Der VfB trotzt seiner Verletzungskrise und schlägt Bochum mühsam, aber verdient mit 2:0. Die Mannschaft zeigt, dass sie auch in der Breite eine gewisse Qualität hat — aber auch, dass sie diese eher individuell als kollektiv auf den Platz brachte.
Chris Führich rannte. Und passte. Und rannte. Und passte. Und als er dann doch einmal schoß, weil alle Passwege zu waren und auf dem Flügel kein Maxi Mittelstädt stand, da zwirbelte er den Ball mit einer unvorstellbaren Flugkurve ins Bochumer Tor. Eine Szene, die viel über das Spiel gegen den Tabellenletzten aussagt, das der VfB ohne drei Stürmer und ohne seinen Mittelfeldstrategen in der Startelf angehen musste. Gegen eine Mannschaft, die tabellarisch mit dem Rücken zur Wand stand und gerne nicht nur dem Meister, sondern auch dem Vizemeister einen Punkt abgeknüpft hätte.
Denn gegen die tiefstehenden Bochumer kam der VfB zwar durchaus zu Angriffen, aber nicht wirklich zu gefährlichen Abschlüssen. Das lag, wie bei Josha Vagnoman, teilweise am eigenen Unvermögen und teilweise daran, dass die Mannschaft mit dem Brustring die wenigen Passwege, die ihnen der Tabellenletzte offen ließ, nicht effektiv nutzte, sondern sich immer wieder falsch entschied, wenn es darum ging, den Ball nach vorn zu treiben oder abzulegen. Dementsprechend hing auch Ermedin Demirovic lange in der Luft und der erfahrene VfB-Anhänger wartete eigentlich nur darauf, dass die gegen Mitte des Spiels etwas stärker werdenden Bochumer uns ein krummes Ding reinmurmelten.
Kaltschnäuzige Qualität
Letztlich setze sich aber die Qualität des VfB durch. Zunächst nach einem tollen Diagonalball von Rückkehrer Leo Stergiou auf den bereits erwähnten Chris Führich und dann mit den jeweils ersten Ballberührungen der eingewechselten Fabian Rieder und Justin Diehl. Beide Tore wurden übrigens ultimativ eingeleitet von Abstößen von Alexander Nübel, was auch viel über die defensive Verfassung der Bochumer aussagt. Wie kaltschnäuzig der VfB die Hoffnung der Gäste auf einen Auswärtspunkt zerstörte, zeigte nicht nur Diehls eiskalt vollstrecktes Premierentor, sondern auch die Tatsache, dass Bochum unmittelbar vor Führichs Führung nach einem schlecht in die Mitte geklärten Ball selber die Chance auf den Führungstreffer hatte.
Ein Licht also am Ende des etwas düsteren Stimmungstunnels, der diese Länderspielpause mit der Niederlage gegen Frankfurt und den langfristigen Ausfällen von Undav und El Bilal begleitete. Der VfB ist in der Lage, Pflichtsiege zu landen und startet mit einem Erfolgserlebnis in den Endspurt vor Weihnachten. Die Mannschaft zeigt individuelle Qualität in der Breite, auch wenn die Abläufe immer noch oder vielleicht gerade wegen der Ausfälle nicht alle vorhanden sind. Ein wesentlicher Faktor ist aktuell auch Chris Führich. Wie schon vergangene Saison stoßen andere Spieler zum richtigen Zeitpunkt in die Lücken, die Verletzungen, Sperren oder Abstellungen reißen.
Geduldig puzzeln
Es werden noch mehr Geduldsspiele in den kommenden Wochen, auch wenn beispielsweise Angelo Stiller am Ende noch 30 Minuten mitwirken konnte und damit die Verletzungssorgen etwas lindert. Offensiv brachte die rechte Außenbahn mit Stergiou und Vagnoman noch nicht die erhoffte Durchschlagskraft, dafür dürfte Millot in Belgrad wieder auf die gefährlichere Achterposition rücken — zumal Woltemade in der Champions League nicht spielberechtigt ist. Die Rotation mit weniger Personal ist also weiterhin eine Herausforderung. Aber für Puzzle braucht man ja bekanntlich auch Geduld.
Titelbild: © Alexander Hassenstein/Getty Images