Rund um den nächsten Gegner: Im Gespräch mit Deventer-Experte Roy

Die Go Ahead Eagles aus Deven­ter sind die gro­ße Unbe­kann­te in die­ser Euro­pa­po­kal­sai­son des VfB. Wir haben mit Jour­na­list Roy Heet­haar über den Ver­ein und die aktu­el­le Lage dort gespro­chen.

Rund um den Brust­ring: Hal­lo Roy und vie­len Dank, dass du dir die Zeit nimmst, mei­ne Fra­gen zu beant­wor­ten. Kannst du dich zunächst vor­stel­len und uns mehr über den Pod­cast Vet­kampp­rat erzäh­len, den du bis zum Som­mer vier Staf­feln lang pro­du­ziert hast?

Roy: Ich bin frei­er Jour­na­list und habe rund zehn Jah­re lang für die Zei­tung De Sten­tor über Go Ahead Eagles berich­tet. Danach habe ich mei­nen eige­nen Pod­cast über den Ver­ein gestar­tet: Vet­kampp­raat. Es war ein abwechs­lungs­rei­cher, aber kri­ti­scher Pod­cast mit Gäs­ten aus und außer­halb des Klubs. Wir haben die Serie aus Zeit­grün­den been­det.

Das Ende des Pod­casts fiel mit dem ers­ten Titel für Deven­ter seit fast einem Jahr­hun­dert zusam­men, als der Klub den KNVB-Beker, den nie­der­län­di­schen Pokal, gewann. Was bedeu­te­te die­ser Titel für den Ver­ein und die Fans?

Ein unglaub­li­ches High­light. Nie­mand hät­te je gedacht, dass das mög­lich wäre. Die Tro­phäe hat­te eine zusätz­li­che emo­tio­na­le Ebe­ne, weil der sehr belieb­te Klub­be­sit­zer Kees van Vier­hou­ten im Jahr zuvor ver­stor­ben war. Unter sei­ner Füh­rung hat­ten die Go Ahead Eagles bereits deut­lich ihren Weg nach oben gefun­den. Es ist sehr scha­de, dass er den Tri­umph im KNVB-Pokal nicht mehr erle­ben durf­te.

Seit der Rück­kehr in die Ere­di­vi­sie hat sich der Klub kon­ti­nu­ier­lich ver­bes­sert – ein­schließ­lich des Pokal­siegs. Ist das die bes­te Zeit in der jün­ge­ren Geschich­te von Go Ahead Eagles?

Ja, abso­lut. Der Auf­stieg unter Trai­ner Kees van Won­de­ren – ganz zu Beginn unse­res Pod­casts – brach­te den Ver­ein auf einen kla­ren Auf­wärts­pfad. Klu­ge Ent­schei­dun­gen des dama­li­gen Direk­tors Alex Kroes und des Geschäfts­füh­rers Jan Wil­lem van Dop spiel­ten eine gro­ße Rol­le. Auch die Nach­fol­ger von Van Won­de­ren leis­te­ten her­vor­ra­gen­de Arbeit: René Hake, Paul Simo­nis und jetzt Mel­vin Boel. Der frü­he­re Tech­ni­sche Direk­tor Paul Bos­velt hat­te gro­ßen Ein­fluss mit vie­len erfolg­rei­chen Trans­fers. Spie­ler wie Wil­lum Wil­l­ums­son und Oli­ver Edvard­sen wur­den mit beträcht­li­chem Gewinn ver­kauft, was dem Klub wei­te­res Wachs­tum ermög­lich­te. Unter dem wohl­ha­ben­den Kees Vier­hou­ten, der Alex Kroes ablös­te, hat sich der Klub in den letz­ten Jah­ren noch wei­ter­ent­wi­ckelt. Mit dem Aus­bau des Sta­di­ons wur­den die Vor­aus­set­zun­gen geschaf­fen, um ein sta­bi­ler Ere­di­vi­sie-Klub zu blei­ben.

