, Druck auf Unbehaun zu machen, letztlich löste er ihn auch aufgrund dessen Verletzungsanfälligkeit jedoch ab und etablierte sich als Nummer 1, auch wenn er wegen Bankeinsätzen bei den Profis in der Rückrunde zu weniger Einsätzen kam. In einer Saison die der BVB II auf Platz 9 beendete, lieferten sich Drljača und Unbehaun im Tor “ein Duell auf sehr gutem Drittliganiveau”, so Klaus.
Stark aus der WM-Pause
2022 wechselte er dann zwar den Verein, jedoch nur minimal die Vereinsfarben und ging zu Dynamo Dresden, das gerade aus der zweiten Liga abgestiegen war. Großartig überrascht sei man über den Wechsel nicht gewesen, so Klaus, zumal er in der ersten Mannschaft keine Perspektive gehabt hätte und mit mittlerweile 23 Jahren auch für den Kader der zweiten Mannschaft aufgrund der Altersregelung personell nicht unbedingt eingeplant war. Klaus berichtet übrigens ebenso wie die Macher des Dynamo Fan-Podcasts, dass damals schon der VfB angesichts schwacher Leistungen von Florian Müller an ihm interessiert gewesen sei. Bei Dynamo hatte Drljača zunächst durchaus Schwierigkeiten. Er setzte sich zwar gegen den aus Halle gekommenen Sven Müller durch, verlor aber kurz vor der WM-Pause 2022 seinen Stammplatz. Im Winter holte Dynamo gar Kevin Broll aus Zabrze zurück, was Drljača jedoch eher beflügelte, so dass er sich in der Rückrunde seinen Platz im Tor zurück erkämpfte. Auch, so die Podcaster, weil er körperlich in der WM-Pause zulegte. Am Ende absolvierte er 34 von 38 Spielen und setzte sich auch in der Sommerpause 2023 erneut gegen Broll durch. Dynamo verpasste zwar mit den Plätzen 6 und 4 in den letzten beiden Jahren den Wiederaufstieg in die zweite Liga, Drljača habe sich jedoch zu einem starken Rückhalt entwickelt, bis ihn Anfang des Jahres ein Muskelbündelriss außer Gefecht setzte: “Das Rekordjahr 2023 der Dresdner spiegelte sich auch in seinen Leistungen wider.”
Nun wird er also beim VfB eine neue Rolle einnehmen, wobei Klaus ihm durchaus zutraut, Fabi Bredlow als Nr. 2 zu verdrängen. Sich mit gerade mal 25 Jahren aber in erster Linie auf die Bank zusetzen, sei allerdings eher ungewöhnlich, wenn gleich die 3. Liga für jemanden mit seinen Qualitäten “auf Dauer auch zum sterben zu viel und zum Leben zu wenig ist.” In Dresden traut man ihm jedenfalls zu, sich mit der neuen Rolle arrangieren zu können. Sollte er doch mal zum Einsatz kommen, so erwarte uns nach Ansicht aller Experten ein Torwart, der auf der Linie starke Reflexe zeigen. Während der Dynamo-Podcast ihm Schwächen mit dem Ball am Fuß attestiert, aber ihm diesbezüglich eine Entwicklung zugesteht, erinnert Klaus das aus seiner Zeit in Dortmund anders und sieht bei ihm eher noch Steigerungspotenzial in der Luft und ordnet ihn ebenso wie die Podcaster als soliden Zweitliga-Torhüter ein. Diese loben vor allem seine Widerstandsfähigkeit nach Rückschlägen. Drljača habe sich in Dresden sehr wohl gefühlt, viel Zeit für die Fans genommen und wurde dementsprechend emotional verabschiedet.
Auch beim Wechsel von Drljača, Spitzname übrigens “Drille” macht der VfB wenig falsch, was natürlich auch an der eindeutigen Situation im Tor liegt. Offenbar traut man ihm sportlich mehr zu als Flo Schock, ob wir ihn letztlich mal im Tor sehen, darf bezweifelt werden. Interessanterweise nutzte er wie auch Chabot die WM-Pause, um sportlich nochmal durchzustarten. Für die Teamchemie kann es jedenfalls nicht schaden, wenn er diese Erfahrung weiter gibt.
Titelbild: © Matthias Kern/Getty Images