Was ich mir von einem VfB-Präsidenten wünsche

Die­ser Arti­kel soll kein Arti­kel direkt gegen Wolf­gang Diet­rich sein. Ich habe ein­fach ein­mal dar­über nach­ge­dacht, wel­che Eigen­schaf­ten, Wer­te und Qua­li­fi­ka­tio­nen ich zum einen vor­aus­set­ze und mir zum ande­ren von einem VfB-Prä­si­den­ten wün­sche.

Führungserfahrung

Der Prä­si­dent eines Ver­eins mit knapp 70.000 Mit­glie­dern und ver­ant­wort­lich für ein Mil­lio­nen­bud­get braucht zwin­gend Erfah­rung aus einer ver­ant­wor­tungs­vol­len Posi­ti­on her­aus. Die Sat­zung des VfB ist da ziem­lich deut­lich und ein­deu­tig: „[…], dass der vor­ge­schla­ge­ne Kan­di­dat über eine min­des­tens zehn­jäh­ri­ge Erfah­rung in wirt­schaft­li­chen Ange­le­gen­hei­ten in einer hohen Manage­ment­po­si­ti­on oder in einer ver­gleich­ba­ren Füh­rungs­po­si­ti­on und/oder im akti­ven Leis­tungs­sport ver­fügt.“. Ich hal­te das für ein wenig zu hoch gehängt, weil damit sehr vie­le mög­li­cher­wei­se qua­li­fi­zier­te Per­so­nen von vorn­her­ein aus­ge­schlos­sen wer­den, aber die Grund­idee dahin­ter ist sicher rich­tig.

Positives Führungsverhalten

Das mag etwas schwüls­tig klin­gen, was ich damit aber mei­ne: Ein Prä­si­dent soll­te sich als „guter Chef“ bewie­sen haben. Jeder kennt doch die­sen Vor­ge­setz­ten, der sei­ne Mit­ar­bei­ter schon bei klei­nen Feh­lern anscheißt, Erfol­ge des Teams für sich rekla­miert und Feh­ler auf ande­re abwälzt. Die­ses Ver­hal­ten mag zwar in man­chen Fir­men auch heut­zu­ta­ge noch akzep­tiert wer­den, als Füh­rung eines Ver­eins mit einer Strahl­kraft vom Boden­see bis nach Heil­bronn wün­sche ich mir das jedoch nicht. Ich wün­sche mir viel­mehr einen Prä­si­den­ten, der sei­ne Mit­ar­bei­ter wert­schätzt, ihnen zuhört und sie auch „machen lässt“. Die Mit­ar­bei­ter sind hier aber nicht nur die tat­säch­li­chen Mit­ar­bei­ter wie Sport­vor­stand o.ä., son­dern auch die Mit­glie­der des Ver­eins.

Wir-Gefühl

Ja, die Kate­go­rien wer­den nicht bes­ser… Auch hier eine kur­ze Erklä­rung: Es gibt Prä­si­den­ten von Fuß­ball­ver­ei­nen, die einen die Fan­la­ger hin­ter sich. Ich möch­te hier als Bei­spiel mal den Prä­si­den­ten Fischer von Ein­tracht Frank­furt nen­nen. In der Pres­se mach­te er sich vor allem einen Namen, als er die akti­ve Fan­sze­ne von Frank­furt gegen den eige­nen Innen­mi­nis­ter ver­tei­dig­te, aber unter Frank­furt-Fans ist Fischer extrem beliebt. Ich per­sön­lich ken­ne eini­ge Ent­racht-Fans, und nicht nur die Ultra-Sym­pa­thi­san­ten schät­zen ihn. Auch der gan­ze nor­ma­le „Haupt­tri­bü­nen-Brat­wurst-Esser“, der mit sei­nem Kind das ers­te Mal ins Sta­di­on geht und mit Pyro nichts anfan­gen kann, wis­sen die Bemü­hun­gen von Fischer um den Ver­ein zu schät­zen. Er ver­tritt nach innen nicht nur Posi­tio­nen der Ultras oder nur Posi­tio­nen der „gemä­ßig­ten“ Fans, aber er ist in der Lage zu dif­fe­ren­zie­ren und nach außen hin spricht er als Prä­si­dent einer Fan­ge­mein­de, die sich auf die Ein­tracht als kleins­ten gemein­sa­men Nen­ner eini­gen kann. Und er ver­tritt jeden Fan gegen Wider­stän­de von außen. Die­ses „Wir-Gefühl“ oder auch „Wir-gegen-alle-Gefühl“ wün­sche ich mir von einem Prä­si­den­ten.

Ich brau­che kei­nen Prä­si­den­ten, mit dem ich einer Mei­nung bin. Ich will aber, dass er mei­ne Mei­nung als respek­ta­ble Mei­nung aner­kennt, sie nicht dif­fa­miert und sie nicht her­un­ter­macht. Er kann ger­ne ande­rer Mei­nung sein, ich will aber, dass er offen für Argu­men­te ist.

