Kopfsachen

Der VfB beschließt die eng­li­sche Woche mit einem 1:1 in Bochum und kann am Ende über einen Punkt glück­lich sein. Ist der ziem­lich wacke­li­ge Auf­tritt gegen den Tabel­len­zehn­ten der übli­che Rück­fall in alte Mus­ter nach einem star­ken Spiel gegen den Spit­zen­rei­ter? Oder muss man der Mann­schaft einen sol­chen Auf­tritt nach einer tur­bu­len­ten Woche auch ein­fach mal zuge­ste­hen?

Sie­ben Pnnk­te aus drei Spie­len in sechs Tagen. Eine for­mi­da­ble Bilanz für den VfB, der in der bis­he­ri­gen Sai­son mehr Schlag­zei­len neben, als auf dem Platz pro­du­ziert hat. Eine schwim­men­de Abwehr, unzäh­li­ge Fehl­päs­se und leicht­fer­ti­ge Ball­ver­lus­te, die nur dank eines über­ra­gen­den Mitch Lan­ge­rak nicht in meh­re­ren Toren für einen am Ende ener­gisch aufs VfB-Tor anren­nen­den VfL Bochum resul­tier­ten. Zwi­schen die­sen extre­men Betrach­tungs­wei­sen schwan­ken VfB-Fans nach dem 1:1 im Ruhr­sta­di­on am Frei­tag. Auch ich hab mich zunächst über das ers­te Unent­schie­den der Sai­son geär­gert. Nicht weil es unver­dient gewe­sen wäre, son­dern weil ich der Mei­nung war, dass der VfB mit einer ähn­lich kon­zen­trier­ten Leis­tung wie gegen Braun­schweig hier locker den drit­ten Sieg in Fol­ge hät­te ein­fah­ren kön­nen. In anschlie­ßen­den Gesprä­chen setz­te sich aber auch bei mir die Erkennt­nis durch, dass eben sie­ben von neun mög­li­chen Punk­ten gar nicht so schlecht sind und dass der Rück­stand von fünf Punk­ten auf Platz 1 und das Abrut­schen auf den vier­ten oder mög­li­cher­wei­se fünf­ten Tabel­len­platz natür­lich nicht schön, aber zum jet­zi­gen Zeit­punkt auch kein Welt­un­ter­gang ist und zudem eher durch die Spie­le gegen Düs­sel­dorf und Hei­den­heim ent­stan­den ist, und weni­ger an die­sem Frei­tag­abend.

Wie gegen Braunschweig nach der Pause

Irri­tiert war ich den­noch über die Unkon­zen­triert­heit, die den VfB über das gesam­te Spiel in der Defen­si­ve befiel. Es fühl­te sich an die die zwan­zig Minu­ten nach der Halb­zeit­pau­se am Diens­tag­nach­mit­tag. Der VfB konn­te sich nur sel­ten geord­net hin­ten her­aus befrei­en und man hat­te jeder­zeit das Gefühl, als könn­te gleich ein Tor für die Haus­her­ren fal­len. Begüns­tigt wur­de die­ses Gefühl meis­tens dadurch, dass die VfB-Abwehr, wenn sie den Ball nicht wild hin­ten raus­bolz­te, sich ihn ent­we­der von Gegen­spie­lern abneh­men ließ oder ihnen den Ball gleich auf­leg­te. Ich hab mitt­ler­wei­le kei­ne Lust mehr, mich über

Simon Terodde hatte erneut kein leichtes Spiel. Wie die ganze Mannschaft. © VfB-Bilder.de
Simon Terod­de hat­te erneut kein leich­tes Spiel. Wie die gan­ze Mann­schaft. © VfB-Bilder.de

Toni Sun­jic auf­zu­re­gen. Ich hof­fe ein­fach, dass Han­nes Wolf in der jetzt anste­hen­den Trai­nings­wo­che zu dem Schluss kommt, dass Ben­ja­min Pavard schon so weit ist, neben Timo Baum­gartl in der Abwehr auf­zu­lau­fen, damit wir nicht mehr die Hän­de vors Gesicht wer­fen müs­sen, wenn Toni den Ball im Fün­fer dem Geg­ner vor die Füße spit­zelt und nur dadurch vor dem nächs­ten ver­schul­de­ten Gegen­tor geret­tet wird, dass die­ser zu einer Schwal­be ansetzt.

Der VfB agier­te, man kann es nicht anders nen­nen, über die gesam­te Spiel­zeit ziem­lich kopf­los, dar­an änder­te weder der nicht- gege­be­ne Elf­me­ter für das Foul an Simon Terod­de etwas, noch das von Alex­an­dru Maxim per­fekt auf­ge­leg­te Tor von Chris­ti­an Gent­ner. Und beson­ders ekla­tant wur­de es nach dem Bochu­mer Aus­gleich, der sich schon eine Wei­le ange­kün­digt hat­te. Die Bochu­mer gene­rier­ten, ange­trie­ben durchs Heim­pu­bli­kum, einen der­ar­ti­gen Orkan an Angrif­fen, dass die VfB-Abwehr nicht nur ins Schwim­men geriet, son­dern droh­te, kom­plett abzu­sau­fen.

Same old story oder einfach ein schlechter Tag?

