Im DFB-Pokal kehrt der VfB an die Castroper Straße zurück. Wie es beim Bundesliga-Absteiger Bochum läuft, verrät uns VfL-Fan Steffi.
Rund um den Brustring: Hallo Steffi und vielen Dank, dass Du dir Zeit für unsere Fragen nimmst. Ein halbes Jahr nach dem Abstieg des VfL sehen wir uns im Pokal wieder. Wie war deine Stimmungslage im Sommer, nachdem ihr ja bereits in der Vorsaison erst in der Relegation den Klassenerhalt geschafft habt? Was bedeutete der Abstieg für den Verein?
Steffi: Meine Stimmungslage im Sommer war tatsächlich ziemlich im Keller, obwohl ich mich bereits im Saisonverlauf auf den Abstieg vorbereiten konnte, da die gesamte Saison mehr als bescheiden lief. Nach dem Klassenerhalt in der Relegation (gerade bei dem Zustandekommen) war ich total euphorisch und dachte eigentlich, dass wir den positiven Schwung mit in die neue Saison nehmen können. Leider war jedoch das Gegenteil der Fall. Es wurden im Saisonverlauf viel zu viele Fehler gemacht, gerade auch auf der sportlichen Führungsebene. Deshalb war der Abstieg für den gesamten Verein fast ein kompletter Genickbruch, was man ja am Saisonstart in die aktuelle Saison sehen konnte. Gerade finanziell bedeutet dieser Abstieg mal wieder immense Einbußen, die man nur durch gute Arbeit auf allen Ebenen “ausgleichen” kann.
Sportlich sind Spiele in der zweiten Liga bei den Gegnern gar nicht so viel uninteressanter als in der ersten Liga, aber man würde natürlich trotzdem lieber in der Bundesliga spielen, gerade weil man es vier Jahre am Stück zuletzt geschafft hat und man dadurch eigentlich eine gute Chance hatte, sich längerfristig in der Bundesliga zu etablieren. Der Abstieg wirft den gesamten Verein, was das angeht, somit wieder um einiges zurück.
Der VfL ging mit Trainer Dieter Hecking in die Saison, der allerdings nach nur einem Sieg aus den ersten fünf Spielen gehen musste — was lief da aus Deiner Sicht schief?
Das ist wirklich eine ganz schwere Frage. Ich habe die Entscheidung im Sommer tatsächlich begrüßt, weil ich Dieter Hecking für den richtigen Mann für die Mission Wiederaufstieg gehalten habe. Ich habe daran geglaubt, dass er sich in einem Transferfenster und der Sommervorbereitung das für ihn richtige Team zusammenstellen kann. Ich war sogar persönlich mit im Sommertrainingslager und war nach den Trainingseinheiten vor Ort und den Testspielen sehr optimistisch, was die neue Saison angeht.
Dann kam jedoch der Saisonstart und schon das Spiel in Darmstadt hat mich ganz schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Was da am Ende schiefgelaufen ist, habe ich mich noch bis zum Tag seiner Entlassung gefragt und bis heute keine wirkliche Antwort darauf gefunden. Ja, er hat Dreier-/Fünferkette spielen lassen, und das hat in den letzten Jahren unter keinem Trainer hier funktioniert, egal mit welchen Spielern, aber daran allein kann es eigentlich nicht gelegen haben. Wahrscheinlich werden wir nie herausfinden, woran es am Ende gescheitert ist.
Auch Interimstrainer David Siebers brachte keine Wende, unter Uwe Rösler habt ihr jetzt aber Augsburg aus dem Pokal geworfen und nur noch ein Spiel verloren. Was macht Rösler anders und besser als Hecking?
David Siebers war für mich von Beginn an nur eine Übergangslösung, den ich nicht als dauerhaften Kandidaten für den Trainerposten gesehen habe. Es wäre nicht der richtige Zeitpunkt gewesen, ihm diese Situation dauerhaft zuzumuten. Uwe Rösler konnte ich zu Beginn überhaupt nicht einschätzen, da ich ihn nie wirklich verfolgt habe. Ich wusste nur, dass er mit Düsseldorf in unserer Aufstiegssaison zweimal gegen uns verloren hat.
Die größte Änderung von Uwe Rösler ist tatsächlich die taktische Ausrichtung, weg von der 3er-/5er-Kette zurück zur 4er-Kette. Das hat der Mannschaft offenbar mehr Stabilität verliehen. Des Weiteren schreckt er auch nicht davor zurück, größere Namen wie Bero, Hofmann oder Passlack auch mal auf die Bank zu setzen. Das haben sich seine Vorgänger trotz fehlender Leistung nicht getraut. Ich glaube, dadurch weiß jeder Spieler: Ich habe meinen Platz auf dem Feld nicht sicher und muss jede Woche aufs Neue Vollgas geben. Man sagt ja nicht umsonst: Konkurrenz belebt das Geschäft. Eben solch eine Konkurrenzsituation ist für uns aktuell gar nicht so schlecht.
Mit Hecking wurde nach nur einem halben Jahr auch Sportgeschäftsführer Dirk Dufner entlassen. Die richtige Entscheidung, auch mit Blick auf den Transfersommer?
Zum Zeitpunkt der Entlassung von Dirk Dufner habe ich definitiv gesagt, es sei die richtige Entscheidung, weil wir an der Schwelle zur dritten Liga standen und der Kader so wirkte, als könnte er nur das, was er unter Dieter Hecking gezeigt hat, beziehungsweise eigentlich nicht gezeigt hat. Aktuell bin ich der Meinung, dass der Kader wohl doch nicht so mies zusammengestellt wurde, wie es zu Beginn wirkte.
