Ja, ich weiß. Alles zum Kotzen gerade. Aber vor dem Heimspiel gegen Wolfsburg muss sich was ändern.
Kürzlich standen wir noch über dem Strich und jetzt das: Nach der inakzeptablen Niederlage bei der Hertha ist der erste Nichtabstiegsplatz plötzlich vier Punkte entfernt und mit Bielefeld sitzt uns der Tabellensiebzehnte schon im Nacken. Und warum? Weil der Mannschaft nach den begeisternden Siegen gegen Gladbach und Augsburg das Feuer fehlte, um den Deckel drauf zu machen auf den Klassenerhalt. Ich habe mir in Bielefeld und Mainz die Lunge aus dem Hals geschrien, aber gereicht hat es nur für zwei müde und enttäuschende Unentschieden. Jetzt haben wir den Schlamassel, vier Punkte Rückstand und eine vor Versagensangst gelähmte Mannschaft. Von der der ein oder anderen sowieso schon vermutete, dass sie der Aufgabe nicht gewachsen sein könnte. Auch weil sie falsch zusammengestellt und trainiert wurde. Also schon mal Relegationstermine freihalten oder lieber gleich den Weg nach Magdeburg raussuchen?
Nix da! Ja, die Situation ist auf gut Deutsch beschissen. Aber wenn wir in dreieinhalb Wochen gegen Köln oder später über die Relegation drin bleiben, dann bleiben wir eben drin und dann ist diese Seuchensaison nochmal gut ausgegangen. Die Voraussetzung dafür: Die Mannschaft muss brennen. Vom Anpfiff weg darf sie den eh schon wankelmütigen Wolfsburgern keine Chance lassen oder den Eindruck erwecken, es gebe im Neckarstadion was zu holen. Die Anlagen sind da: Zweikampfverhalten und vorwärts orientierter Ballbesitzfußball. Pässe dürfen, müssen mit Risiko gespielt werden, aber so, dass wir den Ball schnell zurückerobern können. Wenn der Ball im Mittelfeld umkämpft ist, muss er schlussendlich uns gehören. Wenn er uns gehört, darf ihn niemand anderes haben, nur der gegnerische Torwart, wenn er ihn aus seinem Netz holt. Damit er da landet muss alles dafür getan werden, in gute Schusspositionen zu kommen, anstatt bei der erstbesten Gelegenheit von der Strafraumkante abzuziehen.
Alles abfackeln!
Wir müssen uns wieder auf unsere Stärken besinnen. Ich weiß, dass die Mannschaft es kann und will. Das Rätsel, warum sie nicht tut was sie kann und wie sie will müssen Trainer, Sportdirektor und Mannschaft in dieser Woche lösen und dann am Samstag Spiel und Gegner mit neuem Mut abfackeln. Wie man die Mannschaft anzünden kann weiß ich mangels Trainerdiplom nicht. Aber sie muss brennen, jeden Zweikampf annehmen, schnell und präzise Umschalten und vorne den Ball mit aller Macht ins Tor bringen. Wann, wenn nicht jetzt? Brennt für den Verein, brennt für den Klassenerhalt!
Warum ich diesen Appell jetzt an die Mannschaft richten muss, können wir gerne nach der Saison thematisieren. Aber jetzt müssen auch wir brennen. Brennen für diese Mannschaft und den Klassenerhalt, denn wir haben in den nächsten drei bis fünf Spielen keine andere. Diese Mannschaft hat es, anders als 2016 und 2019 auch nicht verdient, dass wir jetzt schon die Flinte ins Korn schmeißen und den Abstieg oder eine Niederlage in der Relegation als gegeben hinnehmen. Vieles hat sich beim VfB verändert und zwar zum Besseren. Das hat die letzte Saison bewiesen, in der die Mannschaft uns nicht nur spielerisch begeistert, sondern sich auch immer wieder aus schwierigen Phasen herausgearbeitet hat. Ja, diese Saison ist viel schief gelaufen und das muss aufgearbeitet werden. Aber diese Mannschaft ist nicht aus Überheblichkeit in den Abstiegskampf gerutscht wie die 2016 oder schlicht ihre Leistung nicht abgerufen wie 2019. Bei allem Frust über das Berlin-Spiel hat die Mannschaft jetzt unsere unbedingte Unterstützung in den letzten Spielen verdient, egal ob auf den Rängen oder in den sozialen Netzwerken. Ich bin auch immer noch sauer, aber dafür ist nach der Saison noch genug Zeit. Aber jetzt müssen wir erstmal in den Abstiegskampf-Modus schalten. Oder wie Christian Prechtl, den ich sonst hier selten zitiere, schreibt:
Etliche unsinnige 180-Grad-Wenden in der Vergangenheit haben den VfB dahin gebracht, wo er grade steht. Jetzt gilt es, die vielbesungene Kontinuität auch mal durchzuziehen und nicht die nächste Kehrtwende zu fordern. Wird ja auch niemand behaupten wollen, mit Sven Mislintat und Pellegrino Matarazzo und Alex Wehrle und Thomas Krücken seien hier nur Nichtskönner am Werk. Zittern wir also weiter wie Espenlaub bis zum letzten Spieltag. Fiebern wir mit, schimpfen und bruddeln, feiern vielleicht auch mal wieder ein Tor und hoffen, dass das Versprechen auf die Zukunft nicht in der zweiten Liga endet.
Titelbild: © John MACDOUGALL / AFP