Nicht nur unglücklich

Im Spit­zen­spiel in Leip­zig leg­te sich der VfB zwei von drei Gegen­to­ren mehr oder min­der sel­ber rein. Aber auch ohne die­se Miss­ge­schi­cke wäre ein Punkt­ge­winn für die Brust­ring­trä­ger min­des­tens schmei­chel­haft gewe­sen, zu groß war die Dis­kre­panz in der Gefahr vor dem Tor.

End­lich hat­te der VfB am Sams­tag­nach­mit­tag in der ost­deut­schen Filia­le des Salz­bur­ger Geträn­ke­markts die Gele­gen­heit, die eige­ne Stär­ke auch in der Liga ein­mal auf die Pro­be zu stel­len. Ohne die Sie­ge gegen das unte­re Tabel­len­drit­tel und den Ein­zug ins Pokal-Ach­tel­fi­na­le klein­re­den zu wol­len, soll­te sich am neun­ten Spiel­tag zei­gen, ob wir auch in der Lage sind, Mann­schaf­ten auf Augen­hö­he — oder höher — zu schla­gen, nach­dem das im Super­cup, in Frei­burg und bei Fener­bah­ce bis­her nicht geklappt hat­te. Sebas­ti­an Hoe­neß sah im Nach­hin­ein über gro­ße Tei­le der ers­te Halb­zeit ein “nahe­zu per­fek­tes Spiel” sei­ner Mann­schaft und die­se “über wei­te Stre­cken auf Augen­hö­he” mit dem Kon­tra­hen­ten. Und wenn man sich die Pass- und Ball­be­sitz­sta­tis­ti­ken anschaut sowie die Tat­sa­che, dass von den drei Toren der Haus­her­ren eines ein Eigen­tor und eines ein Lap­sus von Alex Nübel waren, könn­te man durch­aus zu der Annah­me kom­men, dass der VfB hier min­des­tens unglück­lich ver­lo­ren hat. Wie schon gegen ande­re star­ke Geg­ner war es aber vor allem die feh­len­de offen­si­ve Durch­schlags­kraft, die die Nie­der­la­ge zu einer ver­dien­ten mach­ten.

Man muss natür­lich kon­sta­tie­ren, dass man es in Salz­burg-Nord mal wie­der geschafft hat, dass end­los zur Ver­fü­gung ste­hen­de Geld sinn­voll ein­zu­set­zen. Ein Spie­ler wie Yan Dio­man­de wird in die­ser Spiel­zeit noch ande­ren Abwehr­rei­hen Pro­ble­me berei­ten. Und es ist auch nicht so, als hät­te der VfB eine schlech­te Leis­tung gezeigt oder die nöti­ge Hal­tung zu Geg­ner und Spiel ver­mis­sen las­sen — allein die Qua­li­tät, die die Brust­ring­trä­ger am Sams­tag­nach­mit­tag auf den Platz brach­te, reich­te nicht. Und damit mei­ne ich nicht die unglück­li­che Grät­sche von Jeff Cha­b­ot ins eige­ne Tor oder die Leicht­sin­nig­keit von Alex Nübel, bei einem knap­pen Rück­stand vor dem eige­nen Straf­raum ins Dribb­ling zu gehen. Nein, der Qua­li­täts­un­ter­schied offen­bar­te sich dar­in, wie häu­fig die bei­den Leip­zi­ger Außen­spie­ler — der bereits genann­te Dio­man­de und Anto­nio Nusa auf der ande­ren Sei­te — in der Lage waren, in den VfB-Straf­raum ein­zu­drin­gen und den Ball gefähr­lich aufs Tor zu brin­gen. 14 Schüs­se gaben die Haus­her­ren inner­halb des Straf­raums ab, bei sechs davon muss­te der ansons­ten über­ra­gen­de Nübel einen Ein­schlag ver­hin­dern. Vor allem Hen­driks und Maxi Mit­tel­städt hat­ten so mas­si­ve Pro­ble­me, ihre Sei­te unter Kon­trol­le zu krie­gen, dass man sich fra­gen muss, ob eine Vie­rer­ket­te nicht viel­leicht sta­bi­ler gewe­sen wäre.

