Rund um den nächsten Gegner: Im Gespräch mit Leverkusen-Experte Sebastian Bergmann

Auch der deut­sche Meis­ter aus Lever­ku­sen kommt aktu­ell noch nicht ganz an die Leis­tun­gen der ver­gan­ge­nen Sai­son her­an. Vor dem vier­ten Duell mit dem VfB in die­sem Jahr spra­chen wir mit Bay­er-Exper­te Sebas­ti­an Berg­mann von der Rhei­ni­schen Post.

Rund um den Brust­ring: Hal­lo Sebas­ti­an, wir haben ja vor nicht all­zu lan­ger Zeit bereits über den amtie­ren­den deut­schen Meis­ter gespro­chen. Schön, dass Du dir nach dem Super­cup erneut Zeit für unse­re Fra­gen nimmst. Viel­leicht mal ein Blick zurück: Die Lever­ku­se­ner Fan­sze­ne titu­lier­te den Super­cup als “Kir­mes­po­kal”, im Club sel­ber, des­sen Tro­phä­en­schrank ja nun auch über­schau­bar groß ist, hat­te der Sieg im Elf­me­ter­schie­ßen schon einen ande­ren Stel­len­wert, oder?

Sebas­ti­an: Nach mehr als 30 Jah­ren kom­plett ohne Titel nimmt man den­ke ich auch den Super­cup ger­ne mit. Und in den Augen vie­ler Spie­ler und Klub­ver­ant­wort­li­cher ist es, und das war auch vor der Par­tie im August so, ein Titel, auf den man stolz ist.

Damals dreh­te der VfB den frü­hen Rück­stand, nur um die Füh­rung kurz vor Ende in einer wil­den Spiel­pha­se in Über­zahl noch her­zu­ge­ben. Was lässt sich aus dem Spiel Mit­te August für das Auf­ein­an­der­tref­fen am Frei­tag ablei­ten?

Ich glau­be nicht all­zu viel, außer der Erkennt­nis, dass bei­de Mann­schaf­ten auch in die­ser Sai­son wie­der das Poten­zi­al haben, ganz vor­ne mit­zu­spie­len und sich spie­le­risch wie tak­tisch auf einem ähn­li­chen Niveau bewe­gen. Auch wenn Lever­ku­sen im Ver­gleich zum Super­cup mit einer ande­ren Mann­schaft auf­lau­fen wird.

Der VfB muss­te, auch bedingt durch Wech­sel, sei­nen Kader im grö­ße­ren Rah­men umbau­en und ver­stär­ken. Wie siehst Du vor dem Spiel das Kräf­te­ver­hält­nis der bei­den Teams, die ja letz­te Sai­son die gan­ze Liga mit ihrem Fuß­ball begeis­ter­ten?

Bei­de Mann­schaf­ten haben noch nicht das Level des außer­ge­wöhn­lich star­ken letz­ten Jah­res erreicht, gehö­ren aber wei­ter­hin zur Spit­zen­grup­pe, auch wenn das Duell zwi­schen Meis­ter und Vize­meis­ter aktu­ell „nur“ das zwi­schen dem Drit­ten und Ach­ten ist. Aber allein der Fakt, dass Lever­ku­sen und Stutt­gart nur drei Punk­te tren­nen, deu­tet ja dar­auf hin, dass bei­de Teams wie­der durch­aus ver­gleich­bar sind.

Lever­ku­sen konn­te sei­ne Mann­schaft größ­ten­teils zusam­men­hal­ten, die pro­mi­nen­tes­ten Abgän­ge waren sicher­lich Josip Sta­ni­sic, der zu den Bay­ern zurück­kehr­te, und Adam Hlo­zek, den die TSG Hof­fen­heim bei ihrer spä­ten Shop­ping­tour mit­nahm. Gleich­zei­tig wur­de die Mann­schaft mit Mar­tin Ter­ri­er, Aleix Gar­cia und Jea­nu­al Belo­ci­an ver­stärkt. Den­noch muss­te die Mann­schaft nach über einem Jahr die ers­te Nie­der­la­ge ein­ste­cken und spiel­te zuletzt häu­fi­ger Unent­schie­den, als ihr lieb war. Wo siehst Du den Unter­schied zur Meis­ter­sai­son?

