Der VfB gewinnt bei den Abstiegskämpfern von Arminia Bielefeld am Ende doch noch mit 3:2. Die 90 Minuten auf der Alm waren jedoch schwere Arbeit. Unnötig schwere Arbeit.
It’s been a hard day’s night, and I been working like a dog
It’s been a hard day’s night, I should be sleeping like a log
Ungefähr so habe ich mich gefühlt, als ich in der Nacht von Montag auf Dienstag irgendwo zwischen Ostwestfalen und Südhessen auf der frühlingswinterlichen Autobahn unterwegs war. Ja, es war ein Feiertag und körperlich gearbeitet hatte ich — ausnahmsweise mal auf den Sitzplätzen der Hauptribüne — auch nicht wirklich. Dennoch war ich nach dem Auswärtsspiel auf der Bielefelder Alm fertig. Und ich war wohl nicht der einzige, der sich nach dem Abpfiff fühlte, als hätte er das 3:2 eigenhändig über die Torlinie getragen. Dabei hatte der VfB das Spiel eigentlich schon zweimal im Griff, nur um es dann wieder aus der Hand zu geben.
Mehr Ballbesitz, weniger Tore
Endlich, dachte man nach den ersten fünf Minuten. Endlich hat es die Mannschaft von Anpfiff an begriffen, dass sie es sich gegen keinen Gegner in dieser Liga erlauben kann, die Anfangsphase zu verschlafen. Die ersten Chancen wurden zwar vergeben, aber eigentlich sah das alles ganz passabel aus. Bis, ja bis Christoph Hemlein, ausgerechnet Christoph Hemlein, genauso ungestört zur Bielefelder Führung einnicken konnte, wie sein Vorlagengeber ungestört in den VfB-Strafraum flanken konnte. Erneut fehlte beim VfB in dieser Phase hinten die Intensität, dieses ganz und gar nicht unvermeidliche Gegentor zu verhindern. Gerade einmal 15 Minuten hatte es dann doch nur gedauert, bis einen auf der Tribüne wieder das Gefühl beschlich, dass hier was gehörig falsch lief.

Was folgte, war eine Rest-Halbzeit des Grauens. Der VfB versuchte viel über außen, kam aber vor allem deshalb nicht durch, weil sich ohne eigene Bewegung offensiv nun mal keine Räume bieten. Sicherlich, Bielefeld hielt, wie halt jeder Gegner des VfB, stark dagegen, spielte aber im Gegensatz zu manch anderem Kontrahenten auch nicht wirklich fehlerfrei. Anders als beim Derby konnten die Brustringträger nicht ausnutzen, dass der Ballsicherheit der Gegner Grenzen gesetzt waren. Und so war es wieder das alte Spiel: VfB doing VfB things, Gegner aus der unteren Tabellenhälfte doing Gegner aus der unteren Tabellenhälfte things. Die Jungs mit dem Brustring ließen den Ball laufen, nur um dann mit einer halbgaren Flanke aus dem Mittelfeld abzuschließen, während die in Führung liegenden Gastgeber alles versuchten, um den VfB vom eigenen Tor fernzuhalten.
Doppeltes Comeback dank Maxim und Terodde
Das wäre ihnen auch fast gelungen, wenn ihr Torwart Daniel Davari bei seinem Ausflug aus dem Strafraum ob der nicht mehr vorhandenen weißen Linien nicht völlig die Orientierung verloren hätte. Alex Maxim, der auch mit für die starke Anfangsphase des VfB verantwortlich war, wusste dann auch, wann sich eine Gelegenheit für ein Tor des Monats vor ihm auftut und beförderte den unfassbar schlampigen Fehlpass des Torwarts ansatzlos in dessen leerstehendes Tor. Ganz großes Kino, denn so was hat man beim VfB echt länger nicht gesehen. Und seien wir ehrlich: In der vergangenen Saison wäre der Ball wahrscheinlich oben auf die Latte gefallen und hinters Tor gekullert. Nach diesem Kunstschuss ließ sich Simon Terodde natürlich nicht lumpen, verknotete nur wenige Minuten später der halben Arminia-Mannschaft die Beine und schob zum 2:1 ein. Also alles noch mal gut gegangen?