Letz­tes Jahr qua­li­fi­zier­te sich der Klub für die Con­fe­rence-League-Qua­li­fi­ka­ti­on; vor zehn Jah­ren spiel­te Deven­ter in der Euro­pa-League-Qua­li­fi­ka­ti­on gegen Feren­cvá­ros. Wir haben über zehn Jah­re auf die Rück­kehr nach Euro­pa gewar­tet. Was bedeu­tet es für Deven­ter, in die­ser Sai­son acht Spie­le in der Euro­pa League zu bestrei­ten?

Um an die vori­ge Ant­wort anzu­knüp­fen: Die Fans haben vie­le har­te Jah­re durch­lebt. Vor rund zwan­zig Jah­ren stand der Klub kurz vor dem finan­zi­el­len Kol­laps. Die­se aktu­el­le Pha­se des sport­li­chen Erfolgs ist etwas, an das die Men­schen in der Arbei­ter­stadt Deven­ter nicht gewöhnt sind. Acht Euro­pa-League-Spie­le gegen gro­ße Ver­ei­ne wie VfB Stutt­gart und Aston Vil­la zu spie­len, hät­te sich kein Go-Ahead-Eagles-Fan je vor­stel­len kön­nen. Es hat dem Klub und sei­ner Anhän­ger­schaft enor­men Auf­trieb gege­ben und Erin­ne­run­gen geschaf­fen, die nie ver­ges­sen wer­den.

GAE und der VfB ste­hen mit jeweils zwei Sie­gen direkt neben­ein­an­der in der Tabel­le. Stutt­gart besieg­te Cel­ta de Vigo und anschlie­ßend den Ere­di­vi­sie-Tabel­len­füh­rer Feye­noord, wäh­rend Deven­ter Pan­athi­nai­kos und über­ra­schend Aston Vil­la zu Hau­se schlug. Wie kam die­ser Sieg zustan­de?

Bei schreck­li­chen Wet­ter­be­din­gun­gen – Sturm Ben­ja­min feg­te über das Land – hät­te das Spiel für Go Ahead Eagles kaum schlech­ter begin­nen kön­nen. Nach weni­gen Minu­ten stand es 0:1. Kurz dar­auf muss­te Ver­tei­di­ger Ger­rit Nau­ber mit einer schwe­ren Ver­let­zung vom Platz getra­gen wer­den, und noch vor der Halb­zeit muss­te auch ihr bes­ter Angrei­fer Jacob Bre­um aus­ge­wech­selt wer­den. Nie­mand rech­ne­te zu die­sem Zeit­punkt noch mit ihnen, aber genau die­se Ereig­nis­se führ­ten zu Selbst­ge­fäl­lig­keit bei Aston Vil­la. Wie aus dem Nichts fiel vor der Pau­se das 1:1. Nach der Halb­zeit schaff­te es Vil­la nicht mehr, einen Gang höher zu schal­ten. Das Angriffs­spiel wur­de vor­her­seh­bar, wäh­rend Go Ahead Eagles sehr dis­zi­pli­niert ver­tei­dig­te und durch Mats Dei­jl eis­kalt zuschlug. In der Schluss­pha­se bekam Vil­la noch einen Elf­me­ter – aber es soll­te ein­fach nicht sein: Der Ball ging über die Lat­te, und Deven­ter durf­te fei­ern.

Siehst du eine Chan­ce, dass Deven­ter die Play­offs oder sogar das Ach­tel­fi­na­le erreicht?

Man kann inzwi­schen nichts mehr aus­schlie­ßen. In Deven­ter pas­sie­ren Wun­der. Es wird schwie­rig, aber durch­aus mög­lich. Zumin­dest wer­den sie bis zum letz­ten Spiel­tag dabei sein.

In der Ere­di­vi­sie hat der Klub gera­de gegen Alme­lo ver­lo­ren, das Tabel­len­letz­ter ist. Was war da los?

