10 Fragen an Werder-Fans

Der VfB auf Mal­le, Abmah­nun­gen für Blog­ger, Montagsspiel-Debatte…da hät­ten wir fast das bei Aus­wärts­spie­len fast schon obli­ga­to­ri­sche Geg­ner-Inter­view ver­ges­sen. Zum Glück war der Wer­der Bre­men-Blog Vert et Blanc so fle­xi­bel, uns am Frei­tag noch ein paar Fra­gen aus Bre­mer Sicht zum Abstiegs­du­ell am Mon­tag zu beant­wor­ten.

Lei­der fehl­te den Bre­mern auf­grund unse­rer kurz­fris­ti­gen Anfra­ge die Zeit, um alle Fra­gen aus­führ­lich zu beant­wor­ten, aber auch die 10 Fra­gen und Ant­wor­ten, die wir bekom­men haben, sind sehr lesens­wert.

Rund um den Brust­ring: Hal­lo Vert et Blanc, vie­len Dank, dass Ihr Euch die Zeit genom­men habt. Erzählt doch mal kurz was über Euch. Wie seid ihr dazu gekom­men, über den SV Wer­der zu blog­gen und wo lie­gen Eure Schwer­punk­te?

Vert et Blanc: Drei Men­schen, drei Geschich­ten – die aber auf einen gemein­sa­men Nen­ner zu brin­gen sind: Man sym­pa­thi­siert ja bereits in der Schul­zeit mit dem einen oder ande­ren Ver­ein. In den frü­hen Neun­zi­gern war das bei uns geo­gra­phisch halt Wer­der Bre­men, damals unter Otto Reh­ha­gel.

Mit dem Schrei­ben eige­ner Tex­te haben wir vor vier, fünf Jah­ren begon­nen – als die Din­ge in Bre­men kom­pli­ziert waren, kri­tisch sogar. »The­ra­peu­ti­sches Blog­gen« nann­ten wir das damals… Wir hat­ten kei­ne Ahnung, wie und wo das alles enden wür­de – weder für den Ver­ein noch für unser völ­lig unbe­kann­tes Blog. Wir ver­spür­ten nur den plötz­li­chen Impuls irgend­et­was zu tun. Das tun wir seit­dem in unre­gel­mä­ßi­gen Abstän­den. Neben dem grün-wei­ßen Kern­ge­schäft immer auch ger­ne mal mit einem Blick über den Tel­ler­rand: über Musik und Sub­kul­tur, The­men der akti­ven Fan­sze­ne oder halt den viel­ge­schol­te­nen »Moder­nen Fuß­ball«.

Rund um den Brust­ring: Ihr seid Wer­der-Fans, kommt aber aus Ham­burg. Wie ist es dazu gekom­men? Und wie groß ist die grün-wei­ße Dia­spo­ra an der Elbe?

Vert et Blanc: Aus unter­schied­li­chen Grün­den hat es uns hier­her ver­schla­gen, unter uns: Ham­burg ist ja auch ein ganz hüb­sches Städt­chen. Aber fuß­bal­le­risch gab es eben immer eine Ver­bin­dung nach Bre­men. Und da sind wir bei­lei­be nicht allei­ne: Ham­burg ist voll mit Men­schen, die es mit Wer­der hal­ten – wir wer­ten das als Indiz für Geschmack und Stil.

Rund um den Brust­ring: Woher kommt die Begeis­te­rung für Johan Micoud? Euer Blog hat ja schon einen rela­tiv star­ken fran­zö­si­schen Ein­schlag?

Vert et Blanc: Johan Micoud ist ein Künst­ler, eine Ästhet, ein Meis­ter sei­nes Fachs. Er ist eine Legen­de in Bre­men und für vie­le Wer­der­aner untrenn­bar mit der gol­de­nen Mann­schaft von 2004 ver­bun­den, Wer­ders Dou­ble­jahr. Die damals ihrer Zeit vor­aus war, das spiel­te, was man spä­ter One-Touch-Fuß­ball nen­nen soll­te. Und Dreh- und Angel­punkt die­ses Stils war der fran­zö­si­sche Regis­seur, Johan Micoud.

micoud-1
Bei Vert et Blanc hoch im Kurs: Johan Micoud. Bild: © vert-et-blanc.net

Wir leh­nen uns wahr­schein­lich nicht zu weit aus dem Fens­ter wenn wir behaup­ten, dass neun von zehn Fans sagen wür­den, dass er der größ­te Fuß­bal­ler war, der jemals ein Wer­der­tri­kot trug. Micoud, »Hey Jude«-Gesänge, Gän­se­haut!