Schön wär’s. Als wäre es zu viel verlangt, eine 2:1‑Führung bei einem Abstiegskandidaten einigermaßen souverän über die Zeit zu bringen, stellte die Mannschaft danach das Fußballspielen wieder größtenteils ein. Die Pässe kamen wieder nicht an, hinten wurde der Ball gegen anstürmende Bielefelder fast schon aufreizend lässig hin- und hergeschoben und beim 2:2 durch Yabo sah sich wieder ein VfB-Verteidiger, fehlender Zuordnung sei dank, zwei Arminen gegenüber. Langerak trifft meiner Meinung nach dabei noch die geringste Schuld. Klar kann man den festhalten, aber man kann den auch mal, siehe München, raushauen. Dass die nächtliche Rückfahrt dann doch nicht zur Frust-Tour wurde, verdankten die etwa 2000 mitgereisten Brustringträger Simon Terodde, der mit seinem 19. Saisontor die drei Punkte und Platz 1 sicherte.
Den Gegner unnötig gestärkt
But when I get home to you I’ll find the things that you do
Will make me feel alright
Am Ende überwiegt natürlich die Freude über die drei Punkte, ganz klar. Aber erwarte ich als Fan wirklich zu viel, wenn mir der Auftritt über weite Strecken des Spiels für diese Phase der Saison zu wenig ist? Dass der VfB am Ende dank drei starker Einzelaktion gewinnt, ist per se schön, aber mir wäre es lieber gewesen, man hätte die Gastgeber durch die eigene Passivität nicht noch unnötig stark gemacht. Das ging gegen den fast feststehenden Absteiger aus Baden noch gut und das ging auch am Montagabend in Ostwestfalen gerade noch so gut. Aber eben um einiges knapper als am Sonntag zuvor. Von den verbleibenden fünf Spielen müssen zwei gegen Mannschaften aus Berlin und Hannover absolviert werden, die Nachlässigkeiten und Fehler in der Schlussphase ebenso unbarmherzig ausnutzen, wie der VfB es in letzter Zeit in schöner Regelmäßigkeit tut. Der Kicker nannte die Partie einen Warnschuss für die Mannschaft. Dabei gab es derer schon einige und immer noch haben die Spieler keinen davon so richtig vernommen.
Ja, ich weiß. Klagen auf hohem Niveau. Platz eins und drei Punkte Vorsprung auf Platz drei und vier. Aber nach letztem Jahr verlasse ich mich auf sowas nicht mehr. Der Druck muss bis zum Abpfiff des Würzburg-Spiels aufrecht erhalten werden, damit uns so Gegentore wie gegen Bielefeld nicht doch noch das Genick brechen. Denn auch dieses Mal war es vor allem ein unglaublicher Bock des Gegners, der den VfB zurück ins Spiel und am Ende doch noch irgendwie auf die Siegerstraße brachte.
Blick in den Block
Apropos Druck hoch halten. Ich hatte ja diesmal die Außensicht auf den Gästeblock. Über die Stimmung der Auswärtsfans ließ sich auch diesmal nicht klagen, aber was mich in solchen Spielen nervt:
- Spaßpogo, wenn das Spiel bei 2:2 auf des Messers Schneide steht. Als ob man den Aufstieg schon seit Wochen quasi eingetütet hätte und jetzt ne kleine Abschiedstour macht.
- “Wenn Du mich fragst wer Meister wird…” bei einer knappen Führung in der Nachspielzeit. Da kommen bei mir immer Erinnerungen an das Pokalspiel gegen Jena hoch, als die Cannstatter Kurve in der 118. Minute “Sieg” skandierte, Jan Simak für die Gäste ausglich und der VfB als amtierender Meister gegen den Tabellenletzten der zweiten Liga ausschied.
- Die Bielefelder mit dem gleichen Lied zu bedenken, mit dem man in der Vorwoche die Badenser verspottet hatte: “Wir steigen auf und ihr steigt ab”. Was soll das gegen Bielefeld, in deren Stadion man seit neun Jahren nicht mehr war und mit denen einen nicht mal eine Rivalität verbindet? Nicht mal über fünf Fanfreundschaftsecken?
Wenn man den K** bei strahlendem Sonnenschein in die dritte Liga ballert, lasse ich mir das ja gefallen. Aber ansonsten sollten wir schauen, dass wir die letzten fünf Spiele in dieser Liga mit gesundem Selbstbewusstsein, aber ohne Überheblichkeit angehen. Sowohl auf, als auch neben dem Platz.