Brotlose Kunst

Der VfB ver­liert auch das Auf­takt­spiel in der Bun­des­li­ga in Mainz. Die Par­al­le­len zum Pokalaus in Ros­tock sind unüber­seh­bar.

Schon wie­der durch einen indi­vi­du­el­len Feh­ler in Rück­stand gera­ten. Schon wie­der über 90 Minu­ten viel zu weni­ge zwin­gen­de Ideen gehabt, um selbst in Füh­rung zu gehen oder zumin­dest aus­zu­glei­chen. Schon wie­der nicht über die guten spie­le­ri­schen Ansät­ze hin­aus gekom­men. VfB-Fans, die sich die 0:1‑Niederlage in Mainz anschau­ten, lit­ten hin­ter­her unter schwe­rem Déjà-vu. Abge­se­hen davon, dass die Brust­ring­trä­ger wie in Ros­tock erneut eine Nega­tiv­se­rie ver­län­ger­ten. 

Wobei sol­cher­lei Sta­tis­ti­ken noch am Wenigs­ten als Erklä­rung für den nun bereits eini­ger­ma­ßen ange­knacks­ten Sai­son­start her­hal­ten kön­nen. Eben­so wenig wie die gän­gi­ge Zäh­lung von Tor­schüs­sen, Ball­kon­tak­ten und gewon­nen Zwei­kämp­fen. Über­all war der VfB gut dabei und den­noch spran­gen am Ende ledig­lich drei eini­ger­ma­ßen gefähr­li­che Tor­schüs­se her­aus: ein sehens­wer­ter Schuss von Nicolás Gon­zá­lez am lan­gen Eck vor­bei, ein Schuss aus der Dre­hung von Mario Gomez und eine 99-pro­zen­ti­ge Chan­ce von Chris­ti­an Gent­ner, dem der Ball zwar etwas in den Rücken gespielt wur­de, was aber nicht dar­über hin­weg täu­schen soll, dass man frei auf dem Elf­me­ter­punkt ste­hend mehr aus die­sem Pass machen kann. Es waren aber wie gegen Ros­tock nicht die­se ver­ge­be­nen Groß­chan­cen — sei es Unver­mö­gen oder Pech -, die dem VfB eine mitt­ler­wei­le 180 Minu­ten andau­ern­de Tor­flau­te besche­ren.

Stürmer suchen Anschluss

Es ist das Spiel rund um den Straf­raum, das der Mann­schaft wei­ter­hin Pro­ble­me berei­tet. Wie man am vier­ten Bild (das man lei­der nicht sepa­rat ein­bin­den kann) sieht, läuft zwar eini­ges über die defen­si­ven und offen­si­ven Flü­gel­spie­ler, Gomez und Gon­zá­lez, die dies­mal ande­res als in Ros­tock nicht im Ver­bund mit Dida­vi spiel­ten, hän­gen jedoch ziem­lich in der Luft. Was auch auf­fällt: Wie dick der Pfeil zwi­schen Bad­s­tu­ber und Pavard ist. Denn erneut wur­de der Ball lie­ber noch mal quer gescho­ben, egal ob defen­siv oder offen­siv, anstatt das Spiel schnell zu machen.

V or allem dar­an lahm­te (haha)  das Offen­siv­spiel. Es ist mir schier unbe­greif­lich, war­um man nicht ein wenig mehr Risi­ko geht und ver­sucht, den Geg­ner mit schnel­lem Umschalt­spiel zu über­ra­schen. Dass der VfB, wie die hal­be Liga, nicht beson­ders viel Lust dar­auf hat — oder nicht in der Lage ist — das Spiel zu machen und zu domi­nie­ren, ist das Eine. Aber war­um blei­ben bei einem lan­gen Ball auf Gon­zá­lez, der aus­nahms­wei­se mal Platz hat, abge­se­hen von Gomez alle in der eige­nen Hälf­te? War­um muss man bei einer Bal­ler­obe­rung im Mit­tel­feld erst­mal den Sicher­heits­pass auf Bad­s­tu­ber spie­len, und das mehr­fach, anstatt sich Rich­tung Main­zer Tor zu ori­en­tie­ren?

Alle in die Mitte

Aber kurz zurück zu den Situa­tio­nen, in denen der VfB mal vor dem geg­ne­ri­schen Tor im Ball­be­sitz ist. Ich hat­te ja beim Rück­blick aufs Ros­tock-Spiel schon die­se schi­cken Gra­fi­ken von Spox.com her­ge­nom­men, dies­mal habe ich sogar ein GIF dar­aus gebas­telt.

Erneu­te ori­en­tiert sich viel in die Mit­te und dort dürf­te auch ein Groß­teil der Päs­se im geg­ne­ri­schen Angriffs­drit­tel statt­ge­fun­den haben. Allein — sie waren fast alle frucht­los. Hier noch mal schnell den Ball abge­legt, da noch eine Pirou­et­te gedreht, dann ein Pass auf außen und eine die­ser nutz­lo­sen Halb­feld-Flan­ken auf den Kopf eines Ver­tei­di­gers. Aus irgend­ei­nem Grund schafft es der VfB bis­lang nicht die geg­ne­ri­sche Abwehr aus­zu­he­beln. Ein Pro­blem, das uns eigent­lich schon seit der Zweit­li­ga-Sai­son ver­folgt — ich erin­ne­re nur an das unsäg­li­che Spiel in Düs­sel­dorf. Wäh­rend vie­le Zweit­li­gis­ten jedoch der Tor­ge­fähr­lich­keit von Simon Terod­de nicht gewach­sen waren, sah das letz­tes Jahr schon anders aus. Sowohl unter Wolf als auch unter Korkut fehl­te dem VfB die zün­den­de Offen­siv-Idee — sehen wir ein­mal vom Freak-Spiel am 34. Spiel­tag ab.