Die Inte­gra­ti­on der Neu­en dau­ert län­ger als im Vor­jahr, als direkt alle Trans­fers Voll­tref­fer waren. Von Mar­tin Ter­ri­er war bis­lang noch nicht viel zu sehen, Aleix Gar­cia konn­te sei­nem Ruf als Königs­trans­fer bis­lang auch nicht gerecht wer­den. Bei­de sind immer­hin soli­de. Jea­nu­el Belo­ci­an hat wenig Spiel­zeit erhal­ten und fehlt nach einer Trai­nings­ver­let­zung vor­erst. Aber auch eini­ge Eta­blier­te kom­men noch nicht rich­tig in Schwung, zum Bei­spiel Edmond Tap­so­ba oder Gra­nit Xha­ka.

Auf­fäl­lig ist, dass Bay­er mit 15 schon rela­tiv vie­le Tore kas­siert hat, letz­te Sai­son waren es ins­ge­samt nur 24. Wo siehst Du die Grün­de dafür?

Es ist ein Mix aus einem teils zu sorg­lo­sen Abwehr­ver­hal­ten des gesam­ten Teams und Pro­fis außer Form. Hin­zu kom­men indi­vi­du­el­le Feh­ler.

Vik­tor Boni­face ist mit sechs Tref­fern aktu­ell bes­ter Tor­schüt­ze, Flo­ri­an Wirtz kommt auf vier Tref­fer. Trügt das Gefühl, dass die Tore in der letz­ten Sai­son etwas brei­ter ver­teilt waren?

Das ist schon kor­rekt. Patrik Schick etwa hat bis­lang weder in der Liga noch in der Cham­pi­ons League getrof­fen. Bis­lang hängt viel von Boni­face und einem über­ra­gen­den Flo­ri­an Wirtz ab. Das war im Vor­jahr anders und auch die gro­ße Stär­ke der Meis­ter­mann­schaft.

Vor kur­zem war zu lesen, Lever­ku­sen beschäf­ti­ge sich mit­tel­fris­tig mit einem neu­en Tor­hü­ter. Wie siehst Du die Situa­ti­on von Lukas Hra­de­cky und Matej Kovar?

Hra­de­cky spielt ein­mal mehr eine soli­de Sai­son, ist aber auch schon Mit­te 30 und wird nicht mehr ewig auf Top-Niveau spie­len. Dass sich Bay­er nach einem Nach­fol­ger umschaut, ist also ver­ständ­lich. Kovar hat bis­lang aber zu wenig gezeigt, als dass er es jetzt schon ver­dient hät­te, für Hra­de­cky zu über­neh­men. Und offen­bar wach­sen die Zwei­fel, dass er es in abseh­ba­rer Zeit schaf­fen kann. Einen wie von Xabi Alon­so vor der Sai­son ange­kün­dig­ten Zwei­kampf ums Tor gibt es nicht. In den wich­ti­gen Par­tien stand bis­lang immer der Kapi­tän im Tor.

Was ist Dei­ner Mei­nung nach für Bay­er in den drei Wett­be­wer­ben — im Pokal setz­te man sich ja die­se Woche sou­ve­rän gegen Elvers­berg durch und steht im Ach­tel­fi­na­le — drin?

Die Meis­ter­schaft zu ver­tei­di­gen, wird schwer, auch wenn ich es wei­ter­hin für mög­lich hal­te, soll­te sich die Mann­schaft in einen Flow spie­len. Zumin­dest ein Platz in den Top vier muss aber das Ziel sein. In der Cham­pi­ons League ist der Start geglückt, das Ach­tel­fi­na­le soll­te mach­bar sein. Alles, was dar­über hin­aus geht, wäre ein Bonus. Im Pokal — und soll­te Bay­er wei­ter Los­glück haben, ist wie­der eine zusätz­li­che Fahrt nach Ber­lin mög­lich.

Zum Abschluss: Dein Tipp für Start­elf und Ergeb­nis?

Hra­de­cky

Tap­so­ba, Tah, Hin­ca­pie

Frim­pong, Xha­ka, And­rich, Gri­mal­do

Ter­ri­er, Wirtz

Boni­face

2:1

Titel­bild: © Lars Baron/Getty Images

Schreibe einen Kommentar