Rund um den nächsten Gegner: Im Gespräch mit Sparta Prag-Fan Jan

Heu­te Abend emp­fängt der VfB zum ers­ten Cham­pi­ons League-Heim­spiel seit 14 Jah­ren Spar­ta Prag im Neckar­sta­di­on. Gegen den tsche­chi­schen Haupt­stadt­club bestrit­ten die Brust­ring­trä­ger in ihrer Geschich­te noch kein Pflicht­spiel. Umso inter­es­san­ter, was uns Spar­ta-Fan Jan vom Der­by Pod­cast über sei­nen Ver­ein zu berich­ten weiß.

Rund um den Brust­ring: Hal­lo Jan und dan­ke, dass Du dir die Zeit für unse­re Fra­gen nimmst. Bit­te stell Dich und Dei­nen Pod­cast erst­mal vor.

Jan: Hal­lo, mein Name ist Jan Pav­li­ca und ich bin 37 Jah­re alt. Ich bin als Spar­ta-Fan gebo­ren und wer­de als Spar­ta-Fen ster­ben. In Prag gibt es neben Spar­ta noch Sla­via und zwi­schen bei­den Ver­ei­nen herrscht eine rie­si­ge Riva­li­tät. Am kom­men­den Sonn­tag steht das nächs­te Der­by an: Sla­via emp­fängt Spar­ta. Die bei­den Ver­ei­ne haben in Prag ganz ver­schie­de­ne poli­ti­sche, öko­no­mi­sche und his­to­ri­sche Hin­ter­grün­de, wen man unter­stützt ist auch eine Fra­ge der gesell­schaft­li­chen Stel­lung. Ich bin auch Unter­neh­mer, habe Geschäf­te im Tou­ris­mus­be­reich und mit Solar­pa­nelen und jeden Mon­tag neh­men ich mit mit mei­nem “Freund”, einem Sla­via-Fan auf You­Tube den DERBY PODCAST auf, in dem wir über die letz­ten und die anste­hen­den Spie­le von Spar­ta und Sla­via spre­chen. Ich habe außer­dem zwei Kin­der, die zum Glück auch Spar­ta-Fans sind — auch wenn das bei uns zu Hau­se kei­ne demo­kra­ti­sche Abstim­mung war (lacht). Ich mache auch Sport, aber mein größ­tes Hob­by ist Fuß­ball und Spar­ta im Spe­zi­el­len

Am Frei­tag ver­lor Spar­ta zum ers­ten Mal in die­ser Sai­son ein Pflicht­spiel, gegen Sig­ma Olo­mouc. Was war der Grund dafür?

Spar­ta ging mit sei­ner bes­ten Auf­stel­lung ins Spiel, nach die Mann­schaft zuletzt kri­ti­siert wur­de, sie wür­de sich zu sehr auf die Euro­pa­po­kal-Spie­le fokus­sie­ren und in der Liga vor allem zu Hau­se nicht beson­ders über­zeu­gend auf­tre­ten. Spar­ta gewann sei­ne Heim­spie­le nur sehr knapp, wes­we­gen unser neu­er Trai­ner Lars Fri­is die­ses Spiel nicht auf die leich­te Schul­ter neh­men woll­te und sei­ne stärks­te Mann­schaft auf­bot. Ver­mut­lich wird Spar­ta heu­te Abend mit der glei­chen Auf­stel­lung auf­lau­fen. Spar­ta ging nach einem wei­ten Abschlag von Tor­hü­ter Vin­dahl auch durch ein sehens­wer­tes Tor von Vik­tor Olan­tun­ji in Füh­rung und alles sah gut aus. Lei­der ver­lor die Mann­schaft danach die Kon­zen­tra­ti­on. Olo­mouc pro­fi­tier­te dann von zwei Feh­lern unse­res wert­volls­ten Spie­lers, Innen­ver­tei­di­ger Mar­tin Vítík sowie unse­res Natio­nal­spie­lers Jaros­lav Zel­ený und ging mit 3:1 in Füh­rung. Unser zwei­tes Tor reich­te lei­der nicht, so dass Spar­ta sogar zum ers­ten Mal seit ein­ein­halb Jah­ren ein Heim­spiel in der Liga ver­lo­ren hat. Das war für uns alle ein Schlag ins Gesicht, aber wie ich fin­de auch ein wich­ti­ger Weck­ruf, den die Mann­schaft brauch­te.