Die Geschich­te des Spiels ist also schnell erzählt. Viel span­nen­der ist die Fra­ge: Wie kommt es zu die­ser Dis­kre­panz zwi­schen einem star­ken, kon­zen­trier­ten Auf­tritt gegen den unge­schla­ge­nen Tabel­len­füh­rer und einem unkon­zen­trier­ten, wacke­li­gen Auf­tritt gegen die tabel­la­ri­sche Mit­tel­klas­se der Liga?  Der geneig­te VfB-Fan kennt das ja noch aus Erst­li­ga-Zei­ten: Einem star­ken Spiel  mit einer knap­pen Nie­der­la­ge oder einem Unent­schie­den gegen die Bay­ern (ja, Braun­schweig ist näm­lich der FC Bay­ern der zwei­ten Liga. Ätsch) folg­te meist ein schlech­te­rer Auf­tritt, oft sogar eine pein­li­che Nie­der­la­ge gegen einen Abstiegs­kan­di­da­ten. VfB-Mann­schaf­ten waren schon immer in der Lage, einem gro­ßen Geg­ner die Stirn zu bie­ten. Im nächs­ten Spiel hat­te man dann das Gefühl, die Spie­ler sei­en nach der über­ra­schend guten Leis­tung der Mei­nung, jetzt funk­tio­nie­re alles von allei­ne und wenn man den gro­ßen Geg­ner an den Ran­de einer Nie­der­la­ge gebracht hät­te, müss­te man doch gegen die­sen klei­nen Geg­ner locker gewin­nen und zwar im Spar­flam­men-Modus. Es ging meis­tens schief. Ist es also eine Kopf­sa­che?

7 von 9 Punkten. Kein Grund, nicht zu feieren. © VfB-Bilder.de
7 von 9 Punk­ten. Kein Grund, nicht zu feie­ren. © VfB-Bilder.de

Wird man beim VfB als Spie­ler nach einem guten Ergeb­nis zu schnell über­heb­lich?

Oder ist das alles nur Gebrud­del mei­ner­seits? Es wird sicher hand­fes­te Grün­de für das Auf­tre­ten der Mann­schaft gege­ben haben. Hand­fes­te­re als die, dass auch schon vor fünf Jah­ren VfB-Mann­schaf­ten mit ganz ande­ren Spie­lern auf ein gutes ein schlech­tes Spiel fol­gen lie­ßen — es sei denn Chris­ti­an Gent­ner hat so viel Ein­fluss auf das Spiel sei­ner Mann­schafts­kol­le­gen, wor­an ich nicht glau­be. Das ein­zi­ge, was ich nicht als Erklä­rung gel­ten las­se, ist die Müdig­keit — Bochum hat­te genau­so drei Spie­le in sechs Tagen — oder die Tat­sa­che, dass sich in den letz­ten acht Tagen vor dem Spiel, drei Trai­ner die Klin­ke in die Hand gaben — Luhuk­ay hat­te mit dem Kai­sers­lau­tern-Spiel nichts mehr zu tun und Wolf hat­te vor dem Bochum-Spiel kaum Zeit mit der Mann­schaft zu trai­nie­ren und schick­te dem­entspre­chend fast die glei­che Elf wie gegen Braun­schweig auf den Platz. Viel­leicht war es ein­fach einer die­ser Tage, an denen beim VfB nicht so viel zusam­men­lief und an dem Bochum sei­ne Chan­ce, den Favo­ri­ten mit enga­gier­tem Pres­sing den Schneid abzu­kau­fen, sah und ergriff.

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Timo Baumgartl hats kapiert: Kopfsache © VfB-Bilder.de
Timo Baum­gartl hats kapiert: Kopf­sa­che © VfB-Bilder.de

Muss man des­we­gen mit der Gesamt­si­tua­ti­on unzu­frie­den sein und sich als Fan den Kopf zer­mar­tern? Nein, muss man nicht. Ich bin wei­ter­hin gespannt auf die Hand­schrift von Han­nes Wolf, die sich sicher­lich in den nächs­ten Spie­len zei­gen wird und hof­fent­lich zum Erfolg füh­ren wird. Sie­ben Punk­te aus einer eng­li­schen Woche sind ein gutes Ergeb­nis. Der VfB ist dank der Fehl­pla­nung sei­nes Auf­sichts­ra­tes und der man­geln­den Bereit­schaft sei­nes Ex-Trai­ners und Sport­di­rek­tors, Kon­flik­te intern zu klä­ren, rum­pe­lig in die Sai­son gestar­tet. Mit einer unterm Strich erfolg­rei­chen Woche, in der zudem mit einer lan­ge beim VfB nicht gese­he­nen Pro­fes­sio­na­li­tät der geord­ne­te Über­gang zu einem neu­en Trai­ner voll­zo­gen wur­de und mit eben jenem neu­en Trai­ner hat der VfB jetzt die Chan­ce, noch ein­mal von vor­ne anzu­fan­gen. Blei­ben wir also wach­sam, aber machen wir uns auch nicht ver­rückt. Die fünf Punk­te Rück­stand auf Braun­schweig machen wir noch wett. Es muss, es wird eine ande­re Lösung in der Innen­ver­tei­di­gung geben. Und es ist jetzt hof­fent­lich allen — Fans wie Ver­ein — klar, was man für die Rück­kehr in die Bun­des­li­ga braucht: Einen kla­ren Kopf.

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