Beim 3:1‑Heimsieg gegen den VfL Wolfsburg machten die VfB-Spieler zum ersten Mal seit langem und entgegen aller — auch meiner — Erwartungen wieder sehr viel richtig und brachten die Zwei-Tore-Vorsprung dank eines Kraftakts sogar in Unterzahl über die Zeit. Am Tag danach wurde weit weniger überraschend Jürgen Kramny zum Cheftrainer ernannt. Was bedeutet dieses Spiel für die Rückrunde des VfB?
Zunächt einmal muss ich an dieser Stelle natürlich Abbitte leisten. Ich hätte der Mannschaft gerade nach den Spielen gegen Braunschweig und in Mainz eine solche Leistung nicht zugetraut. An diesem Tag funktionierte so ziemlich alles: Daniel Didavis Distanzschuss ging diesmal nicht am Tor vorbei, sondern genau in den Winkel. Auch das 2:1 und 3:1 wurden schön herausgespielt mit einem Konterspiel, wie wir es uns schon die ganze Saison über von den Jungs im Brustring erhoffen. Dass sie technisch dazu in der Lage sind, ein solches Spiel aufzuziehen, hat die Endphase der vergangenen Saison bewiesen. In diesem Spiel lief endlich mal alles so zusammen, dass am Ende dabei auch drei Punkte herauskamen.
Starke Defensive sichert verdienten Sieg
Nicht unwesentlich Anteil daran hatte auch das Defensivspiel des VfB. Sowohl vor wie auch nach dem Platzverweis wurde so gut wie jeder Ball im Strafraum abgeblockt oder abgelaufen. Die einzige Ausnahme bildete der Führungstreffer der Gäste, als die VfB-Abwehr wie beim Freizeitkick im Fünfer geschlossen auf den Ball los ging, während dieser zum freistehenden Wolfsburger abgelegt wurde. Alles in allem zeigten Niedermeier und Sunjic bis zu seinem Platzverweis aber eine engagierte Leistung, an die sich auch Timo Baumgartl anschloss.
Viel wichtiger als das spielerische Element war aber der emotionale Aspekt dieses Spiels. Weder fiel die Mannschaft nach dem frühen Rückstand auseinander, noch kippte sie nach dem Platzverweis in Unterzahl um, sondern brachte die Führung gegen einen zweifellos besser besetzten Gegner über die Zeit und dass sogar, ohne ein weiteres Gegentor zu kassieren. Es war der erste Sieg in dieser Saison bei dem man nicht das Gefühl hatte, man habe die drei Punkte geschenkt bekommen. Die Pokalsiege gegen Kiel, Jena und Braunschweig hatten den Beigeschmack, dass man es jeweils mit einem Dritt- Viert- und Zweitligisten zu tun hatte und auch bei den Erfolgen gegen Hannover, Ingolstadt und Darmstadt hatte man nicht das Gefühl, der VfB sei die bessere Mannschaft oder habe sich den Erfolg durch seine Spielweise erarbeitet. Nicht so am Samstagabend, als man sich in der Cannstatter Kurve endlich mal uneingeschränkt über einen VfB-Sieg freuen konnte, zumindest wenn man die Tabellensituation außer acht ließ. Dennoch ein geiles Gefühl, was man so seit Mai dieses Jahres nicht mehr verspürt hatte. Alles in allem also ein hochemotionaler Abschluss einer gruseligen Hinrunde.
Eine emotionale Entscheidung
Und weil Fußball nunmal auch ein Zirkus der Emotionen ist, wurde am Sonntag mittag dann Jürgen Kramny vom Interims- zum Cheftrainer befördert, mit einem Vertrag bis 2017. Robin Dutt verwies gleich darauf, dass jetzt weniger die Spielkonzeption als vielmehr der Klassenerhalt im Vordergrung stehe, altbekannte Worte.
Nun kann man sicherlich nicht abstreiten, dass der VfB endlich aufgehört hat, pro Spiel vier Gegentore zu kassieren. Aufgrund der defensiven, konterlastigen Spielweise mit nur einem Stürmer ist dies mit Sicherheit auch Jürgen Kramny zuzurechnen. Alles in allem ist seine Beförderung also aus emotionaler Sicht nachvollziehbar. Man fragt sich natürlich, warum Andre Schubert in Mönchengladbach erst eine Siegesserie hinlegen musste, um befördert zu werden, aber Winterpausen eignen sich einfach zu gut für Zäsuren und Neubeginne. Dachte sich auch Michael Frontzeck heute.
Konterspiel alleine reicht nicht
Ob es das wirklich ist, bleibt aber für mich noch offen. Wer weiß, vielleicht war der späte Siegtreffer gegen Braunschweig wirklich so etwas wie eine Initialzündung für die Mannschaft, die das Feuer der Leidenschaft und vor allem der Konzentration wieder entfachte. Die Art und Weise, wie der amtierende Vizemeister und Pokalsieger besiegt wurde, spräche dafür. Auf der anderen Seite erinnert Kramnys Spielweise in vielerlei Hinsicht an Huub Stevens. Hinten sicher stehen, vorne hilft der liebe Gott. Das mag gegen Wolfsburg gut gehen, die nicht nur unerklärlicherweise notorisch auswärtsschwach sind, sondern dem VfB auch die Räume zum Kontern boten. Das klappte vor allem auch deshalb, weil der VfB drei seiner insgesamt neun Torchancen nutzte, ein Verhältnis, welches wahrscheinlich einen Saisonhöchst- und Tiefstwert miteinander vereint.