Ver­gan­ge­ne Sai­son gewann Spar­ta zum ers­ten Mal seit zehn Jah­ren das Dou­ble und zum zwei­ten Mal in Fol­ge die Meis­ter­schaft. Ist Spar­ta jetzt wie­der im Kom­men, nach­dem sich zehn Jah­re lang Sla­via und Vik­to­ria Pil­sen die Titel unter­ein­an­der auf­teil­ten?

Grund­sätz­lich muss man sagen, dass die tsche­chi­sche Liga einen gro­ßen Schritt nach vor­ne gemacht hat und sich auch in der Fünf-Jah­res-Wer­tung ver­bes­sert hat, so dass sich seit die­ser Sai­son der Meis­ter für die Cham­pi­ons League qua­li­fi­ziert. Das bedeu­tet auch zusätz­li­che Ein­nah­men für die Ver­ei­ne. In Tsche­chi­en gibt es, wie Du sagst, drei domi­nan­te Ver­ei­ne: Spar­ta, Sla­via und Vik­to­ria Pil­sen, wobei Pil­sen häu­fig der lachen­de Drit­te neben uns und Sla­via war. Was man über Spar­ta wis­sen muss ist, dass ihr Besit­zer Dani­el Kre­tin­sky einer der reichs­ten Män­ner des Lan­des ist — ein ele­gan­ter jun­ger Geschäfts­mann mit Fir­men in Eng­land, Frank­reich und ande­ren west­eu­ro­päi­schen Län­dern, nicht der klas­si­sche ost­eu­ro­päi­sche Olig­arch, son­dern sehr cha­ris­ma­tisch und gebil­det. Er besitzt Spar­ta seit 14 Jah­ren, aber alles hat sich damit geän­dert, dass Tomáš Rosický vor fünf Jah­ren Sport­di­rek­tor wur­de: Vor drei Jah­ren instal­lier­te er Bri­an Pris­ke als Trai­ner — frü­her bei Midt­jyl­land und Ant­wer­pen — setz­te ver­mehrt auf aus­län­di­sche Spie­ler und imple­men­tier­te eine Sie­ger­men­ta­li­tät. Nach dem Dou­ble wech­sel­te Pris­ke zu Feye­noord, die Arne Slot erset­zen muss­ten und wur­de durch den Co-Trai­ner der däni­schen A‑Nationalmannschaft, Lars Fri­is ersetzt. Fri­is hat uns nach 19 lan­gen Jah­ren end­lich wie­der in die Cham­pi­ons League geführt, mit domi­nan­ten Auf­trit­ten gegen Sham­rock, Buka­rest, Mal­mö und schließ­lich Red Bull Salz­burg

Was sind dei­ne Erwar­tun­gen an die aktu­el­le Sai­son?

Bei Spar­ta geht es immer dar­um, die Liga zu gewin­nen und sich für Euro­pa zu qua­li­fi­zie­ren. Die­ses Jahr wird es sehr schwer gegen Sla­via, die nach lan­ger Zeit end­lich wie­der den Titel holen wol­len — das Der­by am Sonn­tag wird da sehr bedeut­sam wer­den. Auch in der Cham­pi­ons League will Spar­ta natür­lich gut mit­hal­ten, Stutt­gart wird für unser Sys­tem eine inter­es­san­te Her­aus­for­de­rung.

Wel­ches Sys­tem spielt Ihr denn, was sind Spar­tas Stär­ken und Schwä­chen und auf wen müs­sen wir beson­ders auf­pas­sen?

Spar­ta spielt in einem 3–4‑3 mit Wing­backs. Gera­de über unse­re Flü­gel­stür­mer Haras­lin und Bir­manče­vič haben wir ein gutes Umschalt­spiel, bei­de haben schon zahl­rei­che Tore vor­be­rei­tet und sind auch sel­ber tor­ge­fähr­lich, auf die müsst ihr also auf­pas­sen. Vor­ne spielt der bereits erwähn­te Vik­tor Ola­tun­ji, schnell, ein guter Schüt­ze und im Zwei­kampf. Mein Lieb­lings­spie­ler ist aber der Fin­ne Kaan Kai­ri­nen, ein krea­ti­ver zen­tra­ler Mit­tel­feld­spie­ler. Er kon­trol­liert Spar­tas Spiel und das Spiel­tem­po und wird dabei, weil er nicht sehr schnell ist, von Laci oder Sadi­lek im Mit­tel­feld unter­stützt. Tor­wart Vin­dahl ist sehr ruhig und gut mit dem Ball am Fuß, ähn­lich wie Manu­el Neu­er fast ein wei­te­rer Ver­tei­di­ger. Ins­ge­samt ist eine unse­rer Stär­ken auch, dass wir uns gut an das Sys­tem des Geg­ner anpas­sen und des­sen Stär­ken neu­tra­li­sie­ren kön­nen.

