Eine Woche nach dem Spiel beim italienischen Rekordmeister empfängt der VfB heute Abend Zweitligist Kaiserslautern zur zweiten Pokalrunde im Neckarstadion. Mit FCK-Experte und Journalist Florian Reis sprachen wir über die aktuelle Lage bei den Pfälzern.
Rund um den Brustring: Hallo Florian, vielen Dank, dass Du Dir Zeit für unsere Fragen nimmst. Zum ersten Mal seit fast genau sieben Jahren trifft der VfB wieder in einem Pflichtspiel auf den FCK. Damals gewannen wir ebenfalls in der zweiten Pokalrunde gegen den damaligen Zweitligisten auf dem Betzenberg mit 3:1. Zwischenzeitlich war Lautern vier Jahre lang drittklassig. Hat sich der Verein im dritten Zweitliga-Jahr wieder im Unterhaus etabliert?
Florian: Hallo Lennart, etabliert hat sich der FCK noch nicht. Das letzte Jahr, als man lange gegen den Abstieg spielte und drei Trainer brauchte, hat doch scho zurückgeworfen. Diese Saison geht es darum, sich sicher im Mittelfeld der Liga zu platzieren. Was anderes kann nach der erwähnten vergangenen Spielzeit meiner nach auch nicht der Anspruch sein.
Wie siehst Du die Perspektiven bezüglich einer Bundesliga-Rückkehr? Oder steht der Verein dazu sportlich und finanziell noch auf zu wackeligen Beinen?
Naja, du hast das letzte Pokalspiel der beiden Vereine angesprochen. Damals war die sportliche und finanzielle Situation viel prekärer. Damals waren 35.000 Zuschauer eher die Ausnahme, heute ist das die Regel. In Kaiserslautern sollte man vorerst nicht von der Bundesliga-Rückkehr erzählen. Da sind andere Vereine noch weit besser aufgestellt. Aber das muss alleine aus finanziellen Belangen, langfristig natürlich das Ziel sein, klar.
Nach vielen sieglosen Spielen gewann die Mannschaft zuletzt gegen die Spitzenteams aus Paderborn und Düsseldorf. Hat die Mannschaft den Turnaround damit geschafft?
Schwer zu sagen. Die Mannschaft hatte ja einen guten Start und holte sieben Punkte aus den ersten drei Spielen. Danach hat man sich sehr schwer getan und die Ergebnisse haben dann ihr Übriges zur ersten Mini-Krise der Saison getan. Allgemein ist bislang zu beobachten, dass man sich gegen Mannschaften, die mitspielen wollen, leichter tut. Gegen den HSV hätte man vor vier Wochen zu Hause ja auch gewinnen müssen.
Im Sommer übernahm Markus Anfang das Traineramt, der nach seinem gefälschten Impfnachweis lange nicht den allerbesten Ruf hatte. Wie bewertest Du die Personalie Anfang?
Ich finde, dass er die Geschichte in Lautern ganz gut abmoderiert hat. Man muss ja das Sportliche und das Private trennen, das geht bei diesem Vorfall aber natürlich nicht. Mein Eindruck ist aber, dass er mittlerweile auch weiß, was er da für eine, sorry, wenn ich das Wort benutze, Scheiße gebaut hat. Anfang hat mich beeindruckt. Nämlich im Umgang mit dem Unfalltod von FCK-Zeugwart Peter Miethe bei einem Fahrradunfall im Trainingslager im Sommer. Da war Anfang im Anschluss der Ansprechpartner für uns Medien. Das hat er meiner Meinung nach sehr gut gemacht.
Wie lässt er die Mannschaft spielen und wo liegen aktuell Stärken und Schwächen der Betzenberg-Elf?
Man versucht in Lautern, den spielerischen Aspekte voranzutreiben. Das braucht aber Zeit. Und belkommt man die im Fußball? Eine weitere Frage stellt sich dann auch noch. Nämlich, die ob man für diesen Ansatz das nötige Personal hat. Ich denke, das wird man jetzt in den kommenden Wochen sehen, wenn das Team mal komplett ist. Kaiserslautern hatte in den ersten Woche der Saison schon sehr viel Verletzungspech. Wenn Spieler wie zum Beispiel Daisuke Yokota fit bleiben, könnte es aber etwas werden. Wer seinen Auftritt in Düsseldorf gesehen hat, dürfte mit zustimmen. Zu den Stärken und Schwächen kann ich mich kurz halten: Vorne ist man immer für Tore gut, aber in der Defensive hapert es wie letzte Saison immer noch. Da habe ich auch echte Bedenken, wenn da die Qualität eines Deniz Undav oder Ermedin Demirovic kommt.
Ragnar Ache hat in neun Spielen bereits sechs Mal getroffen. Was zeichnet ihn aus und vor wem müssen wir uns noch in Acht nehmen?
Ragnar Ache ist ein Bulle. So etwas habe ich selten gesehen. Ache ist nicht der Mann, der vorne auf die Bälle wartet, sondern spielt auch extrem mannschaftsdienlich. Ich habe Daisuke Yokota ja schon erwähnt. Sollte der am Dienstag spielen, könnte er dem VfB schon weh tun, denn ich erwarte, dass der FCK aus einer kompakten Defensive spielen wird.
Drei ehemalige VfBler stehen im Kader des FCK: Florian Kleinhansl, Philipp Klement und Jean Zimmer. Welchen Stellenwert haben die drei für die Mannschaft?
Florian Kleinhansl hatte am Anfang echt Probleme, es überhaupt mal in den Kader zu schaffen.Seit zwei Spielen ist er aber jetzt Startelf-Spieler und macht es als linker Schienenspieler ordentlich und hat erstmal Erik Wekesser verdrängt. Jean Zimmer hat vor der Saison das Kapitänsamt verloren und hat dann auch nicht mehr gespielt. Das hat sich aber auch durch das Verletzungspech geändert. Zimmer ist aber ohne Frage eine Identifikationsfigur für die Fans. Ja, und bei Philipp Klement ist ein schwieriger Fall. Er hatte bei allen drei Trainer der vergangenen Saison einen schweren Stand. Bei Markus Anfang hat er eine neue Chance bekommen, aber jetzt ist er verletzt.
Welche Chancen rechnest Du dem FCK an diesem Pokalabend in Stuttgart aus?
Wenn ich ehrlich bin, keine allzu große. Das ist das schwierigste Los, das man hätte bekommen können. Im Normalfall ist die Reise am Dienstag zu Ende. Aber man kennt ja den Spruch vom Pokal und den eigenen Gesetzen.
Zum Abschluss: Dein Tipp für Startelf und Ergebnis?
Julian Krahl im Tor, Jan Elvedi, Luca Sich und Jannis Heuer in der Dreierkette, Frank Ronstadt und Florian Kleinhansl auf den Schienen. Im Mittelfeld Filip Kaloc, Boris Tomiak und Marlon Ritter und vorne Daisuke Yokota mit Ragnar Ache. Ich tippe realistisch, und zwar auf einen 3:1‑Sieg des VfB.
Titelbild: © Andreas Schlichter/Getty Images