Die Klasse hält man aber nicht durch aufsehenerregende Siege gegen Spitzenmannschaften, sondern indem man gegen den Rest der Liga punktet, vor allem gegen direkte Konkurrenten. Und hier könnte sich für den VfB in der Rückrunde ein altbekanntes Problem auftun: Wie agiert man gegen Mannschaften, die einem nicht die Räume zum Kontern bieten? Die sich hinten reinstellen und es dem VfB überlassen, das Spiel zu machen? Mit nur einem Stürmer, der auch am Samstag viel zu selten durch aufrückende Mitspieler unterstützt wird, ist da nicht viel zu machen.
Was passiert bis Ende Januar?
Klar ist, dass die Mannschaft in der Winterpause verstärkt werden muss. Sollte sich noch ein gestandener Führungsspieler für die Abwehr finden lassen — was schwer genug wird — und sollten Daniel Ginczek und Martin Harnik bis Ende Januar nicht nur wieder fit, sondern vor allem in Form sein, könnte das Konzept von Kramny in der Rückrunde zumindest soweit aufgehen, dass es für den Klassenerhalt reicht. Natürlich muss zu diesen personellen Verstärkungen auch endlich die Lethargie und Unkonzentriertheit abgestellt werden, die der Mannschaft in den letzten Jahren viele Punkte raubte. Es muss also schon einiges zusammenkommen, damit Kramny nicht nur das Ende der Hinrunde, sondern auch das Saisonende als VfB-Trainer erlebt.
Kurz vor Weihnachten ist es sicherlich noch zu früh für Prognosen für die Rückrunde und für eine abschließende Beurteilung Kramnys. Hoffen wir, dass sich beim VfB keiner vom Wolfsburg-Spiel blenden lässt, sondern es als das nimmt, was es war: Ein erster Schritt Richtung Ziellinie, dem sich bis zum Saisonende ein anstrengender Marathon anschließt.
Die Aspekte des Wollens
Da hat man doch mal wieder gesehen, was das Wollen so ausmacht, damit kann man doch glatt Fussball-Spiele gewinnen. Da rennt ein Gentner in einer lange nicht gesehenen Geschwindigkeit in den gegnerischen Strafraum, schneller als sein Gegenspieler und verwirrt damit die Abwehrspieler so, dass der Ball durchflutscht bis zu Kostic, der doch tatsächlich auch mitgerannt ist. Da schiesst ein Didavi doch tatsächlich mehrfach wieder ernsthaft aufs Tor, die WOLLTEN doch tatsächlich alle Tore schiessen.
Aber mal ernsthaft:
WOLLTEN die Wolfsburger wirklich das Spiel gewinnen? Haben die im Mittelfeld und hinten nicht exakt so engagiert und leidenschaftlich agiert wie die “VfB-Profis” gegen Augsburg?
WOLLTE Gentner wirklich für uns alle das Spiel aus dem Feuer reissen?
WOLLTE Kostic das auch?
Und was WOLLTE Didavi?
Ich glaube ja sogar daran, dass Gentner wirklich WILL und seine Motivation nicht aus seiner Vergangenheit zog, ja, das glaube ich wirklich.
Aber leider glaube ich auch, dass Didavi und Kostic sich im letzten Spiel vor der Winterpause nur noch einmal von ihrer guten Seite präsentieren WOLLTEN und das nicht für uns, sondern für die Kauf-Interessenten.
Und irgendwie festigt sich die Gewissheit, dass sich in diesem Spiel ausnahmsweise mal die negativen Punkte positiv für den VfB zusammengefügt haben, dass das aber die Ausnahme bleiben wird.
Die Abwanderungswilligen, die nun doch nicht gehen durften, werden sich nicht mehr präsentieren WOLLEN, Gentner wird sporadisch weiterspurten, aber meist zu spät kommen und hinten werden wir nach wie vor gegen Gegner, die wirklich Tore schiessen WOLLEN, meist nicht mehr als ein “hat sich bemüht” als Zeugnis ausstellen können.
Ich WILL mich irren, ich WILL nicht Recht haben, aber interessiert es denn wirklich, was ich WILL?
Vielleicht, ja vielleicht WOLLEN mir die “Profis” ja das Gegenteil beweisen, was würde ich mich freuen.
Aber eigentlich WOLLTE Dutt ja auch Abwehrspieler verpflichten ..
Hi,
was die Spieler wollen oder nicht ist mir in den letzten Jahren oft schleierhaft gewesen. Wir haben es ja auch schon in der letzten Podcast-Folge besprochen: Der Wille fehlt nicht komplett, aber er ist manchmal nicht ausreichend groß.