Es gibt so viele Geschichten zu diesem herrlichen 5:1 über Borussia Dortmund, den vierten Sieg gegen die Schwarz-Gelben in Folge, zu erzählen. Zum Beispiel die des Enzo Camille Alain Millot.
Tat das gut. Die Gewissheit, dass die Mannschaft spielerisch wieder in ähnliche Spären vorstoßen kann, wie in der vergangenen Spielzeit. Die Tatsache, dass das ganze Geld, welches Dortmund für unseren Kapitän und unseren Torjäger ausgegeben hat, an diesem Sonntagabend keinen Unterschied machte. Viel mehr noch: Es brachte ihnen rein gar nichts, denn der eine musste fünf Gegentreffer hinnehmen und der andere strahlte zudem kaum Torgefahr aus. Diese Machtdemonstration, die uns zeigt, dass wir nach dem vierten Sieg in Folge gegen den BVB aktuell nicht nur erneut für ein halbes Jahr die bragging rights auf unserer Seite haben, sondern auch sportlich die Nase vorn. Das 5:1 war die höchste Niederlage der Borussia seit dem 5:1 vor vier Jahren im Westfalenstadion. Wer hätte gedacht, dass Dortmund mal unser Lieblingsgegner wird?
Zustande kam dieser Sieg durch eine Mannschaft die wie schon gegen Real Madrid unter der Woche (!) und auch trotz dieses emotional und sportlich zehrenden Spiels an ihr Leistungslimit ging und eine hochkonzentrierte Leistung auf den Platz brachte. Die Dortmunder wussten kaum, wie ihnen geschah, da stand es schon 2:0 nach Treffern des neuen Stuttgarter Sturmduos, Ermedin Demirovic und Deniz Undav. Erst vier Spieltage ist diese Saison alt, insgesamt stehen sieben Pflichtspiele in den Büchern und der mutmaßliche 50-Millionen-Euro-Sturm hat bereits gemeinsam zehn Treffer erzielt, jeder fünf. Auch das tut gut. Vorbereitet wurde die Halbzeitführung von Maxi Mittelstädt, dem neulich von einem Spox-Redakteur noch eine ganz schwere Saison prophezeit wurde und der sich nach einem schwierigen Spiel in Madrid deutlich verbessert zeigte.
Unnachahmlich, bärenstark, herrlich
Dass eine 2:0‑Führung keine Garantie für drei Punkte ist, hat das vergangene Heimspiel gezeigt. Ein Spieler jedoch wischte all diese VfB-typischen Befürchtungen in der zweiten Halbzeit hinfort: Enzo Millot. Schon in den letzten Spielen zeigte er bei seinen Einwechslungen, dass er das Spiel der Mannschaft gerade offensiv auf ein neues Level heben kann. An diesem Tag entschied er das Spiel quasi im Alleingang. Unnachahmlich, wie er sich nach der von ihm getretenen Ecke jenseits der Abseitslinie in den Strafraum schlich und völlig freistehend der völlig verdutzten Dortmunder Hintermannschaft um Waldemar Anton das vorentscheidende 3:0 in die Maschen drückte. Bärenstark, wie er die Dortmunder für die Einwechslung von Emre Can bestrafte, als er dessen Fehlpass am Mittelkreis abfing und Deniz Undav auf die Reise zum Doppelpack und dem 5:1‑Endstand schickte.
Die Vorbereitung zum 4:1, dem ersten Saisontor von Neuzugang El Bilal Tourém kann man aber nicht anders als magnifique, also herrlich bezeichnen. Eigentlich war da auf der rechten Seite nach dem Einwurf gar nicht so viel Platz, um Richtung Tor zu kommen. Es sei denn, man heißt eben Enzo Millot und kann mit dem Ball machen, was man will. Ball und Millot tänzelten auf und an der Torauslinie entlang, ließen zwei Dortmunder Verteidiger aussteigen, bevor der Mittelfeldspieler des VfB den bemitleidenswerten Gregor Kobel alt aussehen ließ und sein Solo in eine Torvorlage münden ließ. Schon gegen den etwas schwerer zu besiegenden Champions League-Finalisten hatte er früh die Chance, das Spiel auf unsere Seite zu ziehen — gegen Dortmund holte er das nach.
Durch die Decke
Nun will ich natürlich Millot nicht über die Mannschaft stellen, aber dieses Spiel war zweifelsohne sein Meisterstück. Gleichzeitig steht er für viele andere Spieler, die im VfB-Trikot und natürlich vor allem unter Sebastian Hoeneß komplett durch die Decke gehen. Wir waren es ja gewohnt, dass Neuzugänge bei uns eher ihren Karriereknick erleben oder in ihrer Mittelmäßigkeit gefangen blieben — mit wenigen Ausnahmen. Seit kurzem sind wir aber gesegnet mit Spielern, die nicht nur als Mannschaft sehr häufig herausragend funktionieren, sondern auch in der Lage sind, unglaubliche Einzelleistungen zu vollbringen. Wie die insgesamt 46 Ligatore von Guirassy und Undav vergangene Saison zum Beispiel. Oder das Torwartspiel von Alexander Nübel. Oder zuletzt der Sprint von Neuzugang Fabian Rieder durchs Seitenaus.
Und nicht nur spielerisch glänzte die Mannschaft. Nach den unglücklichen Auftritten gegen Freiburg und Mainz und der schwachen ersten Halbzeit in Mönchengladbach steigerten sich die Brustringträger und bissen sich nicht nur durch diese englische Woche durch, sondern machten sie zu einer Festwoche — der Niederlage in Madrid zum Trotz. Das bedeutet natürlich nicht, dass wir jetzt Wolfsburg, Prag und Hoffenheim ähnlich dominant überrollen werden, wie wir es mit den Dortmundern getan haben. Aber dieser Auftritt sollte der Mannschaft noch mehr Selbstvertrauen geben, gerade für die schwierigeren Spiele, in denen sich der Gegner auch wehrt. Und wir haben ja noch Millot. Millot magnifique!
Zum Weiterlesen: Der Vertikalpass hat sich an Siege gegen den BVB bereits ein wenig gewöhnt.
Titelbild: © Alex Grimm/Getty Images
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