Rund um das Spiel in Köln

Am Sams­tag will der VfB beim 1. FC Köln wei­te­re Punk­te für den Klas­sen­er­halt sam­meln. Vor der Par­tie in der Dom­stadt spra­chen wir mit FC-Fan Marc vom Geiss­blog Köln.

Hal­lo Marc und vie­len Dank, dass Du Dir Zeit für unse­re Fra­gen nimmst. Kurz zu Dir: Wie bist Du FC-Fan gewor­den und wie ist der Geiss­blog ent­stan­den?

Ich bin Fan gewor­den wie so vie­le: in der Grund­schu­le auf dem Schul­hof bol­zen, unter der Schul­bank Pani­ni-Bil­der tau­schen, den Sport­teil beim Früh­stück ver­schlin­gen und irgend­wann erst­mals ins Sta­di­on gehen. Mit neun Jah­ren im Mai 1991 gegen den 1. FC Nürn­berg, 3:1 durch die Tore von Litt­bar­ski, Orde­ne­witz und ein Nürn­ber­ger Eigen­tor. Es waren die ers­ten Mona­te mei­nes Fan-Seins. Und was für wel­che! Ich hat­te mit Ill­gner, Stei­ner, Lit­ti und Häß­ler bei der WM 1990 mit­ge­fie­bert. Dann mein ers­ter Besuch in Mün­gers­dorf, nur einen Monat spä­ter das ver­lo­re­ne Pokal­fi­na­le gegen Bre­men. Und natür­lich der 17. Novem­ber 1991: der Tod von Mau­rice Banach. Es hat mir mein Herz zer­ris­sen. Mucki und Bodo Ill­gner waren mei­ne bei­den Hel­den. Wegen ihnen bin ich FC-Fan gewor­den und habe 24 Jah­re spä­ter den GEISSBLOG gegrün­det.

In der ver­gan­ge­nen Sai­son schaff­te der FC als Auf­stei­ger am vor­letz­ten Spiel­tag den Klas­sen­er­halt, konn­te jedoch nach der Coro­na-Pau­se kein Spiel mehr gewin­nen, auch in die­ser Sai­son geht es gegen den Abstieg, aktu­ell steht ihr mit drei Punk­ten Vor­sprung auf den Rele­ga­ti­ons­rang auf Platz 14. Wie groß ist in Köln die Angst vor einem erneu­ten Abstieg und wel­che Aus­wir­kun­gen hät­te der?

Vor eini­gen Wochen war die Angst deut­lich grö­ßer als heu­te. Als 14. lässt es sich etwas ruhi­ger atmen als auf einem Abstiegs­platz. Den­noch machen die zuletzt ver­bes­ser­ten Leis­tun­gen der Main­zer und Bie­le­fel­der Sor­gen. Das wird ein knap­pes Ding. Daher wäre ein FC-Sieg gegen den VfB sehr viel wert. Denn ein wei­te­rer Abstieg wür­de den FC extrem hart tref­fen. Wie hart, kann man noch nicht seri­ös bewer­ten, weil die Ver­ant­wort­li­chen kei­ne Aus­sa­gen zur finan­zi­el­len Lage des Klubs tref­fen. Man muss aber kein Pro­phet sein, um
vor­her­zu­sa­gen: Der FC käme in der Zwei­ten Liga in arge Nöte und könn­te sich einen Kraft­akt für die sofor­ti­ge Rück­kehr in die Bun­des­li­ga nicht leis­ten.

In den ver­gan­ge­nen Wochen konn­tet Ihr gegen die direk­te Kon­kur­renz aus Bie­le­feld und Gel­sen­kir­chen gewin­nen, außer­dem das Der­by in Mön­chen­glad­bach. Siehst Du den FC aktu­ell im Auf­wind?

Das wäre dem FC in jedem Fall zu wün­schen. Auf­wind bedeu­tet für mich aller­dings, dass Spie­ler aus einem Erfolg Selbst­be­wusst­sein und Kraft für die nächs­ten Spie­le zie­hen. Das hat man letz­tes Wochen­en­de in Frank­furt lei­der nicht gese­hen. Daher wür­de ich es so sagen: Der FC ist immer für eine Über­ra­schung gut, für eine sehr soli­de Defen­siv­leis­tung und damit auch für Punk­te. Umge­kehrt hat sich die Mann­schaft in die­ser Sai­son schon so häu­fig selbst besiegt, dass seriö­se Vor­her­sa­gen kaum mög­lich sind.

