Die Heimpremiere steht an und der VfB möchte gegen Mainz 05 den Schwung aus den Pokalspiel mitnehmen. Wie es bei den Mainzern aussieht beantworten uns die Mainz 05-Fans Jessica sowie Felicitas vom Mainz 05 Fan-Podcast “Die Hinterhofsänger”.
Rund um den Brustring: Mit welchen Gefühl geht man in die neue Saison? Wird es dieses Jahr wieder knapp für die Mainzer oder wird der Klassenerhalt dieses Mal früher erreicht werden?
Jessica: Vor wenigen Wochen als der Abgang von Brajan Gruda noch nicht fest stand, träumte man davon mal wieder Richtung Europa schielen zu können. Nun ist er aber weg und die Qualität natürlich gesunken, da er mit seinen Qualitäten im Dribbling ein X‑Faktor war, den man vorher nie hatte. Dennoch sind die Vorzeichen positiver als in anderen Jahren, auch weil man mit Nadiem Amiri einen wichtigen Baustein mal langfristig an sich binden konnte. Eine Saison im gesicherten Mittelfeld ist realistisch.
Felicitas: Während Christian Heidel wie gewohnt den Klassenerhalt als Saisonziel ausgerufen hat, spricht Nadiem Amiri, den man als Führungsspieler fest verpflichten konnte, von größeren Ambitionen. Zwar hat Mainz mit Sepp van den Berg, Leandro Barreiro und Brajan Gruda wichtige Leistungsträger des Saisonendspurts abgeben müssen, die Mannschaft der 05er darf aber in dieser Saison auf mehr als Abstiegkampf und Klassenerhalt hoffen. Der Kader konnte bereits zeigen, dass beispielsweise mit jungen Talenten wie Paul Nebel oder Nelson Weiper mehr möglich ist, ob der Kader aber in der Breite für die Saison gerüstet ist, wird sich zeigen müssen.
Was hat sich über den Sommer in Mainz verändert? Wer ist gekommen und wer ist gegangen?
Jessica: Mit Leandro Barreiro, Brajan Gruda und Sepp van den Berg hat quasi eine komplette Achse über alle 3 Positionsgruppen den Verein verlassen. Diese gleichwertig zu ersetzen ist kurzfristig illusorisch. Zumal ein Barreiro auch als Persönlichkeit eine wichtige Rolle einnahm. Geholt wurden Armindo Sieb aus Fürth, Hong Hyun-Seok von KAA Gent, Moritz Jenz aus Wolfsburg, Nikolas Veratschnig aus Wolfsberg – nicht ebenfalls Wolfsburg. Ein gefühlter Neuzugang ist auch Paul Nebel, der in den vergangenen beiden Jahren an den Karlsruher SC ausgeliehen war und sich zu einem Topspieler der 2. Bundesliga entwickelt hat. Dazu kam der umstrittene Kaishu Sano, der Teile der Vorbereitung verpasste, da er zeitweilig von der japanischen Polizei wegen des Verdachts eines sexuellen Übergriffs in Gewahrsam war. Vermutlich wird auch Gabriel Vidovic zum Zeitpunkt der Veröffentlichung unterschrieben haben.
Felicitas: Nadiem Amiri muss man eigentlich noch als Neuzugang bezeichnen. Er wurde zu dieser Saison mit einem Vertrag bis 2028 ausgestattet. Um ihn herum wird der Kader der 05er neu formiert. Heute, fast mit Ende des Deadline Days, hat Mainz 05 immer noch eine kleine, aber im Vergleich zur letzten Saison spielstärkere Mannschaft, was auf Henriksens Pläne, das eigene Spiel zu stärken, zurückzuführen ist, da er den bekannten Mainzer Umschaltfußball weiterentwickeln möchte. Beispielhaft können dafür die Verpflichtungen von Kaishu Sano, NLZ-Rückkehrer Paul Nebel, Jenz aus Wolfsburg, Hyunseok Hong und Gabi Vidovic herangezogen werden. Aber Tempospieler wie Veratschnik und Armindo Sieb zeigen, dass man in Mainz auf den eigenen Stärken aufbauen möchte.
Mainz 05 zählt seit dem Wiederaufstieg 2009 zum festen Bestandteil der Bundesliga. Ist es immer noch was Besonderes für die Mainzer im Oberhaus mitzuspielen oder ist es mittlerweile selbstverständlich?
Jessica: Ich denke die vergangene Rückrunde hat mal wieder aufgerüttelt und allen klargemacht, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, wenn Mainz so lange dauerhaft dabei ist. Viele Anhänger werden da glaube ich schnell eingelullt, wenn man eine Saison ohne nennenswerte Abstiegsangst spielt, da es über viele Jahre als Mainz-Fan dazu gehörte, keine Ruhe zu haben. Man hatte die vielen Jahre mit Aufstiegskämpfen, man hatte viele fast schon historische Rettungen, bei denen man zur Winterpause längst abgeschrieben war. Die Mainzer Fan DNA braucht in gewissen Abständen diesen Stress, diesen Überlebenskampf unterbewusst. Das hat die letzte Saison gezeigt.
