Die Pflichtspiel-Saison des VfB startet nicht wie üblich mit der ersten Pokalrunde, sondern mit dem Supercup gegen Double-Sieger Leverkusen. Vor dem Duell Meister gegen Vizemeister sprachen wir mit Bayer-Experte Sebastian Bergmann von der Rheinischen Post.
Rund um den Brustring: Hallo Sebastian und vielen Dank, dass Du Dir Zeit für unsere Fragen nimmst. Das erste Pflichtspiel der neuen Saison ist das Duell des Double-Siegers gegen den Vizemeister. Du verfolgst ja Leverkusen schon ein Weilchen. Was hat sich im Club durch die erste Meisterschaft verändert?
Sebastian: Das Faninteresse ist noch einmal deutlich gestiegen. Bei den Einheiten im Trainingslager in Donaueschingen waren täglich bis zu 800 Zuschauer vor Ort. Das ist für Bayer eine komplett neue Dimension. Aber auch an der Zahl der Club-Mitglieder, der Nachfrage für Tickets und Trikots sowie vielen weiteren Aspekten rund um Bayer 04 wird deutlich, dass der Klub in dieser Hinsicht ein neues Level erreicht hat. Zudem haben viele Spieler nun gesehen, dass es möglich ist, mit Leverkusen Titel zu gewinnen. Davon dürfte Bayer noch viele Jahre zehren.
Über den Austragungsort des Spiels und den Zeitpunkt des Supercups parallel zur ersten Pokalrunde gab es im Vorfeld viele Diskussionen. Wie bewertest Du das Ganze, welchen Stellenwert hat das Spiel Deiner Meinung nach?
Unabhängig von der bisherigen Absprache bzw. Regelung finde ich es nur konsequent, dass wenn es einen Doublesieger gibt, dieser auch das Recht haben sollte, den Supercup im eigenen Stadion austragen zu dürfen. Die Partie wird für Leverkusen das vierte Pflichtspiel in Serie sein, bei dem es nach dem Abpfiff eine Siegerehrung gibt — das ist schon eine sehr kuriose Situation. Klub, Spieler und natürlich Trainer Xabi Alonso nehmen die Partie sehr ernst und wollen den nächsten Titel nach Leverkusen holen. Zudem dürfte die Partie erste Hinweise geben, in welche Richtungen sich die Saisons für beide Teams entwickeln könnte.
Was sind denn Deine Erkenntnisse der Saisonvorbereitung. Wird Xabi Alonso das Spiel seiner Mannschaft im Vergleich zur letzten Saison verändern?
Ich denke nicht, dass er von der grundsätzlichen Idee, wie er Fußball spielen lassen möchte, abweichen wird. Kleinere Anpassungen dürfte es aber natürlich geben. Sommerzugang Aleix Garcia ist zum Beispiel jemand, der gerne lange Bälle spielt, wodurch ein neues Element reinkommt. Die Mannschaft macht einen fokussierten Eindruck, die Testspiele haben aber auch gezeigt, dass Bayer Stand jetzt noch nicht auf dem hohen Niveau der vergangenen Saison ist.
Bisher verpflichtete Bayer mit Linksaußen Martin Terrier und Innenverteidiger Jeanuël Belocian von Stade Rennes sowie Mittelfeldspieler Aleix García vom FC Girona erst drei Spieler. Josip Stanisic kehrte zu den Bayern zurück. Ist der Kader damit komplett oder erwartest Du bis Ende August noch viele Veränderungen?
Auf der Zugangsseite erwarte ich keine großen Veränderungen mehr. Sollte Jonathan Tah dann doch noch zu den Bayern wechseln, wird Bayer sicher noch einmal schauen, ob noch ein neuer Verteidiger dazukommt – Joel Matip ist da ein heißer Kandidat. Auf der Abgangsseite ist indes durchaus etwas möglich. Neben Tah sind auch Piero Hincapie und Odilon Kossounou aus Bayers Meisterabwehr gefragt. Klar ist: Leverkusen wird maximal einen Spieler aus der Abwehr diesen Sommer abgeben und das auch nur für eine hohe Ablöse. Adam Hlozek und Gustavo Puerta sind Wechselkandidaten – und womöglich auch noch Patrik Schick.
Der VfB verpflichtete eine Vielzahl von Spielern und nahm dabei unterm Strich sogar mehr Geld in die Hand als Bayer. Heißt das, man sieht sich in Leverkusen mit dem Meisterkader auch für die Champions League gut gerüstet?
Absolut. Bislang hat abgesehen von Stanisic, der aber auch erst in der Rückrunde richtig durchgestartet ist, kein für den Doublesieg relevanter Profi die Werkself verlassen. Zudem machen die drei Neuen bislang einen vielversprechenden Eindruck.
Welche Erwartungshaltung besteht in Leverkusen vor dieser Saison und was traust Du der Mannschaft zu?
Öffentlich hält sich Leverkusen zurück und spricht davon, die Top vier in der Liga anzupeilen und in der Champions League eine gute Rolle spielen zu wollen. In der Vorsaison hat Bayer aber gezeigt, was mit dem Kader möglich ist und damit die Messlatte selbst hochgelegt. Auch wenn nicht davon auszugehen ist, dass die Werkself wieder eine nahezu perfekte Saison spielt, traue ich dem Team alles zu – auch die Meisterschaft.
Zum Abschluss: Dein Tipp für den Supercup?
Die Chance auf Titel kommt nicht alle Tage und Leverkusen möchte gleich zu Beginn ein Ausrufezeichen setzen, dazu noch im eigenen Stadion. Ich tippe auf ein knappes 2:1.
Titelbild: © Lars Baron/Getty Images