Auch zum morgigen Auswärtsspiel in Augsburg haben wir uns wieder mit einem Heimfan unterhalten. Diesmal sprachen wir mit Kristell (@kristaldo1907) vom FC Augsburg-Podcast Auf die Zirbelnuss über das schwäbische Duell, den FCA und die Stadt Augsburg.
Rund um den Brustring: Hallo Kristell, vielen Dank, dass Du dir Zeit genommen hast. Erzähl doch mal ein bißchen was über Dich. Was machst Du, woher kommst Du, wie bist Du zum zum FC Augsburg gekommen?
Kristell: Ich bin gebürtige Augsburgerin, normalerweise Projektmanagerin bei einem Mobilfunkkonzern aber momentan in Elternzeit. Fußball hab ich schon immer gern geguckt, aber gepackt hat’s mich erst, als der FC Augsburg gerade in die zweite Liga aufgestiegen war. Mein Mann, damals noch Freund, lebte in der Nähe des Rosenaustadions, und ich habe gern völlig unauffällig unsere Sonntagsspaziergänge in die Rosenau gelenkt, wo man damals ganz easy fünf Minuten vor Anpfiff noch Karten bekam und dann gemütlich in einem wunderschönen Stadion Fußball gucken konnte. Irgendwann bekam ich dann eine Dauerkarte für den N‑Block geschenkt, und die habe ich bis heute ?
Rund um den Brustring: Dein Podcast heißt “Auf die Zirbelnuss”. Zunächst:Was hat es mit der Zirbelnuss auf sich? Und wie bist Du zum Podcasten gekommen?
Kristell: Die Zirbelnuss ziert neben dem Augsburger Stadtwappen auch das Vereinslogo des FCA, und außerdem alles in Augsburg, wo eine Zirbelnuss draufpasst: Den Giebel des Rathauses, Kanaldeckel, Zaunspitzen, Straßenschilder etc. Ursprünglich haben sie wohl die Römer mitgebracht, die Augsburg bekanntlich unter dem Namen „Augusta Vindelicorum“ vor über 2000 Jahren gegründet haben.
Zum Podcasten bin ich durch meinen lieben Kollegen Andreas gekommen. Der war schon länger bei mein-sportradio.de aktiv und fragte mich, ob ich da nicht mal als FCA-Expertin mitmachen wollte. Zunächst war ich perplex, denn so sehr ich FCA-Fan bin, als Expertin seh ich mich nicht, aber ich ließ mich drauf ein und war zuerst im freitäglichen Bundesliga-Special dabei, hab dann in Andreas‘ Sendung „Das Spiel meines Lebens“ über das Aufstiegsspiel des FCA gegen den FSV Frankfurt gesprochen, und schließlich hab ich angefangen, bei „Auf die Zirbelnuss“ mit anderen Augsburgern über den FCA zu talken. Und weil das großen Spaß macht, haben wir es inzwischen schon zu über 50 Sendungen gebracht!
Rund um den Brustring: Nachdem der FCA letztes Jahr ja überraschend den Einzug in den UEFA-Pokal geschafft hat, kämpft Ihr in dieser Saison eigentlich konstant gegen den Abstieg. Wo liegen die Gründe für Euer schweres Jahr?
