Das Spiel, das wir nicht verlieren wollten und nicht gewinnen konnten

Zum ers­ten Mal in sei­ner Ver­eins­ge­schich­te ver­liert der VfB gegen Uni­on Ber­lin. Der Tabel­len­stand nach dem Spiel scheint zur Neben­sa­che zu wer­den, dabei offen­bart die Nie­der­la­ge noch ande­re Erkennt­nis­se als ein offen­bar tief­sit­zen­des Trau­ma.

Ja, war­um eigent­lich?

VfB im Umbruch, Union abgezockt

Ja. ver­dammt. Auch ich woll­te die­ses, par­don my French, Scheiß-Spiel unbe­dingt gewin­nen. Macht es den Abstieg 2019 unge­sche­hen? Nein, aber es hät­te viel­leicht die­ses Gefühl abge­schwächt, dass Uni­on sich vom Außen­sei­ter in der Rele­ga­ti­on zu einer Mann­schaft gestei­gert hat, die gefes­tigt und abge­zockt ist und zu einem Ver­ein, der eini­ger­ma­ßen in sich ruht, und sich nicht immer noch im Wie­der­auf­bau auf und neben dem Platz befin­det. War­um die­se Begeg­nung und beson­ders das Rück­spiel am Sams­tag in der Alten Förs­te­rei für mich kei­ne ist wie jede ande­re, habe ich ja schon in der Hin­run­de auf­ge­schrie­ben. Uni­on in deren Sta­di­on zu schla­gen wäre die emo­tio­na­le Krö­nung einer tol­len Sai­son und wür­de nur noch davon über­trof­fen, hät­te ich im Gäs­te­block gestan­den.

Aber genug des emo­tio­na­len Bal­lasts für den Moment, auch wenn er uns wohl noch ein Weil­chen beglei­ten wird, gera­de weil die Zustän­de im Mai 2019 auf ver­eins­po­li­ti­scher Ebe­ne bis heu­te Nach­wir­kun­gen haben. Es wäre schön gewe­sen, hät­ten wir in Ber­lin den Drei­er geholt, uns an ihnen vor­bei und uns auf einen mög­li­chen Euro­pa­po­kal­platz gescho­ben. Allein, schon die Start­elf berei­te­te Sor­gen­fal­ten, die sich im Spiel ver­tie­fen soll­ten. Denn neben den bereits län­ger ver­letz­ten Stamm­spie­lern Gon­za­lez, Waman­gi­tu­ka und Manga­la fiel zu allem Über­fluss auch noch Bor­na Sosa aus. Zudem ver­brach­te Gon­za­lo Cas­tro, in einem ähn­lich unan­sehn­li­chen Spiel gegen Bre­men noch der Spiel­ent­schei­der, die kom­plet­ten 90 Minu­ten auf der Bank, was lang­fris­tig viel­leicht Sinn ergibt, kurz­fris­tig aber mei­ner Mei­nung nach ein Feh­ler war. Denn so stan­den sehr vie­le Ent­wick­lungs- und nur weni­ge Unter­schieds­spie­ler auf dem Platz. Immer­hin: Es zeich­net den VfB aus, dass mit Mar­cin Kamin­ski ein Spie­ler auf dem Absprung das Tor von Phil­ipp Förs­ter ein­lei­tet, der wie­der­um bes­ser von Beginn an auf­ge­lau­fen wär. Zwi­schen­sta­ti­on war Sasa Kalajd­zic, der sei­ne Unter­schieds­qua­li­tä­ten dies­mal als Vor­la­gen­ge­ber unter Beweis stell­te, aber sonst zu wenig Ver­wert­ba­res vor­ge­legt bekam. Auch, weil Förs­ter zwar die rich­ti­ge Phy­sis für das Spiel hat­te, ihm aber für die vie­len Stan­dards, die er man­gels Alter­na­ti­ve in den Köpe­ni­cker Straf­raum trat, die Tech­nik fehlt. Scha­de, dass sich Dani­el Dida­vi sei­nen neu­en Ver­trag wohl schon letz­te Woche gegen Dort­mund erspielt hat.

Zu viele Ansätze, zu viel Entwicklung

Auf der ande­ren Sei­te stand eine Mann­schaft, die aus weni­gen Chan­cen die zwei spiel­ent­schei­den­den Tore mach­te. Weil mal wie­der — auch wenn dies­mal durch die Sper­re von Kempf viel­leicht weni­ger über­ra­schend — die Zuord­nung vor dem Tor fehl­te und weil Erik Thom­my ein­deu­tig kein Ersatz für Bor­na Sosa ist. Es gab eine Situa­ti­on, in der das Spiel kurz nach dem Anschluss­tref­fer hät­te kip­pen kön­nen, aber aus Thom­mys Pass auf Kalajd­zic wur­de ein angeb­li­ches Stürm­erfoul. So blieb beim VfB vie­les im Ansatz ste­cken, war es Uni­on ein leich­tes, die unsau­ber aus­ge­führ­ten Angrif­fe weg­zu­ver­tei­di­gen. Ich mache den Spie­lern dabei nicht mal einen Vor­wurf, was die offen­si­ve Harm­lo­sig­keit angeht. Aber nach 85 Minu­ten hat­te Pel­le­gri­no Mat­a­raz­zo mit Kli­mo­wicz, Mas­si­mo, Chur­li­nov und Cis­sé vier Offen­siv­spie­ler ein­ge­wech­selt, die frü­hes­tens in der nächs­ten Sai­son rich­tig in der Bun­des­li­ga ankom­men wer­den. Die fünf­te Ein­wechs­lung war übri­gens die von Förs­ter.

Lässt man also mal den gan­zen oben ange­spro­che­nen emo­tio­na­len Bal­last weg, eine nicht ganz über­ra­schen­de, wenn auch ärger­li­che Nie­der­la­ge. Zu der in die­ser Woche gegen Wolfs­burg und in Salz­burg-Nord zwei wei­te­re hin­zu kom­men könn­ten. Sei es drum. Wie schon letz­te Woche befin­den wir uns in einer so kom­for­ta­blen sport­li­chen Situa­ti­on, dass wir es uns leis­ten kön­nen, uns an einem zwei Jah­re zurück­lie­gen­den Ereig­nis abzu­ar­bei­ten. Natür­lich geht es bei der End­plat­zie­rung auch noch um Fern­seh­gel­der und man kann in die­ser Sai­son nichts aus­schlie­ßen. Auch nicht, dass der VfB hin­tenraus doch noch mal hoch­klet­tert. Gleich­zei­tig ist aber auch klar, dass am Ende einer anstren­gen­den weil pau­sen­lo­sen Sai­son nicht jeder Aus­fall kom­pen­sier­bar ist. Was viel­leicht auch schon mal eine wich­ti­ge Erkennt­nis für die kom­men­de Sai­son ist, vor der wir an eini­gen Stell­schrau­ben wer­den dre­hen müs­sen. So dass wir wie Uni­on auch das zwei­te Jahr nach Auf­stieg sou­ve­rän bestehen.

Zum Wei­ter­le­sen: Der Ver­ti­kal­pass ver­ab­schie­det sich von einem islän­di­schen und ande­ren euro­päi­schen Rei­se­zie­len.

Titel­bild: © ima­go / Mat­thi­as Koch

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