Mit der TSG Hoffenheim kommt der letzte Verein, der den VfB im heimischen Neckarstadion besiegen konnte. Während der VfB seit der Niederlage eine Rekordsaison erlebt und in der Champions League gespielt hatte, stehen die Kraichgauer am Scheideweg.
Entlassung des Geschäftsführers Sport inmitten des Transferfensters, Freistellung des technischen Direktors und Rücktritte von zwei Vorständen. Dazu kommen ein verkorkster Saisonstart mit Fanprotesten und einem Chef-Trainer, dessen Entlassungspapiere nur noch unterschrieben werden müssen. Am Sonntag reisen sie zu einem Verein, der international vertreten ist und sechs (!) Nationalspieler stellt. Vor fünf bis zehn Jahren hätte jeder gedacht, dass der erste Verein der VfB ist, der andere die TSG Hoffenheim. Der Sportjournalismus würde wieder über “eine strauchelnden Traditionsverein” berichten und würde den gut geführten Start-Up-esken Investorenverein loben. Doch tatsächlich ist es andersherum. All das Chaos herrscht am Dietmar-Hopp-Platz 1. Der Kraichgau ist zurzeit eher der Krachgau. Ich glaube die Hoffenheimer sind gerade froh kein Traditionsverein zu sein, denn niemand interessiert sich wirklich dafür. Hätte der VfB 3:4 nach 3:0 Führung verloren, wäre man wahrscheinlich die große Lachnummer der Nation. Doch weil es Hoffenheim ist, juckt es niemanden so richtig. Ach ja und die Fanproteste. Wir wissen alle, dass bei einem Stimmungsboykott der Cannstatter Kurve Carlos Urbina wahrscheinlich schon drölfzig Artikel oder Kommentare veröffentlich hätte, wo er die Ultras als Chaoten und Selbstdarsteller bezeichnet hätte. Ich finde den Protest ja sowieso ziemlich putzig. Zwei Jahrzehnte schauen sie dabei zu, wie Dietmar Hopp ihr Verein in die Bundesliga finanziert, belächeln jede Kritik an ihrem Konstrukt als “Neid und Lästerei, die geht uns am A*** vorbei” und jetzt auf einmal ist er Staatsfeind Nr.1? Wo war die Kritik als BVB-Fans mit Lautsprechern beschallt wurden? Wo war die Kritik als der vereinseigene Twitter-Account großspurig einen Impfstoff von Hopp angekündigte? Wo waren die Proteste bei der DFL-Investorengeschichte? Bei Hoffenheim deutet bis jetzt vieles auf Abstieg hin und ganz ehrlich, wer würde diesen Verein in der Bundesliga vermissen?
Beim VfB dagegen nimmt alles langsam Form und Farbe an. Fußballerisch hätten die letzten beide Spiele in Wolfsburg und gegen Sparta Prag durchaus jeweils drei Punkte verdient gehabt. wäre da nicht das leidige Thema Chancenverwertung. Natürlich überschattet das Gastspiel in Niedersachsen die Fehlentscheidung rund um Karazor, das entschuldigt aber nicht die mangelnde Chancenverwertung in der ersten Halbzeit. Aber ich bin positiv gestimmt. Hoffenheim könnte nicht zu einem besseren Zeitpunkt kommen. Das könnte der Aufbaugegner sein, den der VfB jetzt gut gebrauchen kann, ehe es wieder in eine Länderspielpause geht. Wobei Pause nicht das richtige Wort ist, denn der VfB stellt etliche Nationalspieler. Der größte Block im DFB-Team kommt vom Neckar und trifft unter Anderem auf Demirovic und seine Nationalmannschaft, El Bilal spielt mit Mali zweimal gegen Guinea-Bissau, Fabian Rieder ist bei der Schweizer Nati fest gesetzt und Karazor feiert sein Nationalelf-Debut für die Türkei. Dazu kommen noch einige Junioren-Nationalspieler wie Millot, Seimen und Woltemade. Von Pause kann man da nicht reden.
Personalsituation
Verletzungsbedingt pausieren müssen weiterhin Justin Diehl, Leonidas Stergiou und Zagadou. Zudem wird Al Dakhils Debut durch eine Erkältung verschoben. Bei Josh Vagnoman ist ein Einsatz gegen Hoffenheim fraglich.
Mögliche Startaufstellung
Ich denke, die bestmögliche Elf wäre diese hier, aber wahrscheinlich kommt es wieder zu verschiedenen Rotationen. Ich könnte mir Rieder und Führich zurück in der Startelf vorstellen und eventuell bekommen Undav und Millot eine Pause. Falls Vagnoman ausfällt, wird wahrscheinlich Stenzel sein Platz einnehmen. ich würde mir aber wünschen, dass Chase diesen Platz einnimmt. Gegen Prag war zumindest offensiv eine Verbesserung gegenüber Stenzel.
Statistik
Vor dem 29. Aufeinandertreffen in der Bundesliga führt der VfB Stuttgart mit elf Siegen, während Hoffenheim nur acht Bundesliga-Spiele für sich entscheiden konnte. Im Neckarstadion konnte die Kraichgauer nur drei Mal gewinnen. Zuletzt gelang ihnen ein Dreier beim letzten Gastauftritt im Oktober 2023. Das war auch die letzte Heimniederlage des VfB. Seitdem konnten die Schwaben zuhause immer punkten. Stuttgart macht fußballerisch genau da weiter wo man letztes Jahr aufgehört hat. Der VfB hat den drittmeisten Ballbesitz der Bundesliga und hat nach Bayern zusammen mit Leverkusen die zweitmeisten Tore geschossen. Auch in der xG-Tabelle steht der VfB an der Spitze. Trotz hoher Kantersiege seitens der Bayern erspielte der VfB die meisten xG der Bundesliga. Das könnte das entscheidende Mismatch sein, denn Hoffenheim lässt die zweitmeisten Gegentore und die zweitmeisten xG zu. Eine der Schwächen Hoffenheims ist dazu die Zweikampfführung. Sie gewinnen selten ihre Zweikämpfe und haben die drittmeisten gelben Karten gesehen. Könnte ein Kopfballtor für Hoffenheim der Siegtreffer sein? Die Mannschaft von Pellegrino Matarazzo schlägt die drittmeisten Flanken aus dem Spiel, gleichzeitig gewinnt der VfB die zweitwenigsten Kopfballduelle Stuttgart. Was sich beide Mannschaften teilen, ist eine gewisse Lauffaulheit. Beide Teams sind im unteren Tabellenbereich was die verschiedenen Laufstatistiken angeht angesiedelt. Sowohl im Bereich intensive Läufe, als auch Sprints und Laufdistanz ist jeweils einer dieser beiden Mannschaften das Schlusslicht.
Fazit
Hoffenheim und Matarazzo taumeln. Weiß ehrlich nicht, was gegen einen VfB-Sieg sprechen könnte. Natürlich ist die schwache Chancenverwertung ein Thema und die Hoffenheimer könnten durch einen Lucky Punch oder einer dämlichen Schiri-Entscheidung das Spiel gewinnen. Aber bei einem normalen Spielverlauf sollte ein Heimsieg nichts im Wege stehen. Ich tippe auf ein torreiches 4:2 für den Brustring und eine Matarazzo-Entlassung für Montagmorgen.
Titelbild: © Christian Kaspar-Bartke/Getty Images