Der VfB zeigt im mit Spannung erwarteten Spitzenspiel gegen Union Berlin eine reife Leistung und gewinnt verdient mit 3:1. Nur ein weiterer Schritt Richtung Ziel, aber ein sehr wichtiger.
Was waren wir nervös vor diesem Spiel. Rechnungen ergaben, dass Union schon ein 2:0‑Auswärtssieg gereicht hätte, um von Platz vier auf Platz eins zu springen und den VfB vom Thron zu stoßen. Würde der VfB nach den nicht komplett überzeugenden Siegen gegen die Abstiegskandidaten aus Karlsruhe und Bielefeld an diesem Montagabend eine eines Spitzenspiels würdige Leistung abrufen können? Oder würde das Schicksal der späten Gegentore diesmal die Brustringträger selbst treffen?
Endlich Platz für den VfB
Am Ende überraschte die Mannschaft wohl alle im Stadion, vielleicht noch am wenigsten sich selbst. In diesem Spiel, welches natürlich noch keine Vorentscheidung sein würde, aber ein deutlicher Fingerzeig werden konnte, klappte endlich mal alles so, wie man es sich nach eigenem Bekunden schon die ganze Zeit vorgenommen hatte. Dazu trug sicherlich auch bei, dass Union, anders als viele andere Mannschaften in der Liga, nicht über große Teile des Spiels hinten drin stand. Dadurch öffneten sich für den VfB offensiv immer wieder Lücken, in denen er seine durchaus vorhandene individuelle Klasse ausspielen konnte.
Die offenbarte sich zunächst einmal mehr im feinen Füßchen von Alexandru Maxim. Nach einer guten Anfangsphase war es sein Freistoß, der die Dose des Spiels öffnete und dem VfB das Selbstvertrauen gab, das diese Mannschaft manchmal braucht, um in Fahrt zu kommen. Wir haben ja in dieser Saison schon häufiger prophezeit: “Wer das macht oder wenn das eintritt, dann steigt man auf.” So ein Moment war auch das 1:0. Wenn ein VfB-Spieler zum lediglich dritten Mal in den vergangenen sieben Jahren ein direktes Freistoß-Tor erzielt, dann kann an diesem Abend alles passieren.
Maxim und Ofori spielen sich nach vorne
Und das geschah auch. Zum einen natürlich wegen Alexandru Maxim, der eines seiner besten und wichtigsten Spiele im Brustring machte und zurecht mit standing ovations auf die Bank verabschiedet wurde. Immer wieder nutzte er im offensiven Mittelfeld die sich bietenden Räume und leitete gefährliche Chancen des VfB ein — und die gab es zur Genüge. Ein weiterer Mittelfeldspieler, der mit dem Übermaß an grünem Rasen sehr gut zurecht kam, war Winter-Neuzugang Ebenezer Ofori. Hatte er bei seinen ersten Auftritten vor allem durch seine gute Ballkontrolle und ‑behauptung überzeugt, ging er diesmal einen Schritt weiter und könnte damit endgültig in Stuttgart angekommen sein.
Nicht nur, aber am herausragendsten beim 2:0 trieb er den Ball immer wieder durchs Mittelfeld nach vorne. In diesem Fall leitete er damit den 20. Saisontreffer von Simon Terodde ein, der nach Oforis steilem Pass perfekt von Brekalo bedient wurde und den Ball mit der Innenseite zwischen zwei Verteidigern durch ins Tor schob. Ein Treffer, wie gemalt, Ekstase in der Cannstatter Kurve. Konnte der VfB gegen einen solchen Gegner wirklich so Fußball spielen?
Union nicht gefährlich genug
Er konnte und das lag auch daran, dass sich Union an diesem Montagabend nicht in Spitzenspiel-Form befand. Sicherlich, sie blieben immer gefährlich, was sich auch im Anschlusstreffer ausdrückte, als erneut eine hohe Flanke an den Fünf-Meter-Raum, die Zusammenarbeit zwischen Innenverteidigung und Torwart an ihre Grenze stoßen ließ. Aber irgendwie fehlte ihnen der letzte Biss, um dem VfB richtig gefährlich zu werden. Für Anhänger des Brustrings ein teilweise bekanntes Gefühl, was uns aber am Montagabend zum Glück fremd blieb.
Just als das Spiel nämlich wirklich etwas zu kippen drohte — und man in der Cannstatter Kurve aufgefordert wurde, sich angesichts dieses langweiligen Spiels hinzusetzen, um dann wieder aufzustehen -, da waren Simon Terodde und der eingewechselte Daniel Ginczek hellwach, luchsten einem etwas schläfrigen Toni Leistner den Ball ab, spielten einen kurzen Doppelpass und machten den Deckel auf das Spiel. Ein Spielverlauf wie ein kitschiger Fußballroman: Freistoßtor, Konter und everybody’s darling Ginni besorgt die Entscheidung.
Politik der wichtigen Schritte
Ein richtig geiler, rundum gelungener Fußballabend bei diesem hoffentlich letzten Montagsspiel in der zweiten Liga — ich würde gern sagen für immer, aber Christian Seifert, die DFL und Sky müssen ja diesen Irsinn auch in der Bundesliga weiterführen, um weiterhin nicht mit der Premier League mithalten zu können. Und ein erster großer Schritt in Richtung Wiederaufstieg.
Der VfB hat ja in dieser Saison schon viele verschiedene Schritte gemacht, um dorthin zu kommen, wo er jetzt steht: Stolperschritte, schnelle Schritte, Dauerläufe. Jetzt kommen die entscheidenden Schritte. Der Vorsprung auf das Niedersachen-Duo auf den Plätzen zwei und drei beträgt jetzt drei Punkte, den Eisernen auf Platz vier ist man nun schon auf sechs Punkte enteilt. Kein Grund, in sorglose Euphorie zu verfallen, aber Grund genug, um mit einem gesunden Selbstbewusstsein auf den Rängen und auf dem Platz nach Nürnberg und Würzburz zu fahren und zu Hause Aue und Würzburg entgegen zu treten.
Kommt mit!
Und an Union Berlin und seine Fans gerichtet, wiederhole ich meine Bitte vom Hinspiel:
Lieber @fcunion, könnt ihr bitte einfach mit aufsteigen, damit ich nächste Saison nochmal zu Euch fahren kann? #fcuVfB
— Lennart Sauerwald (@l_sauerwald) November 20, 2016
Auch wenn das mit dem Ergebnis vom Montag etwas schwieriger wird und eine Zweitliga-Meisterschaft und der direkte Aufstieg des VfB bei mir natürlich Priorität genießt: Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich mir Union auf Platz zwei wünschen, das von seinen Fans gestern noch weit nach Schlußpfiff gefeiert wurde und damit sowohl auswärts als auch daheim einen positiveren Eindruck hinterlassen hat, als viele andere Vereine und Fanszenen.