Das letzte Champions League-Spiel des Jahres steht an und der VfB erwartet das Champions-League Schlusslicht BSC Young Boys aus der Schweiz. Wie es beim amtierenden Meister der Super League läuft erzählt uns YB-Fan Gabriel von Radio Gelb-Schwarz.
Rund um den Brustring: Wie läuft es zurzeit bei Young Boy Bern in der Schweizer Super League?
Gabriel: Naja, wie man der Tabelle der Super League ansehen kann, läuft es bei uns in dieser Saison alles anders als gewünscht, das ist ungewohnt. Aktuell sind wir auf dem neunten Platz mit nur 22 Punkten. Ich denke, wir haben wirklich eine schwierige Situation jetzt zum ersten Mal seit einigen Jahren zu bewältigen. Glücklicherweise ist die Liga aktuell so ausgeglichen, dass der Rückstand immer noch nicht allzu groß ist. Nach 17 Spielen sind es nur 11 Punkte auf den ersten Platz, also da liegt immer noch was drin. Das heißt auch für die Qualifikation in die Meistergruppe aus den ersten sechs Vereinen. Aber es müsste jetzt schon mal was gehen und leider hat das Team auch schon einige Male ja einen Moment verpasst, so einen richtige Turnaround zu schaffen. Das wurde zuletzt auch gerade wieder am Wochenende verspielt in Sion. Und daher ist es ein steiniger Weg weiterhin, aber ich bin grundsätzlich zuversichtlich, was die Entwicklung im neuen Jahr dann betrifft, dass wir hier wirklich mit einer sauberen Vorbereitung das Feld auch noch von hinten aufrollen können.
Bern hat noch keinen Punkt in der Champions League und ist Schlusslicht. Woran liegt das denkst du?
Ja, wir sind leider an diesem letzten Tabellenplatz anzutreffen das ist allerdings auch das, was zu erwarten war. Da hat sich auch niemand die Illusionen gemacht und das war allen klar, dass wir dort irgendwo anzutreffen sind. Klar wäre es schön, wenn wir nicht ganz Letzter wären, das haben wir ja nicht zuletzt auch euch zu verdanken und eurem Auftritt in Belgrad, dass wir jetzt mittlerweile hinter Roter Stern stehen, aber wir haben noch das letzte Spiel dann gegen Roter Stern zu Hause, da erhoffen wir uns dann schon einen Sieg zum Schluss der Kampagne. Und dass wir irgendwo dort sind und nicht wirklich eine Chance haben, uns da zu qualifizieren für die KO-Phase, das war eigentlich allen klar. Das war zu erwarten und enttäuscht jetzt in dieser Form auf niemanden. Wir hatten einige gute Spiele. Inter zu Hause, da war es knapp. Wir hatten auch einige schlechte Spiele. Atalanta Bergamo, da hatten wir keine Chance, das ist einfach brutal schwierig, dieser Mannschaft ist momentan sehr, sehr, sehr gut. Wir hatten auch etwas Lospech, dass wir aus Topf 4 Aston Villa gezogen haben, die wir dann zu Hause empfangen haben. Dort wäre sicherlich ein einfacherer Gegner möglich gewesen. Aber ansonsten ist das in etwa das zu erwartbare.
Seit Oktober ist Joel Magnin Interimstrainer, wie hat sich die Mannschaft unter ihm entwickelt seid ihr zufrieden?
