Der VfB schließt die bisher erfolgreiche englische Woche mit einem Auswärtsspiel beim VfL Bochum ab. Wir haben mit VfL-Experte Philipp Rentsch (@p_rentsch) vom Fußballmagazin Westline über den Verein von der Castroper Straße, dessen aktuelle Saison, den 12. Mai 2007 und das Spiel am Freitagabend gesprochen.
Rund um den Brustring: Hallo Philipp, vielen Dank, dass Du Dir Zeit für unsere Fragen genommen hast. Du schreibst für westline.de über den VfL Bochum. Erzähl uns doch bitte was über Dich, westline.de und Dein Verhältnis zum VfL Bochum.
Philipp: Als gebürtiger Bochumer verfolge ich den Verein schon etwas länger. Als Reporter hat alles mit einer Kolumne angefangen, damals noch als Schüler, aber bereits für westline. Danach hat sich immer mehr entwickelt und ich bin in die tagesaktuelle Berichterstattung eingestiegen. Als Reporter hat sich der Blickwinkel verändert. Die emotionale Distanz ist größer geworden, trotzdem bin ich näher dran. Wer sich umfassend über den VfL informieren möchte, kommt um westline nicht mehr herum. So selbstbewusst kann man mittlerweile sein.
Rund um den Brustring: Der VfL hatte letztes Jahr nach einer längeren Durststrecke und zweistelligen Tabellenplatzierungen wieder eine gute Saison und landete auf Platz 5. War das Deiner Meinung nach ein Ausrutscher nach oben oder der Beginn eines Aufwärtstrends?
Philipp: Der VfL möchte wieder nach oben blicken – das ist sowohl die interne Vorgabe als auch der Wunsch der Fans. Im Sommer hat es einen unerwartet großen Umbruch gegeben, vor allem in der Offensive. Jetzt muss man sehen, ob der VfL das Niveau zunächst halten und dann auch noch steigern kann.
Rund um den Brustring: Nach der Niederlage in Düsseldorf am Dienstag steht der VfL mit jeweils zwei Siegen, Unentschieden und Niederlagen im Mittelfeld der Tabelle. Wie bewertest Du den Saisonauftakt und was traust Du der Mannschaft dieses Jahr zu?
Philipp: Der Saisonstart war durchwachsen. Die Heimspiele waren gut, die Auswärtsauftritte enttäuschend. Die Richtung ist noch nicht so ganz klar, das spüren auch die Fans. In dieser Liga ist vieles möglich, auch in diesem Jahr wird es wieder Überraschungen geben – oben wie unten. Der VfL Bochum sollte mindestens in der oberen Tabellenhälfte bleiben. An den Aufstieg denke ich aktuell weniger.
Rund um den Brustring: Viele VfB-Fans verbinden mit dem Bochumer Ruhrstadion noch den 12. Mai 2007, als der VfB am 33. Spieltag mit einem 3:2 in Bochum die Tabellenführung übernahm. Welche Erinnerungen hast Du noch an dieses Spiel?
Philipp: Ich war als normaler Zuschauer im Stadion und erinnere mich an eine sehr positive Stimmung. Für den VfL war der Klassenerhalt sicher, Stuttgart stürmte in Richtung Meisterschaft. Vielen VfL-Fans war es wichtig, dass Schalke nicht Meister wird. Rückblickend muss man auch sagen: Der VfL hat in diesem Spiel die Chance verspielt, in den damaligen UI-Cup einzuziehen. Seither war keine Spielzeit mehr so erfolgreich wie diese.
Rund um den Brustring: Im Kader des VfL Bochum stehen mehrere Spieler mit VfB-Vergangenheit. Stefano Celozzi war beim VfB auch aufgrund seiner Karlsruher Vergangenheit nicht gut gelitten. Auch Tim Hoogland hat in dem halben Jahr, in dem er zu uns ausgeliehen war, keine Bäume ausgerissen. Kevin Stöger und Alexander Merkel hingegen haben in der Jugend bzw. der zweiten Mannschaft für den VfB gespielt. Wie machen sich die vier an der Castroper Straße?
Philipp: Stefano Celozzi ist seit 2014 hier und nicht mehr aus der Startformation wegzudenken. Bei Kevin Stöger muss ich zugeben, dass ich anfangs etwas skeptisch war, als Gertjan Verbeek ihn konsequent auf der linken Außenbahn eingesetzt hat. Aber er hat sich wirklich von Spiel zu Spiel gesteigert und gefiel mir zuletzt ziemlich gut. Verbeek ist vielleicht der optimale Trainer für ihn, weil er Spieler weiterentwickelt und ihr Potenzial wecken kann.
