Neu im Brustring: Alou Kuol

Mit Alou Kuol vom A‑Le­ague-Club Cen­tral Coast Mari­ners ver­pflich­te­te der VfB am Frei­tag bereits den zwei­ten Neu­zu­gang für die kom­men­de Sai­son. Wir haben uns in Aus­tra­li­en für Euch über ihn schlau gemacht.

Es scheint eine ganz nor­ma­le Arbeits­wo­che für Sven Mislin­tat zu sein: Am Mitt­woch unter­schreibt der 17jährige Ömer Faruk Bey­az einen Ver­trag bis 2025 und ver­lässt sei­nen der­zei­ti­gen Ver­ein Fener­bah­ce im Som­mer ablö­se­frei und am Frei­tag Mit­tag wur­de der Trans­fer des 19jährigen Alou Kuol öffent­lich der sich eben­falls ablö­se­frei und bis. 2025 dem Ver­ein mit dem Brust­ring anschließt. Im eng­lisch­spra­chi­gen Fuß­ball­jour­na­lis­mus nennt man das einen ste­al. Doch auch wenn sich die Tran­fers von Bey­az und Kuol zu ähneln schei­nen: Es gibt eini­ge Unter­schie­de zwi­schen den bei­den und die bezie­hen sich nicht nur dar­auf, dass Kuol etwa zwei Jah­re älter ist als Bey­az und nicht wie die­ser im offen­si­ven Mit­tel­feld, son­dern im Sturm spielt. Aber der Rei­he nach. 

Wie schon bei der Vor­stel­lung von Bey­az am Frei­tag haben wir uns an Exper­ten gewandt, um Euch unse­ren Neu­zu­gang näher zu brin­gen. Das ist zum einen Pete (@priorpeter) vom Pod­cast Coast Foot­ball Ram­ble, der sich, der Name legt es nahe, den 2004 gegrün­de­tem Cen­tral Coast Mari­ners aus der aus­tra­li­schen A‑League wid­met. Zum ande­ren hat erneut das Team von Crea­teFoot­ball in sei­nen Datenbanken.gekramt, um den per­sön­li­chen Ein­drü­cken Petes eine sta­tis­ti­sche Grund­la­ge zur Sei­te zu stel­len. 

Vom Sudan an die Central Coast

Die Unter­schie­de zwi­schen Bey­az und Kuol begin­nen schon in der Geschich­te ihres noch jun­gen Lebens. Wäh­rend Bey­az sich mit dem Wech­sel nach Stutt­gart im Som­mer zum ers­ten Mal für län­ge­re Zeit aus dem Groß­raum Istan­bul ver­ab­schie­det, muss­te Kuol sei­ne Geburt­stadt Kar­thum und sein Hei­mat­land, den Sudan, bereits im Alter von drei Jah­ren ver­las­sen und lan­de­te über Ägyp­ten in Aus­tra­li­en wo er zunächst in Syd­ney und dann in Shepp­ar­ton leb­te, wo er schließ­lich auch mit dem Fuß­ball spie­len begann. 2014 wech­sel­te er in die Jugend­ab­tei­lung des in Shepp­ar­ton behei­ma­te­ten Dritt­li­gis­ten Goulb­urn Val­ley Suns, für die er zwi­schen 2017 und 2019 im. Her­ren­be­reich in 47 Spie­len 28 Tore erziel­te. Nach erfolg­lo­sen Pro­be­trai­nings bei ande­ren A‑Le­ague-Clubs schloss er sich dann mit 18 Jah­ren den Mari­ners an, für deren Aca­de­my Team er 2019/2020 in neun Spie­len sechs Tore schoss, davon allein vier in den ers­ten drei Spie­len, und damit bes­ter Tor­schüt­ze der Mann­schaft war. Spä­tes­tens zu die­sem Zeit­punkt sei auch den Fans der Mari­ners sei­ne Abschluss­stär­ke bewusst gewor­den, so Pete. 

Par­al­lel dazu debü­tier­te er am 1. März ver­gan­ge­nen Jah­res beim 2:6 gegen Wes­tern United in Aus­tra­li­ens höchs­ter Spiel­klas­se, schoss jedoch in die­sem und den drei wei­te­ren Ein­sät­zen kein Tor. Die Mari­ners been­de­ten die Sai­son übri­gens auf dem letz­ten der elf Tabel­len­plät­ze. Ganz anders läuft es in die­ser Sai­son, in der CCM, so die geläu­fi­ge Abkür­zung, zu dem Zeit­punkt, da ich das schrei­be, die Tabel­le anführt und zum ers­ten Mal seit 2013 wie­der einen Titel holen könn­te. Pete zufol­ge liegt das an der Mischung aus “expe­ri­ence and youthful exu­berance”, also Erfah­rung einer­seits und jugend­li­cher Aus­ge­las­sen­heit ande­rer­seits, die von meh­re­ren Absol­ven­ten der Aca­de­my aus­geht — dar­un­ter Kuol. Der stand in allen der bis­her 16 Par­tien auf dem Platz, aller­dings nur vier Mal in der Start­elf. Umso beein­dru­cken­der sind sei­ne sie­ben Tore und zwei Assists. Damit hat er aktu­ell laut der Daten von Crea­teFoot­ball den welt­weit bes­ten Tor­schnitt aller Spie­ler unter 20 und toppt mit sei­nen 1,04 Toren pro 90 Minu­ten sogar die 0,95 von Erling Haa­land.

