Und wenn es nicht reicht?

Eigent­lich woll­te ich die­sen Spiel­be­richt anders begin­nen und mir Dinos Mavro­pa­nos Ärger zuei­gen machen. Aber zwi­schen den Frust schie­ben sich lang­sam auch Sor­gen.

Kei­ne Punk­te und kei­ne Tore auch gegen Leip­zig, Platz 17. So erwart­bar, nach­dem man in der Vor­wo­che in Fürth zwei Zäh­ler hat­te lie­gen las­sen. Gleich­zei­tig aber eine Reak­ti­on auf das glück‑, aber viel­mehr ein­falls­lo­se Offen­siv­spiel gegen die Fran­ken. Eine Reak­ti­on gegen einen Geg­ner, bei dem der Tor­wart der bes­te Spie­ler war und der unse­rem Tor­hü­ter von den zwei ent­schei­den­den Tref­fern mal abge­se­hen nicht gefähr­lich wur­de. Was es umso ärger­li­cher macht, dass man gar kei­ne Punk­te im Neckar­sta­di­on behal­ten konn­te. Am Sonn­tag ver­moch­te sich die Kon­kur­renz auch nicht abzu­set­zen, es ist und bleibt eng im Tabel­len­kel­ler und das wird wahr­schein­lich auch bis zum 34. Spiel­tag so sein. Dar­auf muss­te man sich schon eine Wei­le ein­stel­len, nun wird es immer deut­li­cher. Einer­seits ist da die Hoff­nung, dass die Mann­schaft auch in den bei­den letz­ten Spiel­zei­ten mehr­fach in der Lage war, eine Reak­ti­on auf nega­ti­ve Ergeb­nis­se an den Tag zu legen. Aber was, wenn das nicht reicht?

Ich wer­de es nicht müde zu beto­nen und das aus gutem Grund: Quer­ver­glei­che zwi­schen 2016, 2019 und 2022 sind völ­li­ger Quatsch. Egal ob es um Kurz­trai­nings­la­ger, Ergeb­nis­se oder die Reak­ti­on dar­auf geht. Vor sechs Jah­ren sind wir mit einer Mann­schaft abge­stie­gen, die seit Jah­ren kon­ti­nu­ier­lich Rich­tung zwei­te Liga steu­er­te und sich Jahr für Jahr aben­teu­er­li­cher über Was­ser hielt. Vor drei Jah­ren war es vor allem die Inkom­pe­tenz Micha­el Resch­kes bei der Trai­ner­aus­wahl und das völ­li­ge Ver­sa­gen von ver­meint­li­chen Füh­rungs­spie­lern wie Cas­tro, Bad­s­tu­ber, Dida­vi oder Gent­ner, die uns die Erst­klas­sig­keit gekos­tet haben. Ja, die Mann­schaft hat­te im Mai 2018 die Bay­ern geschla­gen und sich aus dem Abstiegs­kampf auf Platz 7 hoch­ge­ar­bei­tet. Das hat­te aber vor allem was mit frü­hen Toren und Abwehr­schlach­ten zu tun und wenig mit einem nach­hal­ti­gen Kon­zept. Aktu­ell sehe ich eine Mann­schaft, die auch letz­te Sai­son immer wie­der Rück­schlä­ge weg­ge­steckt hat, aktu­ell der Mas­se der Pro­ble­me aber nicht Herr wird.

Die Wette geht (noch) nicht auf

Ange­spro­chen auf eine Lei­he von Teto Kli­mo­wicz sag­te Sven Mislin­tat neu­lich:

Wich­tig ist, dass er nicht die maxi­ma­le Ver­ant­wor­tung tra­gen muss. Die müs­sen schon ein paar ande­re über­neh­men, die mehr Jah­re auf dem Buckel haben. Wenn man Mateo die­se Ver­ant­wor­tung abnimmt und gut mit ihm arbei­tet, ist er defi­ni­tiv immer ein Spie­ler, den wir gut gebrau­chen kön­nen.

Kli­mo­wicz ist nicht der Ein­zi­ge auf den das zutrifft. Es sind zu vie­le Spie­ler, die sich in die­ser Sai­son viel­leicht bes­ser ent­wi­ckelt hät­ten, wenn weni­ger Ver­ant­wor­tung auf ihnen gele­gen hät­te. Sicher­lich: Die größ­ten Talen­te bewei­sen gera­de in so einer Situa­ti­on ihr Poten­zi­al. Aber nicht immer ent­ste­hen eben unter Druck Dia­man­ten. Alles in allem machen es vie­le jun­ge Spie­ler nicht schlecht, gemes­sen an ihrem Alter und Ent­wick­lungs­stand. Aber die Wet­te, dass man durch die indi­vi­du­el­le Qua­li­tät von Spie­lern wie Kalajd­zic und im Sai­son­ver­lauf Silas die Ent­wick­lung jun­ger Spie­ler und jener, die den nächs­ten Schritt machen müs­sen, för­dern und kaschie­ren kann, ist bis­lang nicht auf­ge­gan­gen.

