Nur geträumt

Auf Schal­ke wäre am Sonn­tag für den VfB durch­aus ein Punkt drin gewe­sen. Wenn die Mann­schaft in ent­schei­den­den Momen­ten mit dem Kopf auf dem Platz gewe­sen wäre.

Na kommt! Wenn schon der Ver­ti­kal­pass (No sleep till Klas­sen­er­halt) und Brustring1893 (Schlaf im Schacht) und irgend­wie alle die Schlaf­me­ta­pher ver­wen­den, um die ent­schei­den­den Sze­nen des VfB-Spiels am Sonn­tag in Gel­sen­kir­chen zu beschrei­ben, las­sen wir uns nicht lum­pen. Bit­te sehr:

Mach die Augen zu…

Geträumt haben sie rei­hen­wei­se, die Brust­ring­trä­ger, aber dadurch lei­der auch eini­ges ver­säumt. Den Ball nach außen statt in die Mit­te zu klä­ren, bei­spiels­wei­se. Oder Allein­un­ter­hal­ter Simon Terod­de mal einen sau­be­ren Ball auf­zu­le­gen. Oder damit zu rech­nen, dass eine mit Pfif­fen in die Pau­se ver­ab­schie­de­te Schal­ker Mann­schaft auto­ma­tisch akti­ver sein wür­de als in der ers­ten Halb­zeit, weil es pas­si­ver nicht mehr ging. Und wovon haben sie geträumt? Von Hol­ger Bad­s­tu­bers Kopf­ball viel­leicht? Von der zwei­ten Liga, als es noch kei­nen Video­be­weis gab und Feh­ler ent­we­der nicht sofort bestraft wur­den oder man sie ange­sichts der Stär­ke des Geg­ners noch aus­bü­geln konn­te? Oder von Chadrac Ako­los ers­tem Bun­des­li­ga-Tref­fer?

Wer auf jeden Fall nicht träumt, sind die Fans, auch wenn sie es bei den Stutt­gar­ter Nach­rich­ten zu glau­ben schei­nen, damit sie ihre Social-Media-Pos­ting-Zusam­men­stel­lung betex­ten kön­nen. Uns war von vorn­her­ein klar, dass es ein schwe­res Jahr wird und das wir jeden Punkt für den Klas­sen­er­halt brau­chen. Gera­de das macht die 1:3‑Niederlage auf Schal­ke so ärger­lich. Denn nach­dem Ako­lo den frü­hen Dop­pel-Faux­pas von Bre­ka­lo und vor allem Manga­la wie­der aus­ge­gli­chen hat­te, hät­te der VfB, wäre er genau­so hell­wach aus der Pau­se gekom­men, wie die Schal­ker, durch­aus etwas aus Gel­sen­kir­chen mit­neh­men kön­nen. Statt­des­sen soll­te ich mit mei­nem schlech­ten Bauch­ge­fühl recht behal­ten:

… ich lieg im grünen Gras und erzähl dir was

Die zwei­te Hälf­te begann lei­der genau­so mies wie die ers­te. Der VfB leis­te­te sich in der Ver­tei­di­gung eine Unacht­sam­keit und dann noch eine und schon war das Spiel ent­schie­den. Viel­leicht setz­te sich in die­sem Moment auch die Klas­se von Spie­lern wie Nal­do und Burg­stal­ler durch, so wie in der ver­gan­ge­nen Sai­son manch­mal ein Terod­de oder ein Mané einen Unter­schied gegen­über Zweit­li­ga­kon­kur­ren­ten mach­ten. Aber die Erklä­rung ist zu ein­fach, genau­so wie die Gegen­tref­fer zu ein­fach waren. Der Frei­stoß von Oczip­ka war eigent­lich lan­ge genug unter­wegs, um wenigs­tens den Ver­such zu unter­neh­men, die­sen zu ver­tei­di­gen. Dass der Ball dabei zuletzt Nal­dos Hand berühr­te ist zum einen irrele­vant,

zum ande­ren soll­ten wir es tun­lichst ver­mei­den, den erneu­ten Rück­stand oder gar die Nie­der­la­ge auf den Schieds­rich­ter zu schie­ben.