Wann platzt der Knoten?

Auch die posi­ti­ons­ge­treu­en Wech­sel von Tay­fun Korkut — Dida­vi für Gon­zá­lez, Ako­lo für Thom­my und Sosa für Insua, die letz­ten bei­den nach dem Gegen­tor — schaff­ten dabei kei­ne Abhil­fe. Es hilft natür­lich nichts und ich wer­de es jetzt auch nicht jede Woche tun, aber ein­mal möch­te ich noch dar­auf hin­wei­sen, dass man mit Ana­sta­si­os Donis grund­sätz­lich einen Spie­ler im Kader hat, der vor­ne für Tem­po und Bewe­gung sor­gen kann. Der war jedoch in Mainz nicht ein­mal im Kader, so dass Korkut offen­siv eben nur Dida­vi und Ako­lo brin­gen konn­te, die sich aber in den inef­fek­ti­ven Ball­ver­schie­bungs-Rei­gen ein­reih­ten. So schön man teil­wei­se den Ball lau­fen lässt — und selbst das sah in Ros­tock noch bes­ser aus: So lang­sam muss der Kno­ten mal plat­zen.

Dumm nur, dass in der nächs­ten Woche wie­der eines die­ser undank­ba­ren Streich­ergeb­nis-Spie­le ansteht. Nie­mand wird ernst­haft davon aus­ge­hen, dass der letz­te Aus­wärts­sieg in Mün­chen irgend­ei­ne Aus­sa­ge­kraft hat. Wahr­schein­lich wird sich die Mann­schaft wie­der ordent­lich den Aller­wer­tes­ten auf­rei­ßen wie am letz­ten Hin­run­den­spiel­tag 2017, viel­leicht wird sie kurz an der Sen­sa­ti­on schnup­pern, viel­leicht hat sogar Hol­ger Bad­s­tu­ber gegen die alten Kol­le­gen mal wie­der alle sei­ne Sin­ne bei­sam­men und spielt auf Champions-League–Niveau (soviel Pole­mik sei mir gestat­tet), aber drei Punk­te wer­den dabei wahr­schein­lich nicht raus­sprin­gen. Danach kommt die Län­der­spiel­pau­se und der Drei-Ligen-Cup (kein Kom­men­tar) und dann geht es nach Frei­burg. 

Zähne zusammen

Genug Zeit also, um ein biß­chen schlech­te Brud­del-Lau­ne anzu­sam­meln. Oder zumin­dest aus einer Heim­nie­der­la­ge oder einem glück­li­chen Unent­schie­den gegen Mün­chen ein paar sinn­vol­le Schlüs­se zu zie­hen.

Ich sehe es wei­ter­hin als eine Stär­ke an, dass alle Posi­tio­nen dop­pelt besetzt sind und sich dem­entspre­chend kei­ner sei­nes Stamm­plat­zes sicher sein kann. Die Mann­schaft und Korkut müs­sen in den nächs­ten Wochen zei­gen, dass die­se Kon­kur­renz­si­tua­ti­on alle stär­ker macht. Dass Gent­ner, Pavard und Ascací­bar die­ses Mal von Beginn an spiel­ten, könn­te ein Hin­weis sein, dass es in die rich­ti­ge Rich­tung geht. Oder war das viel­leicht nur ein Zuge­ständ­nis an die­se drei Spie­ler, von denen zwei im Pokal die kom­plet­te Spiel­zeit auf der Bank ver­brach­ten? Dem Leis­tungs­prin­zip zufol­ge müss­te ein Hol­ger Bad­s­tu­ber am Sams­tag­abend auf der Bank sit­zen, weil er weder hin­ten Sicher­heit garan­tiert, noch das Spiel nach vor­ne ein­lei­tet, zumin­dest nicht auf einem Level, zu dem nicht auch das Duo Pavard-Baum­gartl imstan­de ist.

Belas­sen wir es zunächst dabei, bei­ßen wir die nächs­ten Wochen die Zäh­ne zusam­men. Ich bin immer noch zuver­sicht­lich, dass die Mann­schaft mehr zei­gen kann als in der Rück­run­de und mehr als in die­sen ers­ten bei­den Spie­len. Gleich­zei­tig ist die Erwar­tungs­hal­tung gestie­gen. Nicht not­wen­di­ger­wei­se, was den Tabel­len­platz angeht, ich gehö­re schließ­lich zur Min­der­heit im sonst so schreck­lich anspruchs­vol­len Umfeld des VfB, son­dern vor allem spie­le­risch. Denn der VfB hat­te in die­ser Som­mer­pau­se gera­de­zu opti­ma­le Vor­aus­set­zun­gen: Der Kader war früh bei­sam­men, nur ein Natio­nal­spie­ler blieb län­ger weg und es war genug Geld für Ver­stär­kun­gen da. Irgend­wann muss das alles, genau­so wie der genann­te “dop­pelt besetz­te Kader ” Früch­te tra­gen. Und Tay­fun Korkut muss bewei­sen, dass er eben nicht nur der Feu­er­wehr­mann der letz­ten Sai­son ist, son­dern aus die­sen guten Vor­aus­set­zun­gen etwas ent­wi­ckeln kann.

2 Gedanken zu „Brotlose Kunst“

  1. seht gut geschrie­ben, zum Ros­tock Spiel.…der klei­ne Dorf­ver­ein W0rzburger kickers hat han­sa Ros­tock in alle Ein­zel­tei­le zer­legt, da soll­te mal unse­re Pro­vis schau­en wie das geht!

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