Silas bleibt Silas

Egal, wie er heißt und wie alt er ist: Der Mut von Silas Katom­pa Mvum­pa ist genau­so bemer­kens­wert wie das Ver­hal­ten und die Kom­mu­ni­ka­ti­on des VfB.

Es ist eine, man kann es nicht anders sagen, kras­se Lebens­ge­schich­te, die der VfB mit der Bekannt­ma­chung auf sei­ner Web­sei­te und der anschlie­ßen­den Pres­se­kon­fe­renz nach­zeich­ne­te und an deren Ende der Spie­ler, den sowie­so alle nur Silas nen­nen, sei­nen fal­schen Nach­na­men Waman­gi­tu­ka abstreif­te und end­lich sei­nen rich­ti­gen anneh­men konn­te: Katom­pa Mvum­pa. Sie wur­de am Diens­tag unzäh­li­ge Male wie­der­holt, das will ich hier nicht noch ein­mal tun. Statt­des­sen soll es um Silas gehen und um sei­nen, mei­nen, unse­ren Ver­ein, den VfB.


Denn der Schritt, den er ging, ist bemer­kens­wert. Es gab ja bereits vor eini­ger Zeit Gerüch­te ihn der fran­zö­si­schen Sport­zei­tung L’E­qui­pe, die aber schnell mit gül­ti­gen Aus­weis­pa­pie­ren und dar­auf basie­ren­den Spiel­be­rech­ti­gun­gen wider­legt wur­den. Wie wir heu­te wis­sen, waren sie zwar for­mal gül­tig, ent­stan­den jedoch aus der ekel­er­re­gend gro­ßen kri­mi­nel­len Ener­gie von Silas mitt­ler­wei­le ehe­ma­li­gem “Bera­ter”, der sich an dem jun­gen talen­tier­ten Stür­mer nicht nur berei­cher­te, son­dern die­sen auch noch erpress­te und sei­ner Frei­heit beraub­te. Als jun­ger Mensch unter sol­chen Umstän­den arbei­ten zu müs­sen ist schon schlimm genug, sei­ne sport­li­chen Leis­tun­gen des­halb umso  beein­dru­cken­der. Denn auch wenn Silas nach wie vor ein im Ver­gleich zu unser­ei­nem sehr gut ver­die­nen­der Pro­fi­fuß­bal­ler ist, kann kein Geld der Welt das Gefühl ver­drän­gen, dass man etwas ver­heim­licht und die Angst, dass man durch die Ent­hül­lung des Geheim­nis­ses sei­nen Job, sei­nen Lebens­traum und even­tu­ell die finan­zi­el­le Absi­che­rung sei­ner Fami­lie ver­liert.

Silas ist einer von uns

Und den­noch hät­te Silas, wie der VfB auf sei­ner Web­sei­te schreibt, sein gan­zes Fuß­bal­ler­le­ben als Silas Waman­gi­tu­ka ver­brin­gen kön­nen, schließ­lich hat­te er ja die von staat­li­cher und sport­recht­li­cher Sei­te erteil­te Spiel­erlaub­nis. Dass er trotz­dem in die Offen­si­ve ging, spricht für ihn und den VfB. Denn es war, wie er sel­ber sagt, der Ver­ein und des­sen sport­li­che Lei­tung, die ihm den Mut gaben, die Öffent­lich­keit zu suchen und sich in eine poten­ti­ell pre­kä­re Situa­ti­on zu brin­gen. Silas fühlt sich, Pro­fi­fuß­ball hin oder her, in die­sem beruf­li­chen Umfeld offen­sicht­lich so wohl und sicher, dass er einen Schritt wag­te, den er for­mal nicht hät­te gehen müs­sen, der ihm aber schein­bar auf der See­le brann­te.

Dass er mit sei­nem Gefühl rich­tig lag, offen­bart der Umgang des VfB mit Silas und die Art und Wei­se, wie er den Pro­zess kom­mu­ni­ka­tiv beglei­te­te und die deut­lich mach­te: Silas bleibt Silas und ist einer von uns. Die­ses Gefühl, dass der VfB mit­un­ter mehr ist als eine Zweck­ge­mein­schaft von gut bezahl­tem Fuß­ball­per­so­nal auf und neben dem Platz hat­te man schon lan­ge nicht mehr. Man konn­te das Zusam­men­ge­hö­rig­keits­ge­fühl aber in der letz­ten Sai­son auf dem Platz bewun­dern und am Diens­tag auch dane­ben. Gro­ßes Lob gebührt dabei stell­ver­tre­tend Tho­mas Hitzl­sper­ger und Sven Mislin­tat, die die The­ma­tik auch noch mal in einer Pres­se­kon­fe­renz auf­grif­fen, so trans­pa­rent wie mög­lich dar­leg­ten und gleich­zei­tig Silas den Rücken stärk­ten.

Gemeinsam gegen den Bodensatz

Und das, und damit kom­men wir zum weni­ger ange­neh­men Teil die­ses Tex­tes, hat nichts mit den elf Sai­son­tref­fern und der Ablö­se­sum­me des Roo­kie of the sea­son zu tun. Nicht nur für uns, auch für den VfB blie­be Silas auch Silas, wenn er pro Spiel fünf Eigen­tor schös­se. Auch der VfB hät­te die Geschich­te unter Ver­schluss hal­ten kön­nen, um den finan­zi­el­len Wert ihres Stür­mers nicht zu gefähr­den. Statt­des­sen ent­schied man sich dazu, Silas bei sei­nem Schritt zu unter­stüt­zen und gleich­zei­tig der eige­nen Bran­che den Spie­gel vor­zu­hal­ten. Denn Silas ist bestimmt nicht der ein­zi­ge jun­ge Spie­ler, der mit sei­nem Traum einer euro­päi­schen Fuß­ball­kar­rie­re erpresst wird und wür­de. Und natür­lich sind auch vie­le ande­re Men­schen aus Afri­ka von die­sen Mecha­nis­men betrof­fen, auch wenn sie nicht pro­fes­sio­nell Fuß­ball spie­len. 

Natur­ge­mäß gibt es auch jene, die jetzt aus ihren rech­ten Löchern gekro­chen kom­men und Silas und dem VfB aus ihrem Vor­ge­hen und Ver­hal­ten einen Strick dre­hen wol­len. Wer die Schil­de­rung des VfB liest und hört und zu die­sem Schluss kommt, der hat vor allem eines: eine Agen­da. Sie speist sich nicht nur aus dem stump­fen Ras­sis­mus, der wie über­all in der Gesell­schaft auch unter Fuß­ball­fans exis­tiert, son­dern kur­siert auch in jenen publis­ti­schen Krei­sen, die Zuspit­zung, Skan­da­li­sie­rung, Framing und etwas sub­ti­ler wenn auch nicht so wirk­lich die “das wird man ja wohl noch sagen dürfen”-Haltung als Jour­na­lis­mus aus­ge­ben — ob mit vier gro­ßen Buch­sta­ben oder mit drei. Umso wich­ti­ger ist es, dass Silas gegen jenen geis­tig-mora­li­schen Boden­satz der Repu­blik den VfB an sei­ner Sei­te weiß.

Und uns!

Zum Wei­ter­le­sen: Silas bleibt Silas, bleibt Silas

Titel­bild: ima­go

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