Rund um den Brust­ring: Der SV Wer­der hat in den letz­ten Jah­ren eine ähn­li­che Ent­wick­lung genom­men wie der VfB. Kämpf­te man vor knapp zehn Jah­ren noch gegen­ein­an­der um die Meis­ter­scha­le, ist das Spiel am Mon­tag nun ein Abstiegs­end­spiel. Was sind in Bre­men die Grün­de für die­sen Sink­flug?

Vert et Blanc: It’s grim up North! Da könn­ten wir nun vie­le Stun­den lang unser Leid kla­gen. Wir machen es kurz: Wer­der konn­te sich nicht mehr für euro­päi­sche Wett­be­wer­be qua­li­fi­zie­ren und damit ver­schob sich das Gehalts­ge­fü­ge des Clubs: Der Ver­ein konn­te die Löh­ne der erfolg­rei­chen Jah­re nicht mehr auf­brin­gen. Zusätz­li­che Mehr­be­las­tun­gen ent­stan­den durch den Aus­bau des Weser­sta­di­ons, der sich als kost­spie­li­ger her­aus­stell­te als anfangs ange­nom­men. Der Ver­ein muss­te sich einem radi­ka­len Umbruch stel­len, der sich häu­fig genug wie ein Teu­fels­kreis anfühl­te: der man­geln­de Erfolg zog finan­zi­el­le Schwie­rig­kei­ten nach sich, die­se zwan­gen die sport­li­che Lei­tung zum Ver­kauf ihrer Leis­tungs­trä­ger, dem so dezi­mier­ten Kader gelang es nicht auf dem Niveau zu spie­len an das man sich in Bre­men nach der erfolg­rei­chen Sai­son von 03/04 gewöhnt hat­te – und all das führ­te zu neu­en finan­zi­el­len Defi­zi­ten. Wer­der sieht sich seit­dem immer wie­der mit der Gefahr des Abstiegs aus der ers­ten Liga kon­fron­tiert – heu­te mehr denn je! – als ein Club, der ein paar Jah­re zuvor noch in der Cham­pi­ons League spiel­te. Wir alle, die Ver­eins­füh­rung, Spie­ler und (nicht zuletzt) die Fans muss­ten müh­sam eine neue Art der Beschei­den­heit erler­nen, was am Anfang schwer zu ver­ste­hen und eben­so schwer zu ver­mit­teln war.

Rund um den Brust­ring: Dank der DFL und Sky fin­det die­ses Spiel nicht am Wochen­en­de, son­dern am Mon­tag statt. Die VfB-Fan­sze­ne boy­kot­tiert das Spiel fast geschlos­sen. Wie ist die Stim­mung in Bre­men zu die­sem The­ma, gibt es auch von Bre­mer Sei­te einen Mon­tags­boy­kott?

Vert et Blanc: Ver­ständ­li­cher­wei­se! Von Stutt­gart nach Bre­men an einem Mon­tag­abend – wie soll das mög­lich sein? Die Anset­zung der Par­tie ist eine Frech­heit und ein Schlag ins Gesicht jedes akti­ven Fuß­ball­fans. Meh­re­re Bre­mer Ultrà-Grup­pen haben sich in einem gemein­sa­men Auf­ruf mit dem Boy­kott soli­da­ri­siert, auch wir schlie­ßen uns die­sem Auf­ruf an.

Zumal der Ter­min zur Unzeit kommt: Wer­der braucht unbe­ding­ten Sup­port die­ser Tage mehr denn je. Wir respek­tie­ren daher auch, wenn Anhänger_innen zu einem ande­ren Ent­schluss kom­men und der Mann­schaft im Abstiegs­kampf bei­ste­hen wol­len. Es ist und bleibt eine Zwick­müh­le, ein Dilem­ma. Weil zwei wich­ti­ge Zie­le mit­ein­an­der kol­li­die­ren: das kurz- und mit­tel­fris­ti­ge Ziel des Klas­sen­er­halts mit dem hier­für nöti­gen unbe­ding­ten Sup­port für die Mann­schaft im der­zei­ti­gen Abstiegs­kampf und das mit­tel- und lang­fris­ti­ge Ziel eben sol­chen Sup­port auch zukünf­tig gewähr­leis­ten zu kön­nen. Die Ant­wort auf das Dilem­ma muss Jede_r für sich fin­den…

Rund um den Brust­ring: Der VfB war die­se Woche im Kurz­trai­nings­la­ger auf Mal­lor­ca, um sich aufs Spiel vor­zu­be­rei­ten, was auf Twit­ter zu reich­lich Häme  unter #VfBal­ler­mann­Hits geführt hat. Beim SV Wer­der wur­de heu­te bekannt gege­ben, dass Cle­mens Fritz noch ein Jahr dran­hängt, gefühlt ist die Stim­mung bei Euch ein wenig bes­ser. Wie blickt die Wer­der-Fan­sze­ne aus sport­li­cher Sicht auf das Duell?