Klassischer Neuner mit immenser Entwicklung 

Pete führt den Erfolg der Mari­ners auch dar­auf zurück, dass sich die Mann­schaft ganz der Spiel­idee von Trai­ner Alen Sta­jcic ver­schrie­ben habe und dass vor allem jun­ge Spie­ler eine wich­ti­ge Rol­le im Team über­nom­men hät­ten. Ins­be­son­de­re Kuol, der nach sei­nen Ein­wechs­lun­gen die geg­ne­ri­schen Ver­tei­di­ger vor gro­ße Pro­ble­me gestellt und so. schon eini­ge Spie­le ent­schie­den habe. Pete betont dabei im Gespräch immer wie­der die so immense wie beein­dru­cken­de Ent­wick­lung, die Kuol in die­ser Sai­son durch­ge­macht habe — ähn­lich wie vie­le Spie­ler des aktu­el­len VfB-Kaders. Auch ein ande­rer Aspekt von Kuols Spiel dürf­te gut ins VfB-Sche­ma pas­sen: “pace and ener­gy”, also Tem­po und Ener­gie. Die­se Fähig­kei­ten habe er in der lau­fen­den Sai­son ver­fei­nert und sei­ne Ball­be­hand­lung und Über­sicht ver­bes­sert. 

Pete bezeich­net Kuol als klas­si­schen Neu­ner, der bei lan­gen Bäl­len in die Spit­ze im Rücken der letz­ten Ver­tei­di­gungs­rei­he laue­re, um sie dann mit sei­ner Geschwin­dig­keit zu über­lau­fen. Kuol sei stark am Ball und in der Luft und habe das, was man einen einen Tor­rie­cher nennt. Das bele­gen auch die Zah­len, die Crea­teFoot­ball für uns raus­ge­sucht. Von sei­nen 3,6 Schüs­sen pro 90 Minu­ten gehen 2, 1 aufs Tor, das ist eine beacht­li­che Schuss­ge­nau­ig­keit von 58 Pro­zent. Auch die 5,22 Bal­lak­tio­nen im geg­ne­ri­schen Straf­raum pro 90 Minu­ten sind im Ver­gleich ein star­ker Wert. Kuol geht zwar sel­ten ins Dribb­ling, setzt sich dann aber in 62 Pro­zent der Fäl­le durch, was dafür spricht, dass er in eher aus­sichts­lo­sen Situa­tio­nen das Risi­ko scheut. Die von Pete ange­spro­che­ne Kopf­ball­stär­ke drückt sich dar­in aus, dass er trotz sei­ner 180 Zen­ti­me­ter immer­hin die Hälf­te der 10,4 Luft­du­el­le pro 90 Minu­ten für sich ent­schei­det. Auch die Quo­te von 42 Pro­zent gewon­ne­nen Offen­siv­zwei­kämp­fen ist für einen Stür­mer ein guter Wert. 

Gut vorbereitet auf die Bundesliga 

Wie bei Bey­az las­sen sich sol­che Wer­te natür­lich nicht von der A‑League eins zu eins auf die Bun­des­li­ga über­tra­gen. Der Unter­schied zu Bey­az ist jedoch, dass Kuols Schuss­ge­nau­ig­keit und Zwei­kampf­be­reit­schaft ihm in der Bun­des­li­ga hel­fen wer­den, zumal es einen Spie­ler­ty­pen wie ihn im Kader aktu­ell nicht gibt, so die Exper­ten von Crea­teFoot­ball. Pete traut ihm auf jeden Fall eine gro­ße Kar­rie­re zu, wenn er sich so wei­ter­ent­wi­ckelt wie bis­her, auch wenn er ihn ger­ne noch für ein Jahr bei den Mari­ners sehen wür­de: “You guys have a real good one on your hands the­re – make sure you tre­at him well!”

Auf den ers­ten Blick scheint es also, als sei­en unse­re bei­den Neu­zu­gän­ge die­se Woche wie für­ein­an­der geschaf­fen: Der klas­si­sche Zeh­ner mit den Schnitt­stel­len­päs­sen, die sich der schnel­le und zwei­kampf­star­ke Neu­ner erlau­fen und ver­wer­ten kann. Natür­lich ist der Zeit­punkt der Ver­pflich­tung eher Zufall und bei­de wer­den sich in der Bun­des­li­ga erst akkli­ma­ti­sie­ren müs­sen. Wobei ich Kuol, der älter und im Her­ren­be­reich etwas erfah­re­ner ist, dass in der kom­men­den Sai­son noch eher zutrau­en als Bey­az. Klar ist aber such dass Kar­rie­ren meist nicht gerad­li­nig verlaufen.auch die Spie­ler, die aktu­ell im Brust­ring gut drauf sind, wer­den noch Durch­hän­ger haben. Man soll­te also nicht den Feh­ler machen, dar­auf zu ver­trau­en, dass sich die Kader­ent­wick­ling in der kom­men­den Sai­son wie­der­holt. Den­noch scheint man mit Alou Kuol einen viel­ver­spre­chen­den Spie­ler ver­pflich­tet zu haben, der jetzt in der Bun­des­li­ga eine neue Her­aus­for­de­rung sucht und hof­fent­lich mit­tel­fris­tig in der Lage ist, zukünf­ti­ge Abgän­ge im Offen­siv­be­reich zu erset­zen.

Titel­bild: © ima­go / Nigel Owen

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