Unse­re Start­elf ist also sehr gut, die Bank kann da nicht ganz mit­hal­ten. Zu unse­ren Schwä­chen gehört, dass die Mann­schaft bei star­kem Pres­sing unter Druck gerät und Feh­ler macht. Wir haben da aller­dings viel aus den Spie­len gegen Liver­pool im Euro­pa League-Ach­tel­fi­na­le (1:5 und 1:6) gelernt und ste­hen mitt­ler­wei­le kom­pak­ter. Eine Schwach­punkt sind auch unse­re Wing­backs Wies­ner und Pre­cia­do. Bei­de sind defen­siv anfäl­lig, Wies­ner ist rela­tiv klein und hält den Ball zu lan­ge. Pre­cia­do ist da etwas spiel­stär­ker aber auch zu ver­spielt.

Stutt­gart und Spar­ta haben noch nie gegen­ein­an­der gespielt, der ein­zi­ge Spie­ler, der für bei­de Ver­ei­ne auf­lief, war Jan Simak. Wie war die Reak­ti­on auf die Aus­lo­sung, wel­ches Bild hat man vom VfB in Prag?

Die Aus­lo­sung war ziem­lich schwer für Spar­ta: Salz­burg, Stutt­gart, Man­ches­ter City, Brest, Ath­le­ti­co Madrid, Feye­noord, Inter und Lever­ku­sen. Das wur­de mit­un­ter als das zweit­schwers­te Los ange­se­hen. Zu Hau­se sind wir eine Macht mit einer tol­len Atmo­sphä­re, die uns dabei gehol­fen hat, gro­ße Ver­ein wie Betis oder Gala­ta­sa­ray zu schla­gen. Aus­wärts sind wir schwä­cher und haben vor dem Aus­wärts­spiel in Stutt­gart viel Respekt.

Die Bun­des­li­ga hat in Tsche­chi­en einen guten Ruf, schließ­lich sind die größ­ten Stars unse­rer Liga alle dort­hin gewech­selt: Kol­ler, Rosi­cky, Schick, Hlo­zek, Kader­a­bek or Hra­nac. Der VfB stand lan­ge nicht mehr so weit oben in der Tabel­le, des­we­gen wis­sen wir nicht so rich­tig, was uns in Stutt­gart erwar­tet. Das Spiel bei Real Madrid, in dem der VfB trotz der 1:3‑Niederlage eine gute Leis­tung und guten Fuß­ball zeig­te, hat auf jeden Fall die Auf­merk­sam­keit vie­ler tsche­chi­schen Fans erregt. Ja, Jan Simak, das “wild child” des tsche­chi­schen Fuß­balls. Der war auch häu­fig The­ma im Bou­le­vard, nicht unbe­dingt nur wegen des Fuß­balls.

Weißt Du, wie vie­le Spar­ta-Fans sich auf die Rei­se nach Stutt­gart bege­ben?

Spar­ta hat eine sehr gro­ße Fan­sze­ne, angeb­lich die größ­te in der Tsche­chi­schen Repu­blik. Wir haben 3.300 Kar­ten erhal­ten, die waren aber inner­halb einer Minu­te weg. Ich hat­te Glück und bin heu­te mit einer Grup­pe von zehn Leu­ten in Stutt­gart. Wir wer­den heu­te Abend ein spe­zi­el­les T‑Shirt tra­gen kom­plett in Schwarz.  Spar­ta-Fans sind sehr heiß­blü­tig und lei­den­schaft­lich, mit Cho­reo­gra­phien und Pyro. Es wird mit Sicher­heit ein Spek­ta­kel für Euch. In Euro­pa sind wir für unse­re gute Atmo­sphä­re bekannt und ich bin sicher, wir wer­den Euch in der Laut­stär­ke in nichts nach­ste­hen.

Dein Tipp für das Ergeb­nis?

Ich glau­be nicht, dass wir ver­lie­ren wer­den, die Wahr­schein­lich­keit auf ein Unent­schie­den ist sehr groß. Ich könn­te mir vor­stel­len, dass wir in Füh­rung gehen und es davon abhängt, ob Ihr Eure Mann­schaft zum Sieg tra­gen könnt. Ein 0:2- oder 0:3‑Niederlage wäre eine her­be Ent­täu­schung, ein knap­pe Nie­der­la­ge wäre auf jeden Fall The­ma in den Medi­en. Ich tip­pe auf ein 1:1

Vie­len Dank und auf ein gutes Spiel!

Titel­bild: © Alex Livesey/Getty Images

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