Sebas­tia­an Bornauw wird am Sams­tag wegen einer Wir­bel­säu­len-OP feh­len, auch ande­re Spie­ler wie Jonas Hec­tor, Ondrej Duda und Mari­us Wolf sind ange­schla­gen. Wel­chen Ein­fluss haben die­se Ver­let­zun­gen auf das Team?

Zu den Genann­ten kannst du noch Sebas­ti­an Anders­son und Flo­ri­an Kainz hin­zu­zäh­len. Dann hast du sechs ver­meint­li­che Stamm­spie­ler, die dem FC gegen Stutt­gart feh­len könn­ten, und zwar aus allen Mann­schafts­tei­len. Bornauw, Hec­tor, Duda, Anders­son – so soll­te eigent­lich die zen­tra­le Ach­se in die­ser Sai­son lau­ten. Das Pro­blem: Sie haben nur am 1. und 2. Spiel­tag gemein­sam auf dem Platz gestan­den, seit­dem nicht mehr.

Im Win­ter ver­lieh der FC Antho­ny Mode­s­te nach St. Eti­en­ne und ver­pflich­te­te Max Mey­er von Crys­tal Palace, hin­zu kam Emma­nu­el Den­nis von Club Brüg­ge. Wie bewer­test Du die Trans­fer­ak­ti­vi­tä­ten auch im Hin­blick auf den Abstiegs­kampf?

Tony Mode­s­te war nur noch ein Schat­ten sei­ner frü­he­ren Tage. Er war kör­per­lich nicht in der Lage Bun­des­li­ga zu spie­len. So ehr­lich muss man sein. Daher war die Lei­he rich­tig. Den­nis passt der­zeit bes­ser in das lauf­in­ten­si­ve Spiel von Mar­kus Gis­dol. Aller­dings ist er bis­lang kaum in das Offen­siv­spiel ein­ge­bun­den und macht es noch nicht gut. Das gilt aller­dings für das gesam­te Spiel mit dem Ball. Im Angriff geht beim FC in die­ser Sai­son fast nichts zusam­men. Wohl auch des­halb hat Horst Heldt Max Mey­er geholt — für mehr Ball­si­cher­heit und als Bin­de­glied zwi­schen Defen­si­ve und Offen­si­ve. Wie bei vie­len Win­ter-Trans­fers ist auch bei ihm die Fra­ge: Wie schnell fin­det er den Rhyth­mus, nach­dem er lan­ge nicht mehr gespielt hat?

Im Hin­spiel traf ja Sebas­ti­an Anders­son per Elf­me­ter zum Aus­gleich. Es war sein bis­lang letz­tes Tor für den FC und auch sei­ne Kol­le­gen rei­ßen offen­siv kei­ne Bäu­me aus, aktu­ell hat die Mann­schaft 20 geschos­se­ne Tore auf dem Kon­to. Woher kommt die­se Offen­siv­schwä­che?

Die Ursa­chen lie­gen im Trans­fer­som­mer. Der FC hat eine völ­lig neue Offen­si­ve: Anders­son, Aro­ko­da­re, Den­nis, Duda, Wolf und Lim­ni­os statt Cor­do­ba, Terod­de, Mode­s­te, Uth und Kainz. Dass es dann eini­ge Zeit brau­chen wür­de, bis sich die Mann­schaft fin­den wür­de, war klar. Aber die­se Aus­re­de zählt schon lan­ge nicht mehr. Wir haben 21 Spie­le gespielt, und noch immer schei­nen die Spie­ler nicht zu wis­sen, was sie mit dem Ball anfan­gen sol­len. Das ist das gro­ße Ver­säum­nis von Mar­kus Gis­dol in die­ser Sai­son, und dafür gibt es auch kei­ne Aus­re­den.

Unab­hän­gig davon: Was sind die Stär­ken und Schwä­chen der FC-Elf?