Tim Hoogland ist ebenfalls eine wichtige Stütze, aktuell aber verletzt. Zu Alexander Merkel kann ich noch nicht allzu viel sagen, er ist erst seit kurzem in Bochum. Sein Potenzial hat er aber bereits angedeutet.
Rund um den Brustring: Gleichzeitig hat der VfB auch einen Spieler mit VfL-Vergangenheit auf dem Platz stehen: Simon Terodde. Bisher hat er noch nicht ganz die Erwartungen erfüllt, die an einen Torschützenkönig gestellt werden. Wie wurde der Wechsel von Terodde in Bochum aufgenommen? Hat man ihn einigermaßen adäquat ersetzen können? Und welches Spielsystem braucht Terodde, um voll aufzublühen?
Philipp: Setzt ihn nicht so sehr unter Druck. Simon Terodde ist ein sehr ehrgeiziger Spieler, menschlich astrein und jemand, der seine eigenen Leistungen genau reflektiert. Jeder hier hat seinen Abgang bedauert. Ihn adäquat zu ersetzen, ist kaum möglich, das müssen mehrere Spieler auffangen. Simon Terodde war und ist das Thema des Sommers. Gut, dass jetzt der Herbst kommt…
Rund um den Brustring: Was sind die Stärken des VfL in dieser Saison? Vor wem müssen wir uns am Freitag in Acht nehmen?
Philipp: Das technische Niveau der neuen Mannschaft ist grundsätzlich höher anzusiedeln als vorher, dafür müssen die Spieler noch gieriger und deutlich unangenehmer für ihre Gegner werden. Ich sehe noch zu viele Mitläufer. Die offensive Spielidee von Gertjan Verbeek kann helfen, das zu überdecken. Es kann ein Vorteil sein, dass der VfL Bochum nicht abwartend spielt, sondern selbst die Initiative ergreift. Die VfB-Abwehr ist verwundbar.
Rund um den Brustring: Und wo siehst Du die Schwächen des VfL? Wie kann der VfB das Spiel gewinnen?
Philipp: Der VfB Stuttgart verfügt über eine sehr gute Zweitligamannschaft und ist damit automatisch ein schwieriger Gegner. Der VfL Bochum hat zuletzt 15 Pflichtspiele hintereinander nicht mehr zu Null gespielt. Aktuell fehlt die Konstanz, es schleichen sich zu viele unnötige Nachlässigkeiten in das Bochumer Spiel.
Rund um den Brustring: Der Saisonstart des VfB war sehr turbulent, mittlerweile sind wir langsam in der Spur. Was traust Du dem VfB in dieser Saison zu?
Philipp: Ich habe Stuttgart live in Düsseldorf gesehen und war etwas überrascht und enttäuscht. Aber das war der zweite Spieltag. Ansonsten ist das Ziel doch klar. Aber der Erfolg ist nicht kalkulierbar. Der VfB wird sich steigern müssen, um tatsächlich aufzusteigen. Das traue ich ihm absolut zu. Neben Hannover ist Stuttgart der große Favorit.
Rund um den Brustring: Was kann man in Bochum denn noch so unternehmen und besichtigen, wenn man nach dem Freitagsspiel noch dort bleiben möchte?
Philipp: Also ein Abstecher ins Bermuda-Dreieck ist quasi Pflicht. Das ist das Kneipenviertel und dort gibt es auch die legendäre Currywurst und ein kühles Fiege-Bier. Da das Stadion sehr zentral liegt, lässt sich vieles zu Fuß erledigen. Alle Highlights liegen in Stadionnähe: Das Musical Starlight-Express, das Bergbaumuseum, das Planetarium oder der riesige Stadtpark. Aber benehmt euch! Neben dem Stadion liegt direkt der Knast (lacht).
Rund um den Brustring: Dein Tipp fürs Spiel?
Philipp: Wir hatten hier in der letzten Woche ein verrücktes 5:4 gegen Nürnberg. Ich hätte nichts gegen eine Wiederholung… (schmunzelt)
Rund um den Brustring: Vielen Dank für das Gespräch!
Foto: Philipp Rentsch