Das soll die Spie­ler kei­nes­wegs aus der Ver­ant­wor­tung ent­las­sen. Dass Mat­a­raz­zo Rober­to Mas­si­mo und Phil­ipp Förs­ter aus der Start­elf ver­bann­te und sie damit recht offen­sicht­lich in die Kate­go­rie jener ein­ord­ne­te, deren Leis­tung in der aktu­el­len Situa­ti­on inak­zep­ta­bel ist, ist ein Armuts­zeug­nis. Und auch in die­sem Spiel ließ man sich vor dem 0:2 in der Rück­wärts­be­we­gung über­töl­peln, weil kei­ner hand­lungs­schnell genug war, um den Kon­ter not­falls unter Inkauf­nah­me einer gel­ben Kar­te zu ver­hin­dern. Ande­rer­seits fing die Mann­schaft den Aus­fall Bor­na Sosas durch Niko­las Nar­tey auf der Außen­bahn erstaun­lich gut auf und auch das Anlauf­ver­hal­ten gegen die letz­te Rei­he der Gäs­te war wesent­lich bes­ser. Aber dann kriegst Du halt das Ding nicht unter.

Es steht viel auf dem Spiel

Ich war bis­lang eigent­lich eini­ger­ma­ßen opti­mis­tisch, dass wir am Ende über dem wich­ti­gen Strich ste­hen, auch wenn ich natür­lich die Tabel­le lesen kann. Ich las­se mich wie gesagt auch nicht von ver­meint­li­chen Par­al­le­len ver­rückt machen. Und wahr­schein­lich ist auch ein guter Auf­tritt mit einem erwart­ba­ren Ergeb­nis gegen Leip­zig und der wei­ter­hin enge Tabel­len­stand nicht der rich­ti­ge Anlass, um aus­ge­rech­net jetzt in Panik zu ver­fal­len. Aber, wie es so schön bei Star Wars heißt, hab ich lang­sam “a bad fee­ling about this”. Einer­seits hat mich die Mann­schaft in der Ver­gan­gen­heit immer wie­der über­rascht und hat vor zwei Jah­ren den Auf­stieg geschafft, den ich ihr zwi­schen­zeit­lich kaum zuge­traut hat­te. Ande­rer­seits gehört auch nicht viel Fan­ta­sie dazu, sich vor­zu­stel­len, wie der VfB auch in Frei­burg, gegen Frank­furt und in Lever­ku­sen gefäl­li­ge Spie­le ablie­fert aber kei­ne oder zu wenig Punk­te holt, weil wie­der jemand aus­fällt, in Qua­ran­tä­ne muss oder das Tor aus fünf Metern nicht trifft. Was, wenn der Mann­schaft dies­mal kei­ne Reak­ti­on gelingt?

Es wäre auf jeden Fall der fatals­te der drei Abstie­ge der Neu­zeit, denn vie­les von dem, was man sich in den letz­ten drei Jah­ren auf­ge­baut hat, wäre dahin. Nicht nur der Glau­be, dass man die Zei­ten des sport­li­chen Cha­os hin­ter sich gelas­sen hät­te. Auch finan­zi­ell wür­de ein Abstieg das durch die Pan­de­mie geris­se­ne Loch noch ein­mal erheb­lich ver­grö­ßern. Zumal in die­ser zwei­ten Liga, in der kom­men­de Sai­son ver­mut­lich min­des­tens immer noch ein lang­jäh­ri­ger Bun­des­li­gist um den Auf­stieg kon­kur­rie­ren wird, ein direk­ter Wie­der­auf­stieg kei­ne Selbst­ver­ständ­lich­keit ist. Ob die Mann­schaft mir gerin­ge­ren finan­zi­el­len Mit­teln, selbst wenn ein zwei­ter Inves­tor kom­men soll­te, und einer schlech­te­ren sport­li­chen Per­spek­ti­ve erneut ent­wi­ckelt wer­den kann, ist dann auch frag­lich. Wir wür­den qua­si wie­der bei Null anfan­gen. Ja, das ist jetzt sehr viel wenn und sehr viel dann. Aber es soll ver­deut­li­chen, wie viel aktu­ell auf dem Spiel steht. 2016 gab es nicht viel, was noch kaputt­ge­hen konn­te, 2019 war der Abstieg schon ein dickes Brett, führ­te aber immer­hin jedem vor Augen, wie Wolf­gang Diet­richs Per­so­nal­po­li­tik den Ver­ein sport­lich wei­ter zugrun­de gerich­tet hat­te. Soll­te der Klas­sen­er­halt die­ses Jahr nicht gelin­gen, gäbe es nicht mal jeman­dem, dem man wie bei den letz­ten Malen him­mel­schrei­en­de Inkom­pe­tenz vor­wer­fen kann. Der aktu­el­le Plan ist behaf­tet mit einem Risi­ko, von dem man der­zeit noch aus­geht, dass man es beherr­schen kann, ja. Aber es ist ein Plan.

Am Ende bleibt mir eben nur die Hoff­nung, dass es beim VfB doch anders gewor­den ist, dass die Mann­schaft wie im Auf­stiegs­jahr 2020 irgend­wie noch die Kur­ve kriegt und sich von der aktu­el­len Durst­stre­cke nicht unter­krie­gen lässt. Gleich­zei­tig, die Her­ren, lest es als Appell. Ich will kei­ne Pres­se­kon­fe­renz wie die nach dem Fürth-Spiel mehr sehen müs­sen. Die­ses Jahr geht es wirk­lich um sehr, sehr viel. Gebt uns neue Hoff­nung und zwar schon am Sams­tag in Frei­burg.

Titel­bild: © Mat­thi­as Hangst/Getty Images

1 Gedanke zu „Und wenn es nicht reicht?“

  1. Guter Kom­men­tar, aber einen Ein­spruch muss ich ein­le­ge­nen: Die unmit­tel­ba­ren Nach­barn auf der Tabel­le haben alle gepunk­tet; dadurch hat sich zwar der Abstand nicht son­der­lich ver­scho­ben, aber Punk­te sind halt Punk­te.

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