Allerdings würde ich weiterhin sagen, dass er ziemlich unausgeglichen zusammengestellt wurde. Gerade im Mittelfeld haben wir ein Überangebot an Spielern, wobei uns im Gegensatz zum Mittelfeld im Sturm dann schon eher der eine oder andere richtige Stürmertyp fehlt. Hinzu kommt, dass man hört, Dirk Dufner hätte intern gerne Alleingänge gefahren (wie z. B. bei der möglichen Verpflichtung des Augsburgers Yusuf Kabadayi, die aus offensichtlichen Gründen dann nicht zustande kam). Aus diesen Gründen ist es am Ende wohl die richtige Entscheidung gewesen, sich von ihm zu trennen.
Was ist Deiner Meinung nach in dieser Saison noch für den VfL drin?
Ich glaube, am Ende der Saison ist ein einstelliger Tabellenplatz noch drin, was nach dem katastrophalen Saisonstart absolut in Ordnung ist. In meinem Umfeld gibt es aber tatsächlich auch noch Leute, die sagen, dass wir im März am Relegationsplatz oben anklopfen werden. Dafür bin ich dann aber doch nicht optimistisch genug.
Wie lässt denn Uwe Rösler Eure Mannschaft jetzt spielen und wo siehst Du aktuell die Stärken und Schwächen des VfL?
Uwe Rösler setzt, wie bereits zuvor beschrieben, auf die Viererkette mit zwei starken defensiven Mittelfeldspielern davor. Je nach Gegner lässt er gerne aggressives Pressing spielen, was allerdings nur funktioniert, wenn die gesamte Mannschaft mitmacht. Er hat Gegnern aber auch gerne mal den Ball überlassen, damit wir bei Ballverlusten über unser schnelles Umschaltspiel zu gefährlichen Strafraumsituationen kommen können. Da vermute ich jedoch, dass das gegen Gegner in Liga 2 eher funktioniert als gegen einen Gegner wie den VfB, der natürlich weiß, spielerisch im Ballbesitz etwas mit der Kugel anzufangen. Ich bin also sehr gespannt, welche Marschroute er für das Pokalspiel vorgeben wird.
Unsere Stärken sind, wie oben erwähnt, unser schnelles Umschaltspiel nach vorne, da wir gerade auf den Außenpositionen schon ordentlich Geschwindigkeit besitzen. Nach den letzten Spielen und der Hereinnahme eines neuen Co-Trainers speziell für Standardsituationen kann man diese so ganz langsam überraschenderweise auch als eine Stärke von uns bezeichnen.
Unsere Schwächen sind die mangelnde Chancenverwertung und schwache Torabschlüsse, die teilweise eher wie ein Rückpass als wie ein Torschuss wirken. Hinzu kommt, dass gerade unsere Innenverteidigung nicht die schnellste ist. Sicherlich haben wir noch einige Schwächen mehr, aber ich kann euch ja auch nicht alle verraten.
Philipp Hofmann ist mit zwei Toren und fünf Assists Euer bester Scorer — auf wen müssen wir sonst noch aufpassen?
Dass Hofmann unser bester Scorer ist, war mir bis zu dieser Frage überhaupt nicht bewusst. Zeigt mal wieder, was für ein schlechtes Standing er mittlerweile unter den Fans hat. Von ihm als Mittelstürmer werden hier in Bochum einfach mehr als zwei Tore nach 14 Spielen erwartet. Dabei stellt er sich echt in den Dienst der Mannschaft und ackert schon ordentlich auf dem Feld.
In der Offensive haben wir neben ihm mit Onyeka und Holtmann zwei weitere gefährliche Jungs, die auch für Tore gut sind. Beide haben in der Liga bereits viermal getroffen, hinzu kommt bei Holtmann das wichtige Tor zum 1:0‑Sieg in Augsburg in der vorherigen Pokalrunde. Mit den jeweils vier Toren in der Liga sind die beiden die Spieler mit den meisten Toren für uns bisher. Gerade Holtmann kann mit seiner Geschwindigkeit über Linksaußen für einige Gefahr sorgen, auch wenn nicht immer alles klappt.
Was rechnest Du dir heute Abend aus und wie wichtig wäre Dir ein Weiterkommen?
Für mich persönlich ist das heute ein absolutes Bonusspiel, wobei ich schon den Traum hätte, einmal mit dem VfL zum Pokalfinale nach Berlin zu fahren. Für den Verein wäre ein Weiterkommen in finanzieller Hinsicht jedoch sehr wichtig. Pokaleinnahmen sind für Vereine wie den VfL nun mal nicht eingeplante Bonusgelder, die man anschließend anständig investieren könnte. Da der Pokal bekanntlich seine eigenen Gesetze hat und wir ein Flutlichtspiel im Ruhrstadion an der Castroper erleben werden, kann einfach alles passieren.
Zum Abschluss: Dein Tipp für Startelf und Ergebnis?
Ein Tipp für die Startelf ist echt schwierig, da ein paar Spieler mit leichten Blessuren aus Fürth zurückgekommen sind und eben direkt am Samstag das immens wichtige Heimspiel gegen Arminia Bielefeld ansteht. Ich versuche es aber trotzdem mal:
Horn
Morgalla — Loosli — Strompf — Wittek
Pannewig — Lenz
Alfa-Ruprecht — Wätjen — Kwarteng
Onyeka
Wobei die taktische Ausrichtung im Mittelfeld auch anders aussehen kann. Das variiert.
Mein Tipp ist ein 1:1 nach 90 Minuten und leider verlieren wir dann nach leidenschaftlichem Kampf in der Verlängerung mit 1:2. Ich weiß, man tippt eigentlich nicht gegen den eigenen Verein, aber wenn ich für meinen Verein tippe, verlieren wir grundsätzlich immer.
Titelbild: © Pau Barrena/Getty Images