Kristell: Ich denke, das hat viele Gründe. Man muss sich vor Augen führen, dass wir in den beiden Vorsaisons weit über unserem eigentlichen Niveau gespielt haben, oft Glück hatten und dass vor allem in der letzten Saison auch die anderen Teams durch ihre schlechten Leistungen dazu beigetragen haben, dass wir am Ende so weit oben standen. Da hat einfach alles perfekt zusammengepasst, und wenn’s mal läuft, und wenn der Augsburger mal derart euphorisiert ist, dann brennt die Hütte und alles geht noch besser. Es half, dass keiner uns irgendwas zugetraut hat. In dieser Saison haben uns alle beobachtet, zum ersten Mal war wirklich Druck da, weil den Leuten klar wurde, dass man die Augsburger eben doch ernst nehmen muss. Dazu kommt, dass keiner der Augsburger Spieler sich jemals ausgerechnet hätte, mal in der Europa League spielen zu dürfen, daher war sicherlich auch viel Ablenkung dabei, und dann kommt es natürlich ganz anders, als man denkt: In der Liga lief es trotz ansprechendem Fußball anfangs gar nicht, und das bevor die Doppelbelastung begann. Dann spielten wir auch noch schlecht und holten auch keine Punkte, und dann zog Weinzierl die Notbremse und ging auf die Taktik der Vorsaison zurück – nun kamen endlich die Punkte und wir retteten uns zum Ende der Hinrunde nach einer ansehnlichen Serie wieder ins Tabellenmittelfeld. Zu der Zeit halfen uns auch die Erfolge in der Europa League, das Selbstbewusstsein wiederzubekommen. Die ganze Saison über begleitet uns außerdem ein fürchterliches Verletzungspech, das vor allem in der Abwehr immer wieder Löcher reißt und dafür sorgt, dass man da kaum mal eine eingespielte Truppe findet. Und ja, am Ende ist die Doppelbelastung mit so vielen Spielen eben doch auch ein Faktor, der es uns schwer gemacht hat.
Rund um den Brustring: Die letzte Europapokal-Teilnahme des VfB liegt jetzt schon ein wenig zurück. Welche Bedeutung hat die Europa-Tour dieses Jahr für Verein und Fans gehabt?
Kristell: Egal wie die Saison endet: Kein Augsburger würde auf diese Saison verzichten wollen. Die Tour durch Europa war für alle Beteiligten eine einzige große Party, und dass wir einfach jede Sekunde Spaß haben und genießen wollten, belegt auch die Kampagne des FCA zur Europa League: „In Europa kennt uns #keineSau“ – wir waren wieder genau in der Position, die wir mögen, keiner traute uns irgendwas zu, aber wir haben das Wunder von Belgrad erlebt und haben die Gruppenphase überstanden, und dann gegen Liverpool zwei tolle Spiele abgeliefert, wo wir bis zum Abpfiff mit nur einem Tor hätten weiterkommen können. Wir haben uns mit großartigen Choreos bei den Heimspielen präsentiert und ich denke, inzwischen kennt man uns in Europa zumindest ein bißchen ?
Ich selbst konnte als junge Mutti leider nicht alle Auswärtsfahrten mitmachen, aber Liverpool hab ich mir nicht entgehen lassen, und diese Erfahrung möchte ich keinesfalls missen. Mit meinem FCA an der Anfield Road, und bis zur letzten Sekunde weiterkommen können – das werde ich meiner Tochter wahrscheinlich so oft erzählen, dass sie es nimmer hören kann. Nach dem Abpfiff zusammen mit der Mannschaft noch ewig weitergefeiert, in einem fast leeren Anfield Stadium, das war legendär.
Rund um den Brustring: Ihr habt am Wochenende in Bremen gewonnen und steht jetzt zwei Punkte vor dem Relegationsplatz. Nach unserem Spiel geht es für Euch noch gegen Wolfsburg, Köln, Schalke und Hamburg. Was glaubst Du, an welchem Spieltag seid ihr durch? Oder wird es bei Euch eine Entscheidung am letzten Spieltag?
Kristell: Ich hoffe natürlich, dass wir vorher durch sind, aber darauf würde ich nicht wetten. Wir sind extrem geschwächt durch viele verletzte Spieler, und obwohl wir im Restprogramm auf schlagbare Gegner treffen, ist der FCA noch lange nicht sicher. Wir brauchen jeden Punkt, ich hoffe auf die Heimspiele, und wenn wir es am letzten Spieltag zuhause gegen den HSV austragen müssen, dann soll es eben so sein. Hauptsache, am Ende stehen wir über dem Strich!
Rund um den Brustring: Ihr habt die letzten sechs Spiele gegen uns alle gewonnen. Warum liegt Euch der VfB?