Holger fehlt

Aber auch das zwei­te aus einer Stan­dard­si­tua­ti­on resul­tie­ren­de Gegen­tor an die­sem Tag kann so als Auf­stei­ger mal pas­sie­ren. Was aber danach nicht pas­sie­ren darf, ist dass der VfB völ­lig den Kopf ver­liert, bezie­hungs­wei­se, um in der Meta­pher des Tages zu blei­ben, ihn nicht vom Kopf­kis­sen hoch­kriegt. Nach einer schnel­len Pass­fol­ge war besag­ter Burg­stal­ler frei vorm Tor und schick­te den VfB mit die­sem K.O.-Schlag dann wirk­lich ins Reich der Träu­me. Sol­che Pha­sen dür­fen wir uns ein­fach nicht erlau­ben. Eine Eta­ge drun­ter ging das, mit Aus­nah­me von weni­gen Spie­len noch gut. Im Kampf um den Klas­sen­er­halt in der ers­ten Liga wird es gefähr­lich.

Der VfB inves­tier­te in der ers­ten Halb­zeit sehr viel. Davon zeu­gen unter ande­rem über 60 Pro­zent Ball­be­sitz und eine ent­spre­chend hohe Pass­quo­te. Auf die Früch­te die­ser Arbeit kom­men wir gleich noch zu spre­chen. Aller Auf­wand war aller­dings am Ende umsonst und das nicht nur wegen der bereits erwähn­ten Schlaf­müt­zig­keit. Es wur­de bereits gegen Mainz deut­lich: Hol­ger Bad­s­tu­ber ist jener Spie­ler, der in der Abwehr des VfB den Unter­schied machen kann. Er hät­te wahr­schein­lich nicht so unbe­hol­fen am Ball vor­bei geholzt wie Manga­la es tat und er hät­te sich wahr­schein­lich auch nicht zwei­mal von sei­nem Gegen­spie­ler so düpie­ren las­sen, wie es Mar­cin Kamin­ski tat.

Das schwächste Glied

Nicht dass hier der Ein­druck ent­steht, die Gegen­tref­fer sei­en allein Kamin­ski zuzu­schrei­ben. Aber er ist lei­der das schwächs­te Glied in einer ohne Bad­s­tu­ber ohne­hin nicht über­mä­ßig sta­bi­len Abwehr­ket­te. Und das im Grun­de schon in der ver­gan­ge­nen Zweit­li­ga-Sai­son, in der ers­ten Liga ist es nicht bes­ser. Nur fal­len sei­ne höl­zer­nen Bewe­gun­gen und sein schlech­tes Stel­lungs­spiel erst recht auf. Han­nes Wolf soll­te sich über­le­gen, ob er es, solan­ge Bad­s­tu­ber noch ange­schla­gen ist, viel­leicht nur mit Pavard und Baum­gartl in der Innen­ver­tei­di­gung pro­bie­ren soll­te. Natür­lich bringt eine Drei­er­ket­te mit zwei Flü­gel­spie­lern, wie sie auch in die­sem Spiel wie­der zum Ein­satz kam, grund­sätz­lich mehr Sta­bi­li­tät. Aller­dings nicht in die­ser Zusam­men­set­zung.

Zudem hat sie einen zwei­ten Nach­teil: Dem VfB feh­len offen­siv die Mit­tel um sich gefähr­lich in den Straf­raum des Geg­ners zu spie­len. Andre­as Beck bei sei­nem Come­back im Brust­ring und Den­nis Aogo auf der gegen­über­lie­gen­den Sei­te. tauch­ten zwar durch­aus mehr­mals in der Schal­ker Hälf­te auf, brach­ten den Ball aber nicht gefähr­lich vors Tor. Josip Bre­ka­lo und Chadrac Ako­lo, die zusam­men für den Aus­gleich ver­ant­wort­lich zeich­ne­ten, gelang das schon bes­ser, aber alles in allem muss man kon­sta­tie­ren:

