Cave Idus Martias oder: Bochum in Grün

Der VfB ver­liert das Aus­wärts­spiel in Fürth mit 1:0, zeigt dabei eine erstaun­li­che Lern­re­sis­tenz und ver­spielt die Tabel­len­füh­rung. Wie­der ein­mal macht der Erfolg die Mann­schaft satt.

Ok, ich gebe zu, der Titel ist etwas prä­ten­ti­ös und ich muss­te auch erst auf Wiki­pe­dia schau­en, wie es auf Latein heißt. Trotz­dem passt der Spruch ein­fach der­zeit lei­der zu prä­zi­se auf das Ver­hal­ten der VfB-Mann­schaft. War das Unent­schie­den in Braun­schweig noch eine her­aus­ra­gen­de Leis­tung, prä­sen­tier­te sich der VfB in den anschlie­ßen­den bei­den Spie­len gegen Mann­schaf­ten aus dem Mit­tel­feld der Liga unge­fähr so wie Homer Simpson im Video auf der hei­mi­schen Couch. Jetzt ist die Tabel­len­füh­rung trotz zwi­schen­zeit­lich fünf Punk­ten Vor­sprung fürs Ers­te futsch und man fragt sich: Muss das sein?

Erfolg ist gefährlich

Schaut man sich an, wie sich der VfB in der Ver­gan­gen­heit ver­hal­ten hat, wenn es dar­um ging, sich Ver­fol­ger vom Lei­be zu hal­ten, kommt man zu der Befürch­tung: Ja, das muss beim VfB so. Irgend­wie schafft es die Mann­schaft regel­mä­ßig — trotz wech­seln­der Beset­zung — sich so weit zurück zu leh­nen, dass sie schließ­lich aus dem Sat­tel kippt. Nach fünf Sie­gen in Fol­ge hat sich wie­der das Gefühl ein­ge­schli­chen, dass der Erfolg nicht das Ergeb­nis von har­ter Arbeit und Glück ist, son­dern ein­fach von allei­ne zu einem kommt. Oder wie Chris­ti­an Gent­ner es in sei­ner unnach­ahm­lich kapi­tä­ni­gen Art sagt: “Din­ge, die nicht gut sind”. Die will man jetzt intern bespre­chen. Hat man das nach dem schlaf­müt­zi­gen 1:1 in Bochum noch nicht gemerkt? Muss man da erst fünf mög­li­che Punk­te ver­spie­len, bevor man sich wie­der in den Befind­lich­keits­kreis setzt?

Formiert sich da Gentners Befindlichkeitskreis? © VfB-Bilder.de
For­miert sich da Gent­ners Befind­lich­keits­kreis? © VfB-Bilder.de

Denn gegen Fürth mach­te die Mann­schaft die glei­chen Feh­ler wie in der Vor­wo­che. Erneut kas­sier­te man ein Tor aus dem Nichts, weil die Abwehr wie­der in den Slap­stick-Modus ver­fiel. Weder Pavard noch der immer mehr abbau­en­de Kamin­ski schaff­ten es, einen ein­fa­chen Ball hin­ten raus zu beför­dern. Mit so viel Dumm­heit rech­ne­te selbst Mitch Lan­ge­rak nicht und stand dem­entspre­chend zu weit vor sei­nem Kas­ten, als der Ball aus 20 Metern ein­schlug. Man hat­te wie schon beim 1:0 der Bochu­mer das Gefühl, dass in der Abwehr die Zuord­nung nicht stimm­te. Die letz­te Rei­he bestand dies­mal aus Baum­gartl und den erwähn­ten Pavard und Kamin­ski. Hat­te sich Coach Han­nes Wolf wirk­lich ver­coacht, wie bei­spiels­wei­se der Ver­ti­kal­pass kri­ti­siert?

Wieder fehlt die Intensität

Gehol­fen hat es mit Sicher­heit nicht, zumal Wolf und sein Gegen­über, sich danach ein Duell der Sys­tem­wech­sel lie­fer­ten, wie Tak­tik­ex­per­te Jonas es für die Stutt­gar­ter Nach­rich­ten beschreibt. Er weist in sei­ner Ana­ly­se aber auch dar­auf hin, dass der Mann­schaft die Inten­si­tät im Spiel fehl­te. Konn­te man gegen Bochum noch die sub­op­ti­ma­le Anset­zung der DFL aus Aus­re­de her­an­zie­hen, galt das in Fürth nicht als Argu­ment. Die Kör­per hat­ten genug Pau­se gehabt, aber die Köp­fe waren immer noch in der glei­chen Geis­tes­hal­tung: Ein gutes Pferd springt nur so hoch wie es muss. Und wir sind so ein gutes Pferd, dass es bei die­ser Hür­de auch so gehen kön­nen muss.