Vert et Blanc: Wer­der fährt nach Ver­den. Auch schön. Sport­lich ist das ja Not gegen Elend – wobei man ja sagen muss, dass es erschre­ckend ist wie wenig Stutt­gart in der lau­fen­den Sai­son aus sei­nem Kader gemacht hat. Ihr hört das ver­mut­lich viel zu häu­fig und könnt es viel­leicht auch schon gar nicht mehr hören – aber nomi­nell ist der Kader des VfB dem Wer­ders ein­deu­tig über­le­gen. Jetzt, im fina­len Kapi­tel des Abstiegs­kamp­fes, spie­len natür­lich zig Aspek­te eine Rol­le: Team­geist, geis­ti­ge und kör­per­li­che Kon­sti­tu­ti­on, die Fans… – und nicht zuletzt das, was man »Momen­tum« nennt. Also all das, was man nicht wirk­lich grei­fen kann und doch irgend­wie beschrei­ben will. Unser Momen­tum ist ’ne Ach­ter­bahn. Wie wür­det Ihr das bei Euch ein­schät­zen?

[Anm. der Redak­ti­on: Nun ja, unser Momen­tum zeigt grad nicht unbe­dingt nach oben]

Rund um den Brust­ring: Wie kann Wer­der am Mon­tag die Ober­hand behal­ten? Vor wem muss sich der VfB in Acht neh­men?

Vert et Blanc: Der Auf­tritt gegen Wolfs­burg hat Mut gemacht, auch im Pokal­spiel in Mün­chen sah Wer­der nicht schlecht aus. Eine geord­ne­te Defen­si­ve und schnel­les Kon­ter­spiel, damit könn­te was zu holen sein. Das ist die Spiel­idee, die Vik­tor Skrip­nik ver­folgt. Theo­rie und Pra­xis klaf­fen da zumeist noch weit aus­ein­an­der, aber gegen den VfB gilt’s, nichts für ungut: Clau­dio Pizar­ro schenkt Euch ein zei­ti­ges Gegen­tor ein und Cle­mens Fritz zeit­nah ein zwei­tes (zur Fei­er sei­ner neu­er­li­chen Ver­trags­ver­län­ge­rung).

Rund um den Brust­ring: Gesetzt den Fall, der SV Wer­der hält die Klas­se. Wie seht Ihr die Chan­cen, dass es nächs­tes Jahr wie­der auf­wärts geht?

Vert et Blanc: Über die nächs­te Sai­son mögen wir aktu­ell noch gar nicht nach­den­ken. Da kön­nen wir dann bei­zei­ten noch mal spre­chen – das kom­men­de Spiel ist aber auf jeden Fall ein wei­chen­stel­len­des Spiel für unse­ren Ver­ein.

Rund um den Brust­ring: Gesetzt den Fall, der VfB und Wer­der spie­len nächs­tes Jahr in der glei­chen Liga und das Spiel fin­det an einem Wochen­en­de statt: Was hat Bre­men denn außer dem Weser­sta­di­on für Gäs­te­fans noch so zu bie­ten?

Vert et Blanc: Neben dem extrem unbe­hag­li­chen Gäs­te­block? Eini­ges, tat­säch­lich. Weil das Weser­sta­di­on im unmit­tel­ba­rer Nähe des Vier­tels gele­gen ist ’ne Men­ge net­ter Knei­pen und Fal­a­fel-Läden. Die Oster­deich­wie­sen an der Weser… – aber das guckt Ihr Euch am bes­ten tat­säch­lich alles mal live und in Far­be an. Wenn es die Tabel­le will, in der kom­men­den Sai­son. Wir sind dabei!

Rund um den Brust­ring: Euer Tipp fürs Spiel?

2:1 Wer­der (Sor­ry Felix!)

Rund um den Brust­ring: Vie­len Dank für das Gespräch!

Schreibe einen Kommentar