Joel Magnin hat die Mannschaft neuerlich übernommen zum zweiten Mal in diesem Kalenderjahr, nachdem er schon im Frühling übernommen hatte für Rafael Wicky und uns dann zum Meistertitel geführt hat. Jetzt ist er wiederum eingesprungen aus der zweiten Mannschaft und wiederum ist es ihm geglückt, die Mannschaft zu stabilisieren. Ich glaube, was die Mannschaft nötig hatte, ist so etwas eine harte Hand. Magnin ist jetzt nicht der typisch harte Hund, wie vielleicht euer Ex-Trainer, der auch unser Ex-Trainer ist, Christian Groß, diese Prototyp des harten Hundes. Dem entspricht er nicht, Magnin ist ein sehr einfühlsamer Coach, aber eben auch einer, der ziemlich resolut agiert und klare Regeln vorgibt und ich glaube, das hatte unsere Mannschaft nötig. Es gibt einige Charakteren, die sowas nötig hatte und das war, glaube ich, unter den beiden Vorgängern, unter Vicky und auch Patrick Rahmen nicht unbedingt der Fall, dass da wirklich durchgegriffen wurde bei Disziplinlosigkeiten. Das hat Joel Magnin schnell in den Griff gekriegt, darf man schon sagen und das hat unsere Mannschaft stabilisiert, gestärkt und uns wieder einigermaßen auf Kurs gebracht.
Seit 2018 hat YB den FC Basel als Abomeister abgelöst und holte seit dem außer 2021 jedes Jahr den Titel. Wie habt ihr das geschafft?
Diese wundersame Auferstehung der Young Boys nach 32 Jahren ohne Titel 2018, das war für uns alle ein unglaublicher Moment und ist nach wie vor der große Moment meiner bisherigen Fan-Karriere. Ich war nach dem letzten Titel geboren, 1989. Und seit 2018 ist das dann passiert plötzlich. Unter der Führung von Christoph Spycher, der angetreten ist als neuer Sportschef,. Der auch diesen Hunger, diesen Biss installiert hat in der Mannschaft mit Adi Hütter damals als Trainer und so ein neues Denken in unseren Vereinen gebracht hat, der vorher vielleicht etwas genügsam war, das sagt man auch den Bernerinnen und Bernern etwas nach. Dass es dann wirklich zu einer Machtablösung kam, das war für uns auch überraschend. Wir hatten alle auch irgendwie das erwartet, dass das dann nach einer Saison auch wieder normal wird und Basel uns dann wieder den Rang abläuft. Aber seitdem wird einfach sehr, sehr gut und seriös gearbeitet und es werden wenige Fehler gemacht und es herrscht große Ruhe in der Vereinsführung und damit ist in der Super League einfach schon mal ziemlich viel zu erreichen. Das herrscht eben bei den wenigsten Vereinen und daher hatten wir diese großen Erfolge auch aufzuweisen in den letzten knapp acht Jahren
Mit Fabian Rieder ist ein ehemaliger YBler beim VfB. Verfolgt ihr weiterhin seine Entwicklung?
Wir verfolgen grundsätzlich alle Spieler, die uns verlassen haben und sind gespannt, wie sich die weiter entwickeln. Bei Fabian Rieder ist das nochmals verstärkt dadurch, dass er wirklich ein waschechter Berner ist. In Bern geboren, dann aber aufgewachsen etwas nördlicher in Solothurn in der Gegend. Uns war aber klar, schon zu jungen Jahren, als er in der U16 war, dass das ein ganz Großer mal werden würde. Seine Anlagen waren wirklich offensichtlich in seinen Altersstufen. Unglaubliche Ruhe am Ball und das hat uns von Anhieb sehr gefallen. Es ist sehr jung auch ins Team gekommen und wir verfolgen natürlich seinen Weg jetzt ganz genau. Sowohl in Rennes, wo es ein bisschen unglücklich lief mit der Trainerentlassung und auch seiner Verletzung noch. Und jetzt natürlich auch bei euch, wo einfach die Nähe nochmals mehr gegeben ist als in der Bretagne, wo man die Spieler dann nicht immer so genau verfolgen kann. Das ist jetzt in der Bundesliga ganz anders für uns, wo wir Woche für Woche die Spiele und Zusammenfassungen uns anschauen können. Und natürlich dem Fabo, wie wir ihn nennen, alles erdenkliche Glück der Welt wünschen.
Neben der ersten Mannschaften treffen außerdem die beiden U19 in der youth League aufeinander, was kannst du uns über eure U19 erzählen?