Das sind sie aber eben nicht. Die Stadt mag das Ross im Wap­pen haben, der VfB trabt aber der­zeit zu gemüt­lich durch die Liga und reißt die Hür­den, statt sie zu über­sprin­gen. Was für die Abwehr galt, traf auch auf die Offen­si­ve zu. Car­los Mané hat­te direkt zu Spiel­be­ginn eine Kon­ter­chan­ce, die er kläg­lich ver­gab. Danach fiel dem VfB nichts mehr ein außer lan­gen Bäl­len und Flan­ken aus dem Halb­feld auf die Köp­fe der Abwehr. Wäh­rend Simon Terod­de immer­hin noch viel nach hin­ten arbei­te­te, ging Dani­el Gin­c­zek lei­der total unter und wur­de dem­entspre­chend aus­ge­wech­selt. Trotz sei­ner Sta­tur konn­te er offen­siv nur wenig Zwei­kämp­fe gewin­nen, aber das war in die­sem Spiel sowie­so nicht das Ste­cken­pferd der Brust­ring­trä­ger (zu viel Pfer­de­ana­lo­gie? 😉 ).

Von 100 auf null — schon wieder?

Wie in der ver­gan­ge­nen Sai­son hat die Nega­tiv­se­rie mit nur zwei Punk­ten aus drei Spie­len nichts mit der indi­vi­du­el­len Qua­li­tät der Mann­schaft zu tun. Es ist — wie­der ein­mal —  eine Ein­stel­lungs­sa­che. Anders kann ich es mir nicht erklä­ren, dass man nach sechs guten Spie­len plötz­lich auf­hört, alles für den Erfolg zu geben. Und nein, es hat trotz der zeit­li­chen Umstän­de auch nichts mit Kevin Groß­kreutz zu tun. Der stand bei den Nie­der­la­gen gegen Dres­den, Han­no­ver und Würz­burg auch auf dem Platz und konn­te der Mann­schaft kei­ne Sie­ger­men­ta­li­tät ein­flö­ßen.

Hinten unaufmerksam, vorne einfallslos - beim VfB klappte nichts mehr. © VfB-Bilder.de
Hin­ten unauf­merk­sam, vor­ne ein­falls­los — beim VfB klapp­te nichts mehr. © VfB-Bilder.de

Was an die­ser gan­zen Situa­ti­on am ärger­lichs­ten ist, ist die bereits ange­spro­che­ne Lern­re­sis­tenz. Wie kann man denn nach der im März 2016 ein­ge­lei­te­ten Kata­stro­phe schon wie­der sol­che Auf­trit­te hin­le­gen? Es ist ja nicht so, als wür­den wir im Tabel­len­mit­tel­feld der Bun­des­li­ga rum­ei­ern und ein einen ein­stel­li­gen Tabel­len­platz als Ziel haben. Nein, der VfB will, er muss wie­der auf­stei­gen, wenn er nicht dra­ma­tisch schrump­fen will. Dafür muss er auf einem der ers­ten bei­den Plät­ze lan­den. Der Vor­sprung auf Platz 4, der zu gar nichts berech­tigt außer einem wei­te­ren Jahr in der Liga der klei­nen Gäs­te­blö­cke, der gerin­ge­ren Ein­nah­men und der unter­ir­disch schlech­ten Schieds­rich­ter, beträgt der­zeit nur drei Punk­te.

Die Alarmglocken müssen läuten

Und des­halb müs­sen jetzt schon, neun Spie­le vor ulti­mo, in einer die­ser unsäg­li­chen Län­der­spiel­pau­sen, alle Alarm­glo­cken so laut läu­ten, dass sie selbst die Natio­nal­spie­ler bei ihren Ein­sät­zen hören. Es kann nicht ein­fach so wei­ter­ge­hen. Uni­on hat uns über­holt und hat einen Lauf. Han­no­ver hat nach einem neu­en Sport­di­rek­tor jetzt auch einen neu­en Trai­ner, der bestimmt einen Effekt haben wird, auch wenn er mit Pader­born schon ein­mal gegen den VfB den Kür­ze­ren gezo­gen hat. Und auch Braun­schweig kön­nen und dür­fen wir nicht unter­schät­zen. Die Mann­schaft muss jetzt auf­wa­chen und zei­gen, dass sie auf­stei­gen will.

Es darf ein­fach kei­nen wei­te­ren Ein­bruch wie letz­tes Jahr geben. Die­se Sai­son ist die größ­te Chan­ce, die wir auf den Wie­der­auf­stieg haben. Oder glaubt irgend­je­mand, dass die Spie­ler, die jetzt den spie­le­ri­schen Unter­schied machen könn­ten, auch ein wei­te­res Jahr in der zwei­ten Liga spie­len wer­den? Dass nächs­tes Jahr auch im Schnitt 50.000 Zuschau­er ins Neckar­sta­di­on kom­men oder 5.000 nach Fürth fah­ren? Wirt­schaft­lich mag ein zwei­tes Jahr zwei­te Liga noch drin sein. Gefühlt wäre das der zwei­te Abstieg inner­halb eines Jah­res. Also. lie­be VfB-Mann­schaft: Ihr habt es in der Hand. Ver­saut es nicht schon wie­der!

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