Kristell: Wahrscheinlich liegen uns allgemein Gegner, die selbst gern Tore machen, weil wir dann unser Spiel gut durchziehen können – und dazu kommt natürlich ein gewisses Derbyfeeling, schließlich wollen wir zeigen, wer in Schwaben die Fußballhosen an hat ?
Rund um den Brustring: Wie könnte der VfB diese Niederlagenserie am Samstag beenden? Wo siehst Du Schwächen in Eurer Mannschaft?
Kristell: Unsere Schwächen sind derzeit leider sehr deutlich: Die Defensive. Wir mussten mit Opare einen eigentlich schon abservierten Außenverteidiger begnadigen, weil uns auf der Position durch Paul Verhaeghs Verletzung die Spieler ausgingen, und auch für der Rest der Viererkette darf eigentlich keiner mehr ausfallen, sonst wird es eine Dreierkette. In der Offensive konnten wir unsere Sorgen zum Glück abstellen – daher hoffe ich, dass wir einfach ein Tor mehr machen als ihr!
Rund um den Brustring: Andersherum: Wovor und vor wem müssen wir uns beim FCA in acht nehmen? Wo siehst Du eure Stärken im schwäbischen Duell?
Kristell: Wie schon gesagt: Vorne haben wir inzwischen weniger Sorgen: Mit Finnbogason haben wir endlich einen Stürmer, der auch Tore schießt, Caiuby ist immer für Überraschungsangriffe gut, und bestimmt findet auch Bobadilla wieder in die Spur, die er zuletzt etwas verloren hatte. Und wenn unsere nominellen Offensivspieler mal nicht treffen, machen es eben unsere Innenverteidiger, wie Hong gegen Bremen. Vorne brennt also hoffentlich nix an bei uns!
Rund um den Brustring: Gesetzt den Fall, Ihr bleibt drin: Wie geht es nächste Saison für den FC Augsburg weiter?
Kristell: Das ist eine sehr spannende Frage. Ich denke, viel hängt davon ab, ob Weinzierl bleibt oder nicht. Momentan habe ich das Gefühl, die Zeichen stehen auf Abschied, das würde bedeuten, wie brauchen einen neuen Trainer. Wer in Frage käme, weiß ich nicht, aber ich bin überzeugt, der Verein findet jemanden, das zu uns passt, und schafft es wieder, uns alle zu überraschen. Und dann wird es einfach drum gehen, den FCA weiter in der ersten Liga zu stabilisieren – und eine weitere Saison Abstiegskampf erfolgreich zu bestreiten!
Rund um den Brustring: Was hat Augsburg außer dem FCA denn noch so zu bieten, was kann man sich vor und nach dem Spiel in der Stadt anschauen?
Kristell: Augsburg ist eine der ältesten und für mich natürlich schönsten Städte Deutschlands und hat sehr viel zu bieten. Wer zum ersten Mal da ist, sollte sich die bekannten Sehenswürdigkeiten anschauen: Das Rathaus mit dem Goldenen Saal, die Fuggerei, die Brunnen, die Altstadt. Nach dem Spiel ist die Maxstraße immer eine gute Adresse, um noch ein Bier zu trinken und das Nachtleben kennenzulernen. Ansonsten sind je nach Wetter die zahlreichen Biergärten immer einen Besuch wert, da kann man eigentlich auch wenig falsch machen!
Übrigens veranstaltet Augsburg Calling vor Heimspielen immer ein interessantes Rahmenprogramm für unsere Gästefans – schaut doch mal bei deren Facebookseite vorbei! Eine Stadtführung mit anderen Fans ist sicher ein Erlebnis!
Rund um den Brustring: Abschließend: Was ist Dein Tipp für das Spiel am Samstag?
Kristell: Für mein scherzhaftes 4:1 aus der aktuellen Ausgabe der Zirbelnuss hab ich schon einige Häme einstecken müssen. Zurecht natürlich, bei unserer löchrigen Defensive ist ein 4:3 viel wahrscheinlicher – aber vier Tore möchte ich auf jeden Fall sehen, am liebsten natürlich von meinem FCA – sorry, Stuttgart ?
Rund um den Brustring: Vielen Dank für das Gespräch!