Go Ahead Eagles wech­seln sehr star­ke Leis­tun­gen mit völ­li­gen Aus­fäl­len ab. Beson­ders in Aus­wärts­spie­len hat die Mann­schaft Pro­ble­me, ein kon­stan­tes Niveau zu hal­ten. Außer­dem bekam Hera­cles nach der Ent­las­sung von Trai­ner Bas Sibum unter dem neu­en Coach Hen­rie Krü­zen plötz­lich Auf­wind.

Ich habe gese­hen, dass Milan Smit euer bes­ter Tor­schüt­ze in der Liga ist. Auf wen soll­ten wir sonst noch ach­ten?

Dean James – ein sehr star­ker Außen­ver­tei­di­ger mit gutem Dribb­ling und guten Flan­ken. Aber vor allem: Jacob Bre­um. Er soll­te nach der Ver­let­zung aus dem Aston-Vil­la-Spiel wie­der voll­stän­dig fit sein. Gegen Hera­cles wur­de er bereits für die letz­ten zwan­zig Minu­ten ein­ge­wech­selt. Und die Go Ahead Eagles haben mit Jari de Bus­ser einen her­vor­ra­gen­den Tor­wart.

Was sind die Stär­ken und Schwä­chen des Teams, und wel­ches Sys­tem bevor­zugt Trai­ner Mel­vin Boel?

Meis­tens ein 4–2‑3–1. Go Ahead Eagles sind nicht immer kon­stant, aber ins­be­son­de­re bei Heim­spie­len kön­nen sie Groß­ar­ti­ges leis­ten. Sie haben meist eine soli­de Orga­ni­sa­ti­on, krea­ti­ves Spiel, eine star­ke Defen­si­ve und einen her­aus­ra­gen­den Tor­hü­ter.

Für VfB-Fans wird es der ers­te Besuch in De Adel­a­ar­shorst, auch wenn wir durch die UEFA-Beschrän­kun­gen für Aus­wärts­ti­ckets nur 500 sein wer­den. Was erwar­tet uns im Sta­di­on und wie wich­tig war es, dort spie­len zu dür­fen und nicht für inter­na­tio­na­le Spie­le aus­wei­chen zu müs­sen?

Eine ein­zig­ar­ti­ge Atmo­sphä­re, oft mit eng­li­schen Sta­di­en ver­gli­chen. Rau. Mit­ten in einem Wohn­vier­tel gele­gen. Ein char­man­tes Sta­di­on mit Fans, die jeden Moment lei­den­schaft­lich leben. Es war ein Segen, dass der Klub nie umge­zo­gen ist – das hät­te die gesam­te Iden­ti­tät zer­stört.

Spie­le unter der Woche sind nicht unbe­dingt ide­al für einen Städ­te­trip, beson­ders wenn wir am Don­ners­tag nicht in die Stadt dür­fen. Aber wenn Stutt­gart-Fans vor oder nach dem Spiel in Deven­ter sind – was soll­ten sie sehen und tun?

Deven­ter hat ein wun­der­schö­nes his­to­ri­sches Stadt­zen­trum mit vie­len male­ri­schen Stra­ßen. Das Bergkwar­tier ist schön, und der Brink ist ein attrak­ti­ver Platz, der aus­schließ­lich mit Restau­rants und Cafés gefüllt ist – kei­ne Geschäf­te. Für einen Pub-Besuch emp­feh­le ich De Heks und Davo. Und unbe­dingt einen Spa­zier­gang ent­lang des hüb­schen IJs­sel-Ufers machen.

Zum Schluss: Dein Tipp für die Start­elf und das Ergeb­nis?

Ich erwar­te nicht vie­le Ver­än­de­run­gen im Ver­gleich zum Spiel in Alme­lo. Star­spie­ler Jacob Bre­um könn­te anstel­le von Cal­vin Twigt begin­nen. Mein Tipp: ein Unent­schie­den 1:1.

Titel­bild: © Chris­tof Koepsel/Getty Images

Schreibe einen Kommentar