Der VfB hat ein Offensivproblem

Denn selbst 100 Pro­zent Ball­be­sitz und eine makel­lo­se Pass­quo­te sind nutz­los, wenn Du den Ball nicht zu dem Spie­ler beför­dern kannst, der in aus­sichts­rei­cher Schuss­po­si­ti­on ist. Auch die­ses Pro­blem hat­ten wir bereits in der zwei­ten Liga, direkt zu Beginn gegen Düs­sel­dorf zum Bei­spiel: Der Geg­ner, am Bes­ten noch mit einer Füh­rung im Rücken, ver­legt sich aufs kon­se­quen­te Ver­tei­di­gen und der VfB hat kei­nen Plan, wie er die­se Mas­sen an Abwehr­spie­lern am Bes­ten über­win­den kann. Natür­lich ist das in der ers­ten Liga noch mal ein gan­zes Stück schwe­rer. Aber bei den Brust­ring­trä­gern ist der­zeit nicht mal der Ansatz einer Idee erkenn­bar. Denn man agiert vor­ne ent­we­der völ­lig kopf­los oder viel zu ängst­lich. Ent­we­der der Ball wird über­has­tet abge­spielt, was es auch dem bis­her noch glück­lo­sen Simon Terod­de nicht ein­fach macht, die­sen im Tor unter­zu­brin­gen, oder der Pass geht statt ver­ti­kal in den durch­aus vor­han­de­nen Raum quer oder zurück. Dem­entspre­chend war Ako­los Tor auch neben Pavards Kopf­ball einer der weni­gen Ver­su­che, die direkt aufs Tor gin­gen.

Die­se Mischung aus defen­si­ven Unacht­sam­kei­ten und offen­si­ver Ein­falls­lo­sig­keit führ­te dazu, dass der VfB zum ers­ten Mal in die­ser noch jun­gen Bun­des­li­ga-Sai­son unter sei­nen Mög­lich­kei­ten spiel­te. Wie bereits mehr­fach betont: Wir soll­ten die Erwar­tun­gen an die Mann­schaft nied­rig hal­ten, denn es geht um nichts ande­res als den Klas­sen­er­halt. Aber eben des­we­gen soll­ten wir Punk­te auch nicht unnö­tig lie­gen las­sen. Ich sehe es anders als Schal­ke-Blog­ger Tors­ten Wie­land im Königs­blog: Ein Punkt wäre für den VfB durch­aus drin und auch nicht unver­dient gewe­sen, hät­te er auf der ers­ten Halb­zeit auf‑, statt nach die­ser abge­baut.

Klappt’s gegen Wolfsburg?

Immer­hin haben wir jetzt kei­ne Län­der­spiel­pau­se, son­dern direkt am Sams­tag die Gele­gen­heit, es bes­ser zu machen. Auch wenn ich mich ange­sichts der offen­sicht­li­chen Finanz­stär­ke der VW-Abtei­lung (schlag nach unter Brooks) schwer tue, die­se als Kon­kur­rent im Abstiegs­kampf zu sehen. Leich­ter als gegen Schal­ke wird es nicht. Immer­hin ein Licht­blick am Ende die­ses eher frus­trie­ren­den Sonn­tag­abends: Beim VfB ver­sucht man nicht, anders als in der Ver­gan­gen­heit, sol­che Spie­le im Hin­blick auf den Kalen­der schön zu reden, wie die­se Zita­te aus den Stutt­gar­ter Nach­rich­ten bewei­sen:

Wenn wir die­se Feh­ler nicht abstel­len“, sind wir ein Abstiegs­kan­di­dat, mein­te Kapi­tän Chris­ti­an Gent­ner

Wir haben nur Lehr­geld bezahlt, wenn wir auch dar­aus ler­nen
‑Han­nes Wolf

Zum Abschluss noch eine wei­te­re Lese­emp­feh­lung: Der Blut­grät­scher schert aus der Rei­he der Schlaf­wa­gen-Blog­ger aus und ver­gleicht die VfB-Abwehr mit einem Prak­ti­kan­ten, der schon mit der Kaf­fee­ma­schi­ne über­for­dert ist.

Und beschwert Euch nicht über den Cat-Con­tent. So ist das halt, wenn man kei­ne Spiel­bil­der zur Ver­fü­gung hat und sich ans Urhe­ber­recht hält. 😉

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