Immer eine Nasenspitze hinter dem Gegner

Aber auch defen­siv war Leip­zig uns immer eine Nasen­spit­ze vor­aus. Dass der VfB hin­ge­gen ins­ge­samt nur vier Schüs­se auf das Tor von Gulasci brach­te und davon neben Tia­go Tomás sehen­wer­tem Anschluss­tref­fer nur der lasche Schuss von Deniz Undav inner­halb des Sech­zeh­ners abge­ge­ben wur­de, hat­te einer­seits natür­lich mit der Defen­siv­stär­ke der Leip­zi­ger zu tun, die nach den sechs Gegen­to­ren zum Auf­takt in Mün­chen bis zum Sams­tag nur drei wei­te­re Gegen­to­re kas­siert hat­ten. Aber auch damit, dass dem VfB gegen eine aus guten Spie­lern bestehen­de gut orga­ni­sier­te Abwehr ziem­lich wenig ein­fiel. Die gute Pass­quo­te und der vie­le Ball­be­sitz ent­stan­den näm­lich vor allem in eher unge­fähr­li­chen Zonen weit­ab des Leip­zi­ger Straf­raums. Dass der VfB dabei nicht frü­her ange­lau­fen wur­de, hat auch mit dem Respekt zu tun, den wir uns mit vier Sie­gen in Fol­ge bei den Kon­struk­teu­ren erar­bei­tet haben. Sobald sich der Ball am Fuß eines VfB-Spie­lers jedoch dem Straf­raum näher­te, zog sich das Abwehr­netz des Geg­ners so eng zusam­men, dass mit unse­rem han­de­l­üb­li­chen Pass­spiel kein Durch­kom­men war — unge­naue Abspie­le und leich­te Ball­ver­lus­te taten ihr Übri­ges.

Tabel­la­risch und auf die Sai­son gese­hen ist eine Nie­der­la­ge in Leip­zig natür­lich ver­kraft­bar. Der VfB hat bewie­sen, dass er sich gegen schwä­che­re Mann­schaf­ten kei­ne Blö­ße mehr gibt, wäh­rend Geg­ner wie Leip­zig, Mün­chen und ver­mut­lich in die­ser Sai­son auch wie­der Dort­mund nur geschla­gen wer­den kön­nen, wenn bei uns alles zusam­men­kommt und die Mann­schaft in der Lage ist, ihre gan­ze Qua­li­tät auf den Platz zu brin­gen. Bereits am kom­men­den Sonn­tag kön­nen die Brust­ring­trä­ger gegen Augs­burg nach­wei­sen, dass sie tau­meln­den Geg­nern den Knock­out ver­pas­sen kön­nen, ohne dabei auf die Fres­se zu fal­len. Inter­es­san­ter wird es aber, ob Mann­schaft und Trai­ner aus der Nie­der­la­ge in Leip­zig Schlüs­se für das Heim­spiel gegen Feye­noord am Don­ners­tag zie­hen kön­nen. Denn in einer Liga mit nur acht Spie­len wiegt eine wei­te­re Nie­der­la­ge umso schwe­rer, vor allem nach­dem man in zwei Aus­wärts­spie­len in Fol­ge Punk­te hat lie­gen las­sen. Auch Rot­ter­dam hat in der Ere­di­vi­sie in elf Spie­len erst zehn Gegen­to­re kas­siert, sechs davon in zwei Spie­len. Wir kamen auch mit über­schau­ba­rem offen­si­ven Ertrag gut durch die letz­ten Wochen — müs­sen uns jetzt aber stei­gern, wenn wir uns in Spie­len wie am Sams­tag hin­ter­her nicht nur für die Augen­hö­he auf die Schul­ter klop­fen wol­len.

Zum Wei­ter­le­sen: Der Ver­ti­kal­pass sieht den Auf­tritt des VfB etwas posi­ti­ver: “Der VfB spiel­te ansehn­lich, flüs­sig, mutig. Leip­zig dage­gen abwar­tend, lan­ge pas­siv. Beim VfB stimm­ten die Abläu­fe, die Raum­auf­tei­lung, die Ener­gie. Leip­zig dage­gen cool. Es ver­ließ sich auf die Abwehr und wuss­te, dass vor­ne die Indi­vi­dua­lis­ten das Spiel ent­schei­den kön­nen.”

Titel­bild: © Stuart Franklin/Getty Images

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