In der Youth League ist es so, dass unsere Mannschaft dort schon ausgeschieden ist. Wir werden nicht mehr unter die besten 22 Teams stoßen können. Wir haben eine gute Kampagne gespielt, wieder mal. Wir hatten einen Sieg zu Hause gegen Aston Villa und dann leider fortan keine Punkte mehr geholt. Die Spiele waren immer sehr eng, mit Ausnahme vielleicht gegen La Masia, der Nachwuchs von Barcelona, aber sonst immer sehr eng und ausgeglichen, dann oft gegen Ende des Spiels war die Konzentration irgendwie nicht mehr vorhanden und hat dann der Gegner meist noch ein oder zwei Tore geschossen. Wir haben eine gute, starke Offensive, darf man schon sagen. Am Ende lässt die Konzentration dann auch nach mit der Zeit und das führt immer mal wieder zu Gegentoren, die wir kassieren, aber ich freue mich sehr auf das Spiel. Ich bin gespannt auf das Spiel gegen euren Nachwuchs.
Wie würdest du euren Fußball beschreiben? Was sind die Stärken und Schwächen?
Bei den Stärken würde ich aktuell anfügen, dass wir ziemlich polyvalent sind. Ich glaube, wir beherrschen viele verschiedene Spielsysteme in der Liga. Da sind wir meist gezwungen, das Spiel zu machen, gegen schwächere Gegner, die sich eher hinten reinstellen. Aber wir sind auch in der Liga in der Lage, zu kontern und zu reagieren. Beispielsweise in den Champions League gegen Inter , wo wir eher auf solches Bollwerk gesetzt haben mit einzelnen Konterangriffen über die Flügel. Also grundsätzlich ziemlich unberechenbar, was die Spielanlage betrifft, leider auch was die Form. Das kann dann auch in beide Richtungen gehen. Und da wären wir schon bei den Schwächen, dass wir so etwas führungslos sind, muss man schon sagen, dass diese zentrale Achse nicht wirklich ausgebildet ist und nicht für die nötige Stabilität sorgt aktuell. Das ist unter Joel Magnin jetzt schon besser geworden. Aber das Selbstverständnis, dass wir lange Jahre hatten, über ein solides Spielsystem, über ein solides Gerüst, das ging uns etwas abhanden und insofern haben wir da etwas Schwächen.
Welcher ist euer Player to watch?
Player to Watch ist sicherlich zum einen Philipp Ugrinic in Zentrum, der sich sehr, sehr gut entwickelt hat seit seinem Wechsel von zweieinhalb Jahren vom Liga-Konkurrenten aus Luzern. Er hatte ein erstes schwieriges Jahr, war letztes Jahr schon überragend in der Champions League, hatte dann im Frühling ein Zehenbruch, der ihn lange außer Gefecht gesetzt hat. Jetzt ist er wieder zurück, ziemlich kompletter Spielertyp, durchsetzungsstark, auch schussstark und handlungsschnell. Also ein ziemlich komplettes Paket, und der macht gehörig Spaß. Ansonsten ist sicherlich Jaouen Hadjam zu nennen. Ein linker Außenverteidiger, der von Paris zu uns kam. Er ist ein Spektakelspieler, also geht oft ins Eins gegen Eins, setzt sich da auch auf dem höchsten Level in der Champions League durch zum Teil, aber ist natürlich auch ein Gefahrenherd. Defensiv hat er seine Mängel und die werden auch immer wieder offenbar. Und das macht ihn so etwas zum Spieler zwischen Genie und Wahnsinn, aber einer, der sicherlich immer Spaß macht.
Zum Schluss, dein Tipp für das Spiel?
Ich sage ein 1-1 voraus, wo wir uns unseren ersten Punktgewinn holen bei euch in Stuttgart. Das wäre ein großer Erfolg für uns.
Titelbild: © Christian Kaspar-Bartke/Getty Images