Felicitas: Unser Traum lebt, ist immer noch die oberste Prämisse des Vereins. Angesichts der finanziellen Mittel kann davon im Ligavergleich auch immer noch ausgegangen werden, aber es wäre falsch zu behaupten, dass nicht auch hier schon lange der Bundesligaalltag eingezogen wäre. Angesichts des extrem erfolgreichen Mainzer Nachwuchs und Spielern mit Ambitionen, wie Nadiem Amiri, schielt der ein oder andere Mainzer vorsichtig nach oben.
Zum Saisonstart holte man einen Punkt gegen Bo Svensson und Union Berlin. Ist man zufrieden mit dem Ergebnis?
Jessica: Vom Spiel her war es so ein klassisches „leistungsgerechtes“ Ergebnis, aber auf einen Sieg hatte man doch schon gehofft. Leider hat man sich nach dem 1:0 wieder zu schnell einlullen lassen. Dazu hat man gemerkt, dass ohne Gruda da vorne ein spielstarkes Element fehlte, jemand der das Eins gegen Eins sucht. Daher gab es zu viele lange Bälle und Burkardt hing zu sehr ohne Support in der Luft.
Felicitas: Das Spiel hätten wir gewinnen müssen. Allerdings wurde in diesem Spiel die mangelnde Breite im Kader vor Schluss des Transferfensters noch einmal deutlich und hat unter der Woche für einiges an Action gesorgt. Die drei Neuzugänge haben diese Schwäche ausgemerzt. Und im Vergleich zum letzten Saisonstart gehen Union Berlin, (4:1 nach zwei verschossenen Elfmetern) können die Mainzer Fans glücklich sein.
Wie würdet Ihr Euren Fußball beschreiben und was sind die Stärken und Schwächen? Auf welchen Mainz-Profi muss der VfB besonders aufpassen?
Jessica: Auf welchen Mainz-Profi muss der VfB besonders aufpassen? Ohne Gruda ist die Gefahr vorhanden, dass wir wieder auf ein „hoch und weit“ zurückkehren, gerade wenn dann auch ein Onisiwo in der Startelf steht. Aber die Verpflichtungen vor dem Deadline-Day lassen aufhorchen, dass man künftig auch weiterhin Spiele mit spielerischen Lösungen entscheiden möchte. Jenz kann den Spielaufbau aus der Dreier-Reihe in der Abwehr vorantreiben, Hong ist soweit ich es sehe auf allen Mittelfeldpositionen einsetzbar und Vidovic könnte eine Gruda-Rolle einnehmen. Daher bin ich optimistisch, dass man sich weiter vom Svenssonschen Holzfußball entfernt, der vorhersehbarer war als ein deutscher Fernsehfilm. Auch das ist so ein 05-Problem der letzten Jahre gewesen, der zu sehende Fußball war oft unglaublich langweilig.
Felicitas: Mainz lebt in jeder Phasen von seiner hohen Intensität. Das wird sich unter Henriksen auch mit dem Ball am Fuß nicht ändern. Stellt man zusätzlich die individuellen Fehler aus der vergangenen Saison ab, kann es eine lustige Runde werden. Besonders aufpassen müsst ihr auf Nadiem Amiri, ganz klar. In den letzten zwei Spielen wurde deutlich, dass er sich nicht im gleich Maße wie in der abgelaufenen Spielzeit auf den defensiven Rückhalt seiner Position verlassen kann. Mit der Verpflichtung von Jenz könnte diese Schwäche aber ausgemerzt sein.
Zum Schluss: Euer Tipp und Gefühl für das Spiel?
Jessica: Aus den letzten 8 Spielen gegen euch haben wir sagenhafte 2 Punkte geholt. Stuttgart ist nun wirklich nicht der Ort an dem man als Mainz 05 einen Sieg einplant (kleine Anspielung auf euren Ex-Kapitän Gentner…). Ich wäre mit einem Punkt sehr zufrieden. Wir haben noch Stellschrauben an denen wir drehen müssen, ihr ebenfalls. Daher erhoffe ich mir mal, dass wir ein weiteres 1:1 einfahren.
Felicitas: Mainz muss sich noch finden, Freiburg hat am ersten Spieltag gezeigt, was gegen verletzungsgeplagte Stuttgarter zu holen ist. Also ganz klar: Mainz gewinnt auswärts knapp mit 1:2.
Vielen Dank für das Interview und auf ein gutes Spiel.
Titelbild: © Juergen Schwarz/Getty Images