Zu den Stär­ken gehört sicher die Lauf­ar­beit. Das hat Gis­dol deut­lich ver­bes­sert. Die Mann­schaft ist fit und zwei­kampf­stark. Das ist die Basis. So weit, so gut. Wenn die Spie­ler kon­zen­triert ver­tei­di­gen, ist es des­halb sehr schwer gegen den FC ein Tor zu erzie­len. Das Tor­ver­hält­nis hat man sich gegen Lever­ku­sen (0:4) und in Frei­burg (0:5) kaputt geschos­sen. Und dann hat man noch sage und schrei­be acht Elf­me­ter kas­siert. Womit wir bei den Schwä­chen wären. Der FC leis­tet sich hor­rend vie­le indi­vi­du­el­le Feh­ler in der Defen­si­ve. Und wenn wir nach den Grün­den für die harm­lo­se Offen­si­ve suchen, muss man sich nur die Pass­quo­te anschau­en. Das Pass­spiel ist mit das Schlech­tes­te in der Liga, weil die Spie­ler Stock­feh­ler pro­du­zie­ren und die Lauf­we­ge nicht stim­men. Die Bäl­le sind viel zu schnell wie­der weg, die Spie­ler schaf­fen kei­ne Ent­las­tung und kön­nen den Geg­ner viel zu sel­ten hin­ten beschäf­ti­gen.

Seit 2019 sind Trai­ner Mar­kus Gis­dol und Sport­ge­schäfts­füh­rer Horst Heldt im Amt, wie fin­dest Du ihre Arbeit bis­her und wie lässt Gis­dol die Mann­schaft spie­len?

Horst Heldt muss aus­ba­den, was ihm sei­ne Vor­gän­ger und auch Co-Geschäfts­füh­rer Alex­an­der Wehr­le ein­ge­brockt haben. Der FC hat jah­re­lang auf der­art gro­ßem Fuß gelebt, dass längst nicht nur die Coro­na-Kri­se an der finan­zi­el­len Schief­la­ge schuld ist. Aber auch Heldt hat schon auf dem Trans­fer­markt dane­ben gele­gen, wes­halb er im Som­mer bewei­sen muss, dass er mit sehr wenig Geld einen kon­kur­renz­fä­hi­gen Kader bau­en kann. Er wird auch ent­schei­den müs­sen, ob Mar­kus Gis­dol per­spek­ti­visch wirk­lich der rich­ti­ge Trai­ner ist. Denn selbst wenn Gis­dol den FC jetzt noch ein­mal ret­ten soll­te: Unter dem Strich bleibt, dass seit Mona­ten kei­ne Ent­wick­lung zu sehen ist, und dafür ist der Trai­ner ver­ant­wort­lich.

Eine ande­re Per­son aus dem nicht-sport­li­chen Bereich war zuletzt beim VfB im Gespräch: Tobi­as Kauf­mann. Was könnt Ihr uns über Euren ehe­ma­li­gen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­chef erzäh­len und wie bewer­test Du die Ver­pflich­tung sei­nes Nach­fol­gers und den Rück­zie­her davon?

Ich fin­de, dass eine sol­che Per­so­na­lie im Hin­ter­grund ablau­fen und kei­ne gro­ße Auf­merk­sam­keit erzie­len soll­te. Des­we­gen hat der FC bei der Tren­nung von Kauf­mann genau­so wie bei der Ver­pflich­tung des Nach­fol­gers so ziem­lich alles falsch gemacht, was man falsch machen konn­te. Kauf­mann muss­te damals gehen, weil er dem alten Prä­si­di­um sehr nahe gestan­den hat­te, das neue Prä­si­di­um dage­gen einen Schnitt machen woll­te. Das war legi­tim, nicht aber die Art und Wei­se über die Köp­fe der Geschäfts­füh­rer hin­weg. Dann hat man beim Aus­wahl­pro­zess des Nach­fol­gers geschlampt und ein Eigen­tor geschos­sen. Davon müs­sen sich nun erst ein­mal alle wie­der erho­len.

Zum Abschluss: Dein Tipp fürs Spiel?

Der 1. FC Köln muss gewin­nen, daher 2:1 für die Geiß­bö­cke. Dabei ist das gar nicht mal so wahr­schein­lich. Beim letz­ten FC-Sieg in Mün­gers­dorf traf noch Dirk Lott­ner gegen den VfB – und das ist jetzt über 20 Jah­re her…

Titel­fo­to: © ima­go/­T‑F-Foto

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