Lernbereitschaft

Ich zie­he hier noch ein­mal ganz kurz den Prä­si­den­ten der Ein­tracht her­an: In den DFL-Gre­mi­en stimm­te Ein­tracht (wie alle Bun­des­li­gis­ten) für die Ein­füh­rung der Mon­tags­spie­le. Nach Pro­tes­ten der Fans, die gute Argu­men­te auf ihrer Sei­te haben/hatten, änder­te er sei­ne Mei­nung viel­leicht nicht (das weiß ich nicht), aber er akzep­tier­te die der Fans als die Mehr­heits­mei­nung und stell­te sich nicht gegen Pro­tes­te; er unter­stütz­te sie sogar im Rah­men der Mög­lich­kei­ten.

Ethik und Moral

Das muss­te ja noch kom­men. Tut mir leid, aber ja. Denn ein VfB Prä­si­dent ver­tritt knapp 70.000 Mit­glie­der. Er ver­tritt sie gegen­über der Pres­se, gegen­über ande­ren Ver­ei­nen und gegen­über der Öffent­lich­keit. Ein offe­ner, ehr­li­cher Prä­si­dent kann das Image eines Ver­eins extrem posi­tiv (Frank­furt) oder auch sehr nega­tiv (Kind / Han­no­ver) beein­flus­sen.

Der Prä­si­dent eines ein­ge­tra­ge­nen Ver­eins hat frei zu sein von Dop­pel­mo­ral, vom Vor­wurf der Berei­che­rung sei­ner selbst oder sei­ner Fami­lie, er hat sich „ordent­lich“ zu ver­hal­ten.

Wir stel­len an uns selbst, an unse­re Fami­lie, an unse­re Freun­de und an unse­re Part­ner hohe mora­li­sche Ansprü­che. Jeder kennt Din­ge, die sich „ein­fach nicht gehö­ren.“ Und ein Prä­si­dent eines e.V.s mit einem der­art gro­ßen Ein­fluss soll­te die­sen mora­li­schen Ansprü­chen genü­gen.

Kritikfähigkeit

Kei­ne Grup­pe, die aus 70.000 Per­so­nen besteht, kann einer Mei­nung sein – egal auf was bezo­gen. Das ist schlicht­weg unmög­lich. Nun haben zwar 70.000 kei­ne Gesamt­mei­nung, jeder ein­zel­ne aber schon eine eige­ne. Genau­so auch der Prä­si­dent die­ser Grup­pe. Nun gibt es zwei Mög­lich­kei­ten: Alle, die sei­ner Mei­nung sind, in den Him­mel loben und die ande­ren kri­ti­sie­ren, oder ver­su­chen, sich in der Mit­te zu fin­den. Für das zwei­te sind Gesprächs­be­reit­schaft und Kri­tik­wür­dig­keit erfor­der­lich. Ja, es gibt immer wel­che, die nicht mit einem spre­chen wol­len. Aber grund­sätz­lich sind wohl min­des­tens 65.000 der 70.000 zu einem Gespräch bereit. Man muss es als Prä­si­dent aber for­cie­ren. Ich wün­sche mir von einem Prä­si­den­ten, dass er zumin­dest ein­mal akzep­tiert, dass es ande­re Mei­nun­gen als die eige­ne gibt. Dass er dann ver­sucht, die Mei­nun­gen zu ver­ei­nen und einen gemein­sa­men Nen­ner zu fin­den. Dass das nicht immer gelingt, steht fest. Dass es immer Unzu­frie­de­ne geben wird, auch. Aber solan­ge alle Grup­pen im Gespräch blei­ben und kei­ner vom ande­ren etwas unmög­li­ches ver­langt, kann man sich immer eini­gen.

Leistungsprinzip

Das Leis­tungs­prin­zip soll­te nicht nur für Fuß­ball­pro­fis gel­ten. Auch der Prä­si­dent soll­te nach sei­ner Leis­tung bewer­tet wer­den und dem­entspre­chend „aus­ge­wech­selt“ wer­den kön­nen. Hier geht es jetzt nicht mehr um den Prä­si­den­ten, son­dern um die Sat­zung an sich. Es wäre schon, wenn bei nicht vor­han­de­ner Leis­tung – beim e.V. typi­scher­wei­se sich äußernd als Nicht-Ent­las­tung bei Wah­len – jeder am Tisch ersetz­bar ist. Des­halb wäre es schön, in Zukunft bei einer Mit­glie­der­ver­samm­lung die Ein­zel­ent­las­tung von Vor­stands­mit­glie­dern als Stan­dard fest­zu­le­gen. Und bei einer Nicht-Ent­las­tung soll­te anschlie­ßen sofort eine Abwahl statt­fin­den, auto­ma­ti­siert. Mit einer 2/3 Mehr­heit (deut­li­che Äuße­rung des Unmuts, aller­dings kei­ne „unmög­li­che“ Hür­de wie die ¾ Mehr­heit) soll­te dann das jewei­li­ge Vor­stands­mit­glied abge­wählt wer­den kön­nen.

1 Gedanke zu „Was ich mir von einem VfB-Präsidenten wünsche“

  1. Ist dann aber (zurecht) doch ein Arti­kel gegen Diet­rich gewor­den, weil er — glau­be ich — kei­nen ein­zi­gen der Punk­te erfüllt. Stim­me in den Punk­ten bei und fän­de auch schön, solch einen Prä­si­den­ten beim VfB zu sehen.

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