Beim Auswärtsspiel in Aue überrascht uns der VfB mit einer neuen Fähigkeit und feiert einen verdienten 4:0‑Sieg. Sofort richtet sich der Blick auf Hannover, denn dort müssen zu dieser Eigenschaft noch weitere hinzukommen.
Das Wort ist seit Sonntag nachmittag so sehr in aller Munde, dass ich es am liebsten vermeiden würde: Effektivität.
Zum gefühlt ersten Mal in dieser Saison lässt der VfB nicht unendlich viele Chancen liegen und bestraft sich dadurch am Ende selbst, weil der Gegner stattdessen eiskalt zuschlägt. Nein, eiskalt war an diesem Tag neben dem Erzgebirge nur die VfB-Offensive: Timo Baumgartl mit seinem ersten VfB-Profi-Tor — der letzte Treffer gelang ihm 2014 im kleinen Derby gegen die Kickers -, Christian Gentner unter gütiger Mithilfe des Torwarts sowie zweimal Carlos Mané, dessen Tore es nur im Doppelpack zu geben scheint. Dafür brauchten sie nur ganze fünf Torschüsse. Eine Chancenverwertung wie vom anderen Stern, beziehungsweise wie von anderen Mannschaften, die nicht den Brustring tragen. Positiv auch, dass man sich diese fünf Chancen herausspielte und das Spiel nicht zu einem müden Kick am Mittelkreis verkam.
Nie in Gefahr, aber auch nicht souverän
Weniger eiskalt als fest gefroren offenbarte sich einmal mehr, vor allem Anfang der zweiten Halbzeit, die Abwehr des VfB. Pavard scheint sich als rechter Außenverteidiger festgespielt haben, auch die übrigen Positionen in der Viererkette scheinen relativ fest vergeben. Dies war jedoch kein Garant dafür, dass Mitch Langerak seine schneeweiße Weste behielt. Es gehört halt auch zu einem hohen Auswärtssieg beim Tabellenvorletzten, dass dieser aus Gründen dort steht. Diesmal offenbarte sich das nicht nur in der Durchlässigkeit der Abwehr sondern auch im Unvermögen der Stürmer, den Ball unterzubringen.
So wurde ein Ball aus Nahdistanz mehrere Meter übers Tor gedroschen, während sich eine zweite Tormöglichkeit durch eine Schwalbe wernerschen Ausmaßes (ja, auf so dummdreisten Täuschungsversuchen des Ernährungsexperten kann man ruhig ein wenig rumreiten) quasi in Luft auflöste. Es war wie so häufig in dieser Saison: Am Ende war der Sieg nie ernsthaft in Gefahr, aber so richtig souverän sieht irgendwie anders aus.
Nichtsdestotrotz: Seit dem Dresden-Spiel ist der VfB in der Liga ungeschlagen, holte zuletzt 16 von 18 möglichen Punkte, ist auch nach dem Montagsspiel Tabellenführer und hat gemeinsam mit Hannover die meisten Tore geschossen. Achja, Hannover. Lässt einen ein 4:0‑Auswärtssieg — den gab es zuletzt 2013 in Braunschweig — als VfB-Fan mittlerweile so kalt, dass man direkt aufs nächste Spiel blickt? Ein wenig schon. Denn so wichtig die Punkte und so erfreulich das Ergebnis: Solche Spiele wie in Aue muss man als Pflichtsieg verbuchen, wenn man aufsteigen möchte. Das hat nichts mit Respektlosigkeit gegenüber dem Gegner zu tun, sondern sollte schlichtweg der Anspruch des VfB sein.
Jetzt gegen Hannover den “big point” machen
Alles andere als ein einfaches Spiel steht uns nun in Hannover bevor. Auch wenn wir ihn alle noch etwas anders in Erinnerung haben: Gegen einen Martin Harnik wird sich die VfB-Defensive solche Durchhänger nicht erlauben dürfen. Und auch wenn die Roten von der Leine schon zwei Tore mehr kassiert haben als der VfB, ist nicht gesagt, dass die Brustringträger wieder eine ähnlich gute Chancenverwertung an den Tag werden legen können.
An diesem 12. Dezember muss alles zusammenkommen, um die drei Punkte im Neckarstadion zu behalten. Der VfB befindet sich dabei mit einem Vorsprung von vier Punkten noch in einer relativ sicheren Position. Aber es wäre so wichtig, schon allein für die Psyche, endlich mal einen solchen “big point” zu landen, was dem VfB schon seit Jahren nicht mehr gelungen ist. Paderborn, Mainz und Hamburg 2015 war mehr “do or die” und in der Vorsaison schickten sich Nürnberg und Braunschweig selber in die zweite Liga, ohne dass der VfB dazu groß etwas beigetragen hätte.
Natürlich ist die Saison auch bei einem Heimsieg und einem daran anschließenden Erfolg in Würzburg noch lange nicht gelaufen. Aber mit einem erfolgreichen Auftritt gegen Hannover könnte die Mannschaft all die hart erkämpften Siege der letzten Wochen veredeln und aus einer Position